Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit. Krankengeldanspruch bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während eines nachgehenden Versicherungsschutzes (einer nachgehenden Frist iS des § 183 Abs 1 S 2 RVO). Wiedergewährung von Krankengeld bei einer Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung der Mitgliedschaft mit Krankengeldberechtigung. Herstellungsanspruch bei unrichtiger Auskunft

 

Leitsatz (amtlich)

Kein Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs wegen derselben Krankheit, wenn der Versicherte nach Umwandlung des Versicherungsverhältnisses mit Krankengeldberechtigung in ein solches ohne Krankengeldberechtigung während einer Zeit von mindestens 26 Wochen nicht mehr arbeitsunfähig war.

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat der Leistungsträger eine unrichtige Auskunft erteilt, so kann er zur Herstellung des Zustandes verpflichtet sein, der bei Erteilung einer richtigen Auskunft voraussichtlich bestanden hätte.

 

Orientierungssatz

Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit - Krankengeldanspruch bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während eines nachgehenden Versicherungsschutzes (einer nachgehenden Frist iS des § 183 Abs 1 S 2 RVO) - Wiedergewährung von Krankengeld bei einer Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung der Mitgliedschaft mit Krankengeldberechtigung:

Die Wiedergewährung des Krankengeldes bei einem dem Grunde nach bereits gegebenen und noch nicht erloschenen Anspruch setzt lediglich eine mitgliedschaftliche Zugehörigkeit des Arbeitsunfähigen zur gesetzlichen Krankenversicherung, nicht aber das Fortbestehen einer Mitgliedschaft mit Krankengeldberechtigung voraus.

 

Normenkette

RVO § 183 Abs 1 S 2 Fassung: 1961-07-12, § 183 Abs 2 S 1 Fassung: 1961-07-12, § 311 S 1 Nr 2 Fassung: 1974-08-07; SGB 1 § 15 Fassung: 1975-12-11

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 26.09.1979; Aktenzeichen L 11 Kr 38/79)

SG Aachen (Entscheidung vom 29.03.1979; Aktenzeichen S 6 Kr 23/78)

 

Tatbestand

Umstritten ist die Wiedergewährung von Krankengeld mit Beginn einer neuen Rahmenfrist von 3 Jahren iS des § 183 Abs 2 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO).

