Gesetzestext

 

(1) 1In der Klageerwiderung hat der Beklagte seine Verteidigungsmittel vorzubringen, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. 2Die Klageerwiderung soll ferner eine Äußerung dazu enthalten, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(2) Der Beklagte ist darüber, dass die Klageerwiderung durch den zu bestellenden Rechtsanwalt bei Gericht einzureichen ist, und über die Folgen einer Fristversäumung zu belehren.

(3) Die Frist zur schriftlichen Klageerwiderung nach § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 beträgt mindestens zwei Wochen.

(4) Für die schriftliche Stellungnahme auf die Klageerwiderung gelten Absatz 1 Satz 1 und Absätze 2 und 3 entsprechend.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift regelt die inhaltlichen und förmlichen Anforderungen an Klageerwiderung und Replik mit dem Ziel, den Prozessstoff so zu konzentrieren, dass der Prozess in einem Haupttermin zu erledigen ist. Aus Nachlässigkeit lückenhaftes Vorbringen ist zu verhindern.

B. TB-Voraussetzungen.

I. Inhalt (Abs 1).

 

Rn 2

Der Bekl muss nicht alle Verteidigungsmittel (vgl § 282) auf einmal vorbringen, auch nicht bei Fristsetzung (vgl §§ 282, 296 II). Dem Berufungsbekl obliegt es nur, seine Verteidigungsmittel insoweit vorzubringen, als es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht (BGH NJW-RR 21, 1093 [BGH 22.06.2021 - VIII ZR 134/20]). Danach darf er sich in erster Linie darauf beschränken, die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung zu verteidigen und neue Angriffsmittel des Berufungsklägers abzuwehren (BVerfG NJW 15, 1746 [BVerfG 09.03.2015 - 1 BvR 2819/14]). Maßgeblich zur Beurteilung einer nachlässigen Prozessführung ist die Prozesslage (Klagevortrag, gerichtlicher Hinweis, bisheriger Verhandlungsverlauf). Deshalb hängt die Prozessförderungspflicht der Partei von der Mitwirkungspflicht des Gerichts ab (§§ 139, 273), das bei der Stoffsammlung einschl Beweisangeboten mitzuwirken und rechtliche Hinweise zu geben hat.

II. Einzelrichter.

 

Rn 3

Ebenso wie der Kl (§ 253 III) soll sich der Bekl zur Übertragung auf den Einzelrichter (§§ 348, 348a) äußern. Eine Übertragung vor Eingang der Klageerwiderung verletzt den Bekl in seinem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs, der zum Entzug des gesetzlichen Richters (Art 103 Abs 1 GG) führt mit der weiteren Folge, dass die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und nicht bindend ist (OLGR Celle 2004, 370). Eine Heilung des Gehörsverstoßes ist jedoch anzunehmen bei Einverständnis oder unterlassener Beanstandung durch Gegenvorstellung oder Anhörungsrüge (Münch MDR 16, 179).

III. Frist.

 

Rn 4

Sowohl für Klageerwiderung (Abs 3) als auch Replik (Abs 4) besteht eine Mindestfrist von 2 Wochen. Bei erneuter Fristsetzung wird vorherige Frist bedeutungslos (Kobl OLGR 03, 115). Die Frist kann zusammen mit der Bestimmung eines Verhandlungstermins gesetzt werden (München MDR 21, 92).

 

Rn 5

Die zu kurz gesetzte Frist kann Befangenheit des Richters begründen (Jena BauR 04, 1815; anders, wenn versehentlich Karlsr OLGR 08, 728). Rechtliches Gehör wird verletzt, wenn wegen komplexer Sachlage Fristverlängerungsgesuch abgelehnt wird (BGH NJW 18, 3316 [BGH 15.05.2018 - VI ZR 287/17]). Erhebliche Gründe für Fristverlängerung sind in prüffähiger Form glaubhaft zu machen (Dresd 31.1.18 4 U 750/17 juris).

IV. Belehrung.

 

Rn 6

Bei Anwaltszwang (§ 78) ist über Notwendigkeit der RA-Bestellung und Folgen einer Fristversäumung zu belehren unabhängig davon, ob die Partei bereits durch RA vertreten ist (BGHZ 88, 180) oder noch einen RA beauftragen wird (BGH NJW 91, 493), nicht über fristgebundene Möglichkeit einer Anschlussberufung (BGHZ 215, 89).

 

Rn 7

Die Belehrung darf ggü Laien nicht nur den Wortlaut des § 296 I wiederholen (ausreichend bei RA: BGH NJW 91, 493), sondern muss ausreichend klar sein, also so eindeutig, dass bei Fristversäumung iA jede Verteidigung abgeschnitten ist und der Prozess vollständig verloren werden kann. Sie muss darauf hinweisen, dass die Säumnisfolgen nur für eine richterliche Frist gelten (BVerfG 20.12.18 1 BvR 1155/18 juris). Die Belehrung muss mit dem vollständigen Namen des Richters unterschrieben sein (Frankf NJW-RR 11, 1001 [BGH 17.02.2011 - V ZB 205/10]). Anderenfalls ist die Fristsetzung unwirksam (BGH GRUR 17, 785).

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