Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist nach der Rspr. des BVerfG bei der Durchsuchung von besonderer Bedeutung.
2. Von Bedeutung ist zunächst die Art des Tatvorwurfs bzw. des Verfahrens.
3. Für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit spielt der Zeitablauf ebenfalls eine Rolle.
4. Abzustellen ist bei der Prüfung auch auf die von der Durchsuchung betroffenen Personen/Gruppierungen, wie z.B. Berufsgeheimnisträger.
5. Eine besondere verfassungsrechtliche Rechtfertigung bedarf auch die Wohnungsdurchsuchung, die auf die Sicherstellung von Datenträgern oder Mobiltelefonen, Smartphones und sonstigen Datenspeichern gerichtet ist oder, wenn E-Mails beschlagnahmt werden sollen.
6. Zu prüfen ist bei der Anordnung einer Durchsuchungsmaßnahme immer, ob nicht nahe liegende grundrechtsschonendere Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung stehen.
 

Rdn 1819

 

Literaturhinweise:

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s.a. die Hinw. bei → Beschlagnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 892, bei → Durchsuchung, Allgemeines, Teil D Rdn 1742, bei → Durchsuchung, Anordnung, Allgemeines, Teil D Rdn 1756, und bei → Steuerstrafverfahren, Besonderheiten, Teil S Rdn 4156.

 

Rdn 1820

1. Die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist nach der Rspr. des BVerfG bei der Durchsuchung von besonderer Bedeutung (st. Rspr.; vgl. u.a. BVerfG NJW 1994, 2079; 2007, 1804; StV 2015, 614; StraFo 2015, 61 m. Anm. Laudon StRR 2015, 97 für Durchsuchung beim Verteidiger; Beschl. v. 29.7.2020 – 2 BvR 1188/18, StRR 11/2020, 14; zur Beachtung im EDV-Bereich BVerfG NJW 2005, 1917; 2006, 976 und bei der Durchsuchung von Rundfunkanstalten BVerfG NJW 2011, 1859; → Beschlagnahme, Beschlagnahme der Handakten bzw. von Computerdateien des Verteidigers/Rechtsanwalts, 851 ff.; → Durchsuchung, Anordnung, Inhalt, Teil D Rdn 1789; Bär CR 1995, 158 ff., 227 ff., insbesondere 229 f.; allgemein zum Verfassungsrecht und Strafprozess Rieß StraFo 1995, 94 ff. m.w.N. und zu den grundgesetzlichen Anforderungen an Durchsuchungsbeschlüsse Gusy NStZ 2010, 353 ff., 357 f.). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist als Ausfluss vom Rechtsstaatsprinzip und zum Schutz der Privatsphäre bereits bei der Antragstellung durch die StA zu beachten (LG D...

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