Der 1923 geborene Kläger war ab 1955 als Drogist selbständig tätig und aufgrund dieser beruflichen Tätigkeit seit 1. September 1974 freiwilliges Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Er wurde als Selbständiger in der Beitragsklasse 620 geführt, die mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tage der Arbeitsunfähigkeit ausgestattet war. Infolge eines Herzleidens, das im März 1976 eine Bypass-Operation erforderlich machte, war er ab 28. Februar 1975 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte gewährte ihm deswegen vom 21. März 1975 bis 17. September 1976 Krankengeld. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erkannte Berufsunfähigkeit ebenfalls ab 28. Februar 1975 an und bewilligte eine entsprechende Rente zunächst auf Zeit bis zum 30. November 1980 und schließlich darüber hinaus auf unbestimmte Zeit. Das Geschäft des Klägers wird nach seinen Angaben nun von seinem Sohn als Geschäftsführer geleitet. Im Februar 1978 beantragte der Kläger, der auf sein Verlangen ab 1. August 1977 von der Beklagten in die Beitragsklasse 492 (Krankenversicherung der Rentner) umgestuft worden war, die Wiedergewährung von Krankengeld ab 28. Februar 1978. Er legte dazu eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Internisten Dr K vom 27. Februar 1978 vor. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab, weil Krankengeld wegen derselben Krankheit mit Beginn einer neuen Rahmenfrist nur gewährt werden könne, wenn zu diesem Zeitpunkt eine Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch bestehe; dies sei hier nicht der Fall, eine Rückstufung des Klägers in die Beitragsklasse 620 könne nicht vorgenommen werden; zudem habe der Kläger die selbständige Tätigkeit nicht nur vorübergehend unterbrochen. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Landessozialgericht (LSG) hat jedoch dem Antrag des Klägers entsprochen und die Beklagte zur Krankengeldgewährung ab 28. Februar 1978 bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit für 78 Wochen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe beim Beginn der 2. Rahmenfrist wieder einen Anspruch auf Krankengeld gehabt, denn er sei zu diesem Zeitpunkt wegen derselben Krankheit, die zum Krankengeldbezug ab 28. Februar 1975 geführt habe, arbeitsunfähig gewesen, und das Versicherungsverhältnis zwischen den Beteiligten habe durchgehend bestanden. Damit seien § 182 Abs 1 Nr 2 und § 183 Abs 2 Satz 1 RVO erfüllt. Nach dem Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalles seien alle aus einem Versicherungsfall der Krankheit entstehenden Ansprüche auf den Eintritt dieses Versicherungsfalles zurückbezogen. Das Fortbestehen des Krankengeldanspruches setze allein voraus, daß der Versicherungsfall während eines Versicherungsverhältnisses mit entsprechender Anspruchsberechtigung eingetreten sei. Für die weitere Abwicklung des Versicherungsfalls habe es keine Bedeutung, wenn sich die Mitgliedschaft, wie im vorliegenden Fall, in eine solche umwandle, die eigentlich keinen Anspruch auf Krankengeld mehr umfasse (BSGE 5, 283, 286; 25, 37, 39; 26, 57, 58; 31, 125). Unerheblich sei auch, ob die am 28. Februar 1975 aufgetretene Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung der ersten Krankengeldbezugsperiode am 17. September 1976 durchgehend fortbestanden habe oder von Zeiten der Arbeitsfähigkeit unterbrochen worden sei.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 182 Abs 1 Nr 2 und des § 183 Abs 2 Satz 1 RVO sowie ihrer damit übereinstimmenden Satzungsbestimmungen, des § 11 Abs 2 Ziff 2 und des § 15 Abs 1 Satz 1 der Versicherungsbedingungen (VB) und des § 15 Abs 12 Satz 2 VB in der bis zum 31. Dezember 1979 gültigen Fassung. Nach diesen Vorschriften stehe dem Kläger ein Anspruch auf Wiedergewährung von Krankengeld nicht zu, weil er beim Beginn der neuen Rahmenfrist Berufsunfähigkeitsrente bezogen und seine bisherige Tätigkeit als Selbständiger seit längerer Zeit nicht mehr ausgeübt habe. Außerdem habe er vor Beginn der neuen Rahmenfrist ausdrücklich seine Umstufung von der Beitragsklasse 620 (mit Krankengeldberechtigung) in die Beitragsklasse 492 (Krankenversicherung der Rentner) verlangt. Die Beendigung der freiwilligen Versicherung mit Krankengeldberechtigung durch eine entsprechende Willenserklärung des Versicherten müsse leistungsrechtliche Konsequenzen haben. Wegen der Aufgabe der freiwilligen Versicherung scheide ein satzungsrechtlicher Anspruch aus. Der Kläger sei auch seit Eintritt des Versicherungsfalles nicht ununterbrochen arbeitsunfähig gewesen. Trotz zwischenzeitlich bestandener Arbeitsfähigkeit habe er seine bisherige selbständige oder eine unselbständige Tätigkeit nicht aufgenommen. Bei erneutem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit sei mithin auch kein Einkommen entfallen, das durch die Leistung von Krankengeld auszugleichen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts für das

Land Nordrhein-Westfalen vom 26. September 1979

aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom

29. März 1979 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Außerdem macht er geltend: Er habe die Umstufungserklärung auf ausdrückliche Empfehlung der Beklagten abgegeben. Damals habe sowohl bei ihm als auch bei der Beklagten kein Zweifel daran bestanden, daß ihm auch bei der Mitgliedschaft als Rentner nach Ablauf der 3-Jahres-Frist wieder Krankengeld zustehe. Die Weigerung der Beklagten, Krankengeld zu gewähren, käme unter Berücksichtigung der zuvor erteilten Zusage einer unzulässigen Rechtsausübung gleich. Wenn ihn die Beklagte darüber belehrt hätte, daß mit einer Umstufung in die Beitragsklasse 492 unter Umständen ein Verlust des Krankengeldanspruchs verbunden sei, hätte er seine freiwillige Versicherung in der Klasse 620 aufrechterhalten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Streitsache an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist.

