Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Durchsuchung wird i.d.R. von der StA beantragt.
2. Angeordnet wird die Durchsuchung nach § 105 Abs. 1 grds. vorher durch den Richter mit richterlichem Beschluss.
3. Bei Gefahr im Verzug können aber auch die StA oder Ermittlungspersonen der StA eine Durchsuchung anordnen.
4. Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die richterliche Anordnung der Maßnahme nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Durchsuchung dadurch gefährdet wird.
5. Für die erforderliche Konkretisierung des Durchsuchungsziels ist entscheidend, ob sich die Durchsuchung gegen einen verdächtigen oder gegen eine unbeteiligte Person richtet.
6. Checkliste zur Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Durchsuchungsbeschlusses.
 

Rdn 1798

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Beschlagnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 892, bei → Beschlagnahme, Beschlagnahmeverbote, Teil B Rdn 946, bei → Durchsuchung, Allgemeines, Teil D Rdn 1742, bei → Durchsuchung, Anordnung, Allgemeines, Teil D Rdn 1756, und bei → Durchsuchung, Anordnung, Verhältnismäßigkeit, Teil D Rdn 1818.

 

Rdn 1799

1. Die Durchsuchung wird i.d.R. von der StA beantragt (vgl. aber LG Köln, Beschl. v. 14.10.2019 – 324 KLs 6/18, StraFo 2020, 65). Eine besondere Form ist für den Antrag nicht vorgeschrieben. Der Antrag wird i.d.R. aber schriftlich gestellt. I.d.R. wird die StA dazu (auch) eine Akte vorlegen. Notwendig ist das aber nicht (vgl. OLG Köln StV 2017, 480 [Ls.]; vgl. zu komplexen Sachverhalten Rabe von Kühlewein NStZ 2015, 618, 621). Allerdings werden, wenn die Akte nicht vorgelegt wird, die Anforderungen an die Dokumentation der Verfahrensvorgänge hoch anzusetzen sein (OLG Köln, a.a.O.). Der Richter kann auf einer "Verschriftlichung" des Sachverhalts bestehen (OLG Köln, a.a.O.; vgl. a. unten Teil D Rdn 1803 ff.).

 

Rdn 1800

2.a)aa) Angeordnet wird die Durchsuchung nach § 105 Abs. 1 grds. vorher durch den Richter (zu Ausnahmen Teil D Rdn 1803 ff.). I.d.R. wird dieser die Durchsuchung mit richterlichem Beschluss anordnen, der grds. schriftlich abzufassen ist (vgl. BVerfG NJW 2001, 1121; LG Dresden StRR 2011, 366 [Ls.]; LG Fulda StraFo 2018, 149; Meyer-Goßner/Schmitt, § 105 Rn 3 m.w.N.; Wohlwend HRRS 2015, 454 [immer]; zur "stillschweigen Durchsuchungsanordnung Ladiges NStZ 2014, 609; zur Begründung und zum Inhalt des Beschlusses → Durchsuchung, Anordnung, Inhalt. Teil D Rdn 1768). Von der vorherigen Anhörung des Betroffenen ist nach h.M. gem. § 33 Abs. 4 abzusehen (BVerfG NJW 1979, 154 f.; 1539 f.; a.A. ­LR-Tsambikakis, § 105 Rn 31)."

 

☆ Eine (unterlassene) Anhörung ist spätestens im Rechtsmittelverfahren nachzuholen (zuletzt BVerfG, Beschl. v. 26.5.2014 – 2 BvR 683/12; Beschl. v. 15.7.2016 – 2 BvR 857/14, jew. m.w.N.; → Durchsuchung, Rechtsmittel , Teil D Rdn  1980 ). Das kann auch noch im Verfahren der Anhörungsrüge geschehen (BVerfG, a.a.O.).Rechtsmittelverfahren nachzuholen (zuletzt BVerfG, Beschl. v. 26.5.2014 – 2 BvR 683/12; Beschl. v. 15.7.2016 – 2 BvR 857/14, jew. m.w.N.; → Durchsuchung, Rechtsmittel, Teil D Rdn 1980). Das kann auch noch im Verfahren der Anhörungsrüge geschehen (BVerfG, a.a.O.).

 

Rdn 1801

bb) Der Durchsuchungsbeschluss muss bei der Durchsuchung jedoch bekannt gemacht werden, und zwar i.d.R. durch die Übergabe einer Kopie/Ausfertigung des Beschlusses mit vollständiger Begründung (BGH NJW 2017, 2359 m.w.N. [Durchsuchung nach § 103]; NStZ 2003, 273; zur Bekanntmachung ­Wiepjes StV 2019, 286 ff.). Die Bekanntgabe der (vollständigen) Gründe allerdings kann in Ausnahmefällen bei einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs oder entgegenstehender schutzwürdiger Belange des Beschuldigten vorläufig zurückgestellt werden (BGH NJW 2017, 2359; zum Begriff der Gefährdung des Untersuchungserfolgs → Akteneinsicht, Beschränkung, Teil A Rdn 308 ff.). Eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs kann bei einer Maßnahme gegen einen Dritten i.S. des § 103 u.a. dann in Betracht kommen, wenn dieser im Anschluss an die Durchsuchungsmaßnahme als Zeuge vernommen werden soll und daher die Gefahr besteht, dass die Bekanntgabe der vollständigen Gründe der Durchsuchungsanordnung den Inhalt der Aussage beeinflussen könnte (BGH, a.a.O.). Schutzwürdige Belange des Beschuldigten können entgegenstehen, wenn eine Bekanntgabe des vollständigen Tatvorwurfes gegen den Beschuldigten in diesem Verfahrensstadium insbesondere im Fall besonders stigmatisierender Sachverhalte oder sensibler Beziehungen zu einem Drittbetroffenen, wie etwa im Fall einer Durchsuchung bei dem Arbeitgeber oder Geschäftspartner des Beschuldigten, zu einer irreparablen Brandmarkung des Beschuldigten führen und nach dem Rechtsgedanken des § 477 Abs. 3 zunächst zurückzustellen sind (BGH, a.a.O.). Die Zurückstellung der Bekanntgabe umfasst jedoch i.d.R. nicht die Mitteilung der Tatsachen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit ergibt, dass sich die gesuchten Gegenstände in den Räumlichkeiten des Drittbetroffenen befinden (BGH, a.a.O.).

 

Rdn 1802

b) In Eilfällen, insbesondere, wenn durch den schriftlichen Erlass des Durchsuchun...

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