Das LSG ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, daß der umstrittenen Wiedergewährung von Krankengeld der § 183 Abs 2 Satz 1 RVO und der damit wörtlich übereinstimmende § 15 Abs 1 Satz 1 VB nicht entgegenstehen. Nach diesen Vorschriften wird Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für höchstens 78 Wochen innerhalb von je 3 Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Die Begrenzung der Bezugsdauer bei Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit bezieht sich also nur auf einen 3-Jahres-Zeitraum, an den sich bei Fortdauer oder Wiedereintritt der Arbeitsunfähigkeit weitere dreijährige Rahmenfristen anschließen (BSGE 31, 125, 128 = SozR Nr 49 zu § 183 RVO; BSGE 32, 18, 20 = SozR Nr 40 zu § 182; SozR Nr 54 zu § 183 RVO). Die vom Kläger begehrte Wiedergewährung von Krankengeld in einer neuen Rahmenfrist ist somit selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die Arbeitsunfähigkeit ohne Unterbrechung fortbestanden hat; der Beginn einer neuen Frist setzt nicht jeweils den Eintritt einer neuen Arbeitsunfähigkeit voraus (BSGE 26, 243, 245 = SozR Nr 17 zu § 184 RVO).

Zutreffend ist auch noch die dem Berufungsurteil zugrundeliegende Rechtsauffassung, daß die Wiedergewährung des Krankengelds nicht schon deshalb verweigert werden darf, weil die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten nach der ersten Krankengeldbezugszeit in eine solche ohne Krankengeldberechtigung umgewandelt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Senats lebt zwar ein zunächst begründeter Krankengeldanspruch nach Beginn einer neuen Rahmenfrist in der Regel nur dann wieder auf, wenn der Arbeitsunfähige der gesetzlichen Krankenversicherung noch mitgliedschaftlich verbunden ist (BSGE 45, 11, 16, 17 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 11). Der Senat hat jedoch ebenfalls an dem schon vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalles festgehalten, wonach beim Krankengeld der Eintritt des Versicherungsfalles der Krankheit das für die Leistung maßgebende Ereignis und damit die zu diesem Zeitpunkt bestehende Versicherung mit Krankengeldberechtigung das den Krankengeldanspruch begründende Rechtsverhältnis ist (BSGE 49, 163, 169 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 30; Urteil des Senats vom 29. Januar 1980 - 3 RK 57/79 -). Er hat in diesem Zusammenhang aber auch dargelegt, warum nicht ausschließlich auf den Eintritt des Versicherungsfalls abgestellt werden kann, insbesondere die Krankengeldgewährung als zeitlich unbegrenzte Intervallzahlung nicht vom Bestehen einer Mitgliedschaft gelöst werden darf. Derartige Barleistungen sind in der Regel an Nichtmitglieder der Kasse schon deshalb nicht zu gewähren, weil diesen auch die spezifischen Leistungen zur Krankheitsbekämpfung - Krankenpflege und Krankenhauspflege - nicht zustehen (BSGE 49, 163, 169). Daraus folgt, daß die Wiedergewährung des Krankengelds bei einem dem Grunde nach bereits gegebenen und noch nicht erloschenen Anspruch lediglich eine mitgliedschaftliche Zugehörigkeit des Arbeitsunfähigen zur gesetzlichen Krankenversicherung, nicht aber das Fortbestehen einer Mitgliedschaft mit Krankengeldberechtigung voraussetzt.

Dem LSG kann jedoch nicht zugestimmt werden, soweit es im übrigen als ausreichend ansieht, daß der Kläger zu Beginn der 2. Rahmenfrist am 28. Februar 1978 arbeitsunfähig gewesen ist und diese Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit beruht, die zum Krankengeldbezug in dem vorausgegangenen 3-Jahres-Zeitraum geführt hatte. Es ist vielmehr darüber hinaus erforderlich, daß die Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nach Umwandlung der Mitgliedschaft in eine solche ohne Krankengeldberechtigung keine Unterbrechung von 26 Wochen erfahren hat. Das LSG hätte deshalb nicht dahinstehen lassen dürfen, ob die Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung der ersten Krankengeldbezugszeit am 17. September 1976 durchgehend bestanden hat oder von Zeiten der Arbeitsfähigkeit unterbrochen worden war.

Das Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung ist auf die Gegenwart bezogen. Es gilt der Grundsatz, daß das Versicherungsverhältnis mit dem Wegfall seiner Voraussetzungen endet und damit auch der aus ihm sich ergebende Versicherungsschutz entfällt. Ausnahmen bestätigen diese Regel (zB § 311 und § 312 Abs 2 bis 6 sowie § 214 RVO). Demgemäß können Leistungsansprüche, abgesehen von ausdrücklich bestimmten Ausnahmefällen, nur während des Bestehens und im Rahmen des Versicherungsverhältnisses begründet werden. Folglich entsteht ein Anspruch auf Krankengeld in der Regel nur, wenn der Versicherungsfall noch während einer Mitgliedschaft mit Krankengeldberechtigung eingetreten ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des RVA und des Bundessozialgerichts (BSG) setzt zwar ein Krankengeldanspruch nicht voraus, daß der Versicherte noch während einer solchen Mitgliedschaft arbeitsunfähig wird, es kann vielmehr genügen, daß der Beginn der zur Arbeitsunfähigkeit führenden Krankheit noch in die Zeit der Mitgliedschaft fällt. Das gilt jedoch nicht ohne Einschränkungen.

Soweit frühere Entscheidungen des RVA und des BSG ausschließlich auf die Einheit des Versicherungsfalles abgestellt haben, war das durch die besonderen Fallgestaltungen veranlaßt. Entweder ging es um die Wieder- oder Weitergewährung von Krankengeld bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit oder um die Krankengeldgewährung bei erstmaligem oder erneutem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während einer sogenannten nachgehenden Frist iS des § 183 Abs 1 Satz 2 RVO (RVA AN 1944, 38; BSGE 25, 37 = SozR Nr 17 zu § 182 RVO; BSGE 26, 57 = SozR Nr 18 zu § 183 RVO; BSGE 31, 69 = SozR Nr 7 zu § 212 RVO; BSGE 31, 125 = SozR Nr 49 zu § 183 RVO). Daß in diesen Fällen der Einheit des Versicherungsfalles eine entscheidende Bedeutung zukommt, ist nicht zu bezweifeln. Der Senat hat aber auch bereits darauf hingewiesen, daß nicht in allen Fällen die Krankenkassen schon deshalb zur Krankengeldzahlung verpflichtet sind, weil die Arbeitsunfähigkeit auf eine Krankheit zurückzuführen ist, die während einer - inzwischen beendeten - Mitgliedschaft mit Krankengeldberechtigung ihren Anfang genommen hat (BSGE 49, 163, 169, 170 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 30).

Der Grundsatz, daß der Zeitpunkt der Erkrankung für die Beurteilung aller Ansprüche, die aus diesem Versicherungsfall erhoben werden, maßgebend ist (RVA AN 1917, 462), hat im Laufe der Zeit durch Gesetzesänderungen und Rechtsprechung eine Modifizierung erfahren. So hat das RVA seine Auffassung, die Höhe des Krankengeldes richte sich nach der Höhe des zum Beginn der Erkrankung bezogenen Lohnes (AN 1917, 462; 1936, 207) selbst aufgegeben und entschieden, daß der für das Krankengeld maßgebende Grundlohn nach den Verhältnissen zur Zeit des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit zu berechnen ist (AN 1943, 145). Der Senat hat sich dem angeschlossen (BSGE 5, 283 ff) und dabei dargelegt, daß es dem Wesen der Leistungen der Krankenversicherung entspricht, sich den schwankenden Bedürfnissen anzupassen. Er hat weiter gefolgert, daß das Krankengeld bei einer Unterbrechung des Bezuges durch eine versicherungspflichtige Zwischenbeschäftigung in gleicher Weise zu berechnen ist, denn auch in diesem Fall fordert der Gedanke der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes, daß sich die Höhe des Krankengeldes jeweils nach dem vor Eintritt der letzten Arbeitsunfähigkeit bezogenen Lohnes richtet (BSGE aaO S 287; 16, 177, 180; 18, 122, 125; 25, 37, 39; 36, 55, 57 = SozR Nr 59 zu § 182 RVO). Diesen Erwägungen hat der Gesetzgeber Rechnung getragen (vgl § 182 Abs 4 u 5 RVO idF des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 12. Juli 1961 - BGBl I 913). Der Senat hat schließlich zur ergänzenden Begründung seiner Auffassung darauf hingewiesen, daß auch die Frage, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt, im Falle wiederholten Eintritts von Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nach der letzten Beschäftigung unmittelbar vor Eintritt der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit zu beurteilen ist (BSGE 5, 283, 287, 288; 19, 179, 182 = SozR Nr 8 zu § 182 RVO; BSGE 32, 18, 20 = SozR Nr 40 zu § 182 RVO). Damit zeigt sich, daß nach dem Versicherungsfall Umstände eintreten können, die es rechtlich nicht mehr zulassen, bei der Beurteilung eines Anspruches auf Kassenleistungen, insbesondere eines Krankengeldanspruches ausschließlich auf den Versicherungsfall abzustellen. Der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit kommt somit nicht nur hinsichtlich der Berechnung, sondern auch hinsichtlich der Voraussetzungen des Krankengeldanspruches eine selbständige Bedeutung zu (vgl BSGE 18, 122, 125; 25, 37, 39; 45, 11, 16). Nachdem also der Gesichtspunkt der Lohnersatzfunktion dazu führen kann, daß ein arbeitsunfähiger Versicherter wegen Verrichtung einer anderen, eventuell minderen versicherungspflichtigen Zwischenbeschäftigung nicht mehr als arbeitsunfähig gilt, obwohl er der unmittelbar vor dem Versicherungsfall ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit nach wie vor aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen kann (vgl BSGE 32, 18, 20), stellt sich die Frage, ob ein Versicherter aus einem Versicherungsfall noch Krankengeldansprüche herleiten kann, obwohl er nach Beendigung der für den Krankengeldanspruch maßgebenden Mitgliedschaft längere Zeit arbeitsfähig war und es ihm damit möglich gewesen wäre, einen neuen Versicherungsschutz mit Krankengeldberechtigung zu begründen.

Für die spezifischen Leistungen zur Krankheitsbekämpfung, der Krankenpflege und der Krankenhauspflege, ist im Gesetz ausdrücklich geregelt, daß die Leistungspflicht der Krankenkasse spätestens 26 Wochen nach dem Ausscheiden aus der Versicherung endet (§ 183 Abs 1 Satz 2, § 184 Abs 1 Satz 2 RVO). Der Eintritt des Versicherungsfalles während der Mitgliedschaft führt also nicht zu einer unbegrenzten Weitergewährung der zunächst zustehenden Leistungen. Diese gesetzliche Regelung geht davon aus, daß ein Versicherter in der Regel innerhalb einer gewissen Übergangszeit nach dem Ausscheiden für einen neuen Versicherungsschutz sorgen kann. Das trifft jedoch nur auf arbeitsfähige Versicherte zu (BSGE 26, 57, 59 = SozR Nr 18 zu § 183 RVO; BSGE 28, 249, 251 = SozR Nr 32 zu § 183 RVO). Bei Arbeitsunfähigkeit wird derjenige Versicherte, der zur Bestreitung des Lebensunterhalts auf Arbeitseinkommen angewiesen ist (im allgemeinen alle Arbeitnehmer), meistens nicht in der Lage sein, die erforderlichen Versicherungsbeiträge selbst aufzubringen. Diesem Umstand hat bereits § 54a des Reichsgesetzes betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter (KVG) idF des Gesetzes über die Abänderung des KVG vom 10. April 1892 (RGBl 379) Rechnung getragen, indem er bestimmte, daß im Falle der Erwerbsunfähigkeit (hier iS des KVG, entspricht der Arbeitsunfähigkeit iS der RVO) für die Dauer der Krankenunterstützung Beiträge nicht zu entrichten waren, die Mitgliedschaft aber fortdauerte. Diese Regelung wurde in § 311 RVO übernommen, jedoch durch § 21 Nr 21 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 -RehaAnglG- (BGBl I 1881) dahingehend geändert, daß die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten bleibt, solange Anspruch auf Krankengeld besteht. Daraus ergibt sich aber auch, daß mit dem Wegfall der Arbeitsunfähigkeit bzw des Krankengeldanspruchs die aufrechterhaltene Mitgliedschaft endet und somit aus dieser - für einen bereits eingetretenen Versicherungsfall nach Ablauf der nachgehenden Frist von 26 Wochen - Ansprüche auf Krankenpflege oder Krankenhauspflege nicht mehr zustehen.

§ 183 Abs 1 Satz 2 RVO findet zwar auf den Krankengeldanspruch keine Anwendung, dh, ein laufender Krankengeldbezug endet nicht spätestens mit der 26. Woche nach dem Ausscheiden aus der Versicherung (RVA AN 1944, 38; BSGE 26, 57, 58; 28, 249, 252 = SozR Nr 32 zu § 183 RVO). Auch aus § 311 Satz 1 Nr 2 RVO ergibt sich, daß eine solche zeitliche Begrenzung der Krankengeldgewährung nicht gewollt ist. Der Grundgedanke beider Vorschriften, daß der auf Arbeitseinkommen angewiesene Versicherte nach Beendigung der dem Versicherungsverhältnis zugrundeliegenden Beschäftigung oder Tätigkeit in einer gewissen Übergangszeit für einen neuen entsprechenden Versicherungsschutz sorgen kann, wenn er arbeitsfähig ist, hat jedoch auch Bedeutung für das Entstehen und das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs. Da dem Versicherten nach dem Ausscheiden aus der Versicherung noch bis zu 26 Wochen die spezifischen Leistungen zur Krankheitsbekämpfung für einen zuvor eingetretenen Versicherungsfall gewährt werden, ist es gerechtfertigt, dem Versicherten für einen solchen Versicherungsfall das Krankengeld als ergänzende Leistung (§ 12 Nr 1 RehaAnglG) auch dann zu gewähren, wenn er erst während der nachgehenden Frist arbeitsunfähig geworden ist (BSGE 45, 11, 15 mwN). Ist die Arbeitsunfähigkeit noch innerhalb dieser Frist eingetreten, so wird der Krankengeldanspruch in seinem vollen Umfang erworben. Ist der Versicherte dagegen in der ganzen nachgehenden Frist von 26 Wochen arbeitsfähig und daher ohne Anspruch auf Krankengeld gewesen, so stehen ihm für die anschließende Zeit aus dem beendeten Versicherungsverhältnis die spezifischen Leistungen zur Krankheitsbekämpfung nicht mehr zu. Es läßt sich daher bei einem erstmaligen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der nachgehenden Frist auch ein Anspruch auf Krankengeld als ergänzende Leistung nicht mehr aus dem beendeten Versicherungsverhältnis herleiten. Wenn der Versicherte in der ihm mit der nachgehenden Frist zugebilligten Übergangszeit trotz Arbeitsfähigkeit keine Beschäftigung oder Tätigkeit mehr aufgenommen und sich auch nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat, sind durch die spätere Arbeitsunfähigkeit keine Bezüge (Arbeitseinkommen, Arbeitslosengeld usw) entfallen, die durch das Krankengeld zu ersetzen wären.

Gleiches muß gelten, wenn ein Krankengeldanspruch bestanden hat, die Arbeitsunfähigkeit aber später länger als 26 Wochen unterbrochen worden ist. Zunächst ist hier zu beachten, daß sich die nachgehende Frist des § 183 Abs 1 Satz 2 RVO auch an eine durch Krankengeldbezug verlängerte Mitgliedschaft anschließt. Die oben angestellten Erwägungen führen darüber hinaus dazu, daß die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit auch dann die Einheit des Versicherungsfalles aufrechterhält, wenn wegen Ablaufs der gesetzlichen Bezugszeit kein Krankengeld mehr gewährt wird. Dieser Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeit und Versicherungsfall wird jedoch gelöst, wenn der Versicherte wieder arbeitsfähig wird und es trotzdem unterläßt, in einer angemessenen Zeit für einen entsprechenden Versicherungsschutz zu sorgen. Die dafür einzuräumende Frist ist durch § 183 Abs 1 Satz 2 RVO, der hier zur Auslegung heranzuziehen war, vorgegeben. Da somit bei einer Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit durch eine Zeit der Arbeitsfähigkeit von mindestens 26 Wochen ein Krankengeldanspruch nicht mehr aus dem beendeten Versicherungsverhältnis hergeleitet werden kann, könnte in einem solchen Fall ein Krankengeldanspruch nur durch ein neues Versicherungsverhältnis mit Krankengeldberechtigung begründet werden.

Dieses Ergebnis entspricht dem Willen des Gesetzes, die Leistungen der Krankenversicherung grundsätzlich unbegrenzt zu gewähren, aber bei Beendigung der Mitgliedschaft nur noch einem besonderen Schutzbedürfnis Rechnung zu tragen (vgl § 183 Abs 1 Satz 2, § 214, § 311 RVO). Einem arbeitsfähigen Versicherten kann zugemutet werden, daß er sich für den Fall der Krankheit auch in wirtschaftlicher Hinsicht entsprechend seinen Bedürfnissen absichert. Der Arbeitnehmer wird bei Wegfall der Arbeitsunfähigkeit in der Regel entweder in seine oder eine andere versicherungspflichtige Beschäftigung zurückkehren oder Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Anspruch nehmen. In beiden Fällen ist er mit Anspruch auf Krankengeld versichert (§ 165 Abs 1 Nr 1 u 2 RVO, § 155 AFG). Der freiwillig Versicherte ist satzungsrechtlichen Regelungen unterworfen, die zum Teil von den gesetzlichen Regelungen, die für Versicherungspflichtige gelten, abweichen. Die Abweichungen beruhen auf der unterschiedlichen Rechtsstellung, die den Pflichtversicherten und den freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeräumt ist. Sie entsprechen den unterschiedlichen Schutzbedürfnissen dieser Versichertengruppen. So sind freiwillig Versicherte oft nicht auf einen vollen Versicherungsschutz, insbesondere nicht auf eine wirtschaftliche Absicherung im Krankheitsfalle angewiesen. Die Satzung der Krankenkasse kann daher für diese Versicherten die Kassenleistungen beschränken, sie muß dann aber auch die Beiträge entsprechend ermäßigen (§ 215 Abs 2 u 3 RVO).

Somit ergibt sich für den Kläger zunächst, daß ihm Krankengeld ab Beginn der neuen Rahmenfrist zu gewähren ist, wenn seine auf den Versicherungsfall vom 28. Februar 1975 zurückzuführende Arbeitsunfähigkeit nach der Umstufung in die Beitragsklasse 492 nicht mindestens 26 Wochen unterbrochen war. Die Dauer dieses Krankengeldbezuges wird ua auch davon abhängen, ob beim Kläger Rehabilitationsmaßnahmen mit Aussicht auf Erfolg durchgeführt werden können, oder ob eine Umwandlung der Berufsunfähigkeitsrente in eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Betracht kommt (§ 183 Abs 7 RVO, §§ 63 bis 66 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil -). Es liegt nicht nur im wohlverstandenen Interesse des einzelnen Versicherten, sondern in Anbetracht der Möglichkeit eines periodenweisen Krankengeldbezugs bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit auch im Interesse der Versichertengemeinschaft, daß der Krankenversicherungsträger die Rehabilitation des arbeitsunfähigen Versicherten betreibt oder veranlaßt und auch nach Ablauf einer Krankengeldbezugszeit weiterverfolgt. Es werden dann auch die für ein eventuelles Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs bedeutsamen Umstände unschwer festzustellen sein.

Sollte die Arbeitsunfähigkeit des Klägers mindestens 26 Wochen unterbrochen gewesen sein und dem Kläger deshalb ein Anspruch auf Wiedergewährung des Krankengelds an sich nicht zustehen, müßte seiner Behauptung nachgegangen werden, die Beklagte habe die Wiedergewährung des Krankengelds zugesagt. Die Erteilung einer unrichtigen Auskunft kann die Beklagte zur Herstellung des Zustandes verpflichten, der bei Erteilung einer richtigen Auskunft voraussichtlich bestanden hätte (zum Herstellungsanspruch vgl BSGE 49, 76 ff = SozR 2200 § 1418 RVO Nr 6; SozR 2200 § 182 RVO Nr 57 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl im einzelnen Funk, DAngVers 1981, 26). Ergibt sich, daß der Kläger bei Erteilung einer richtigen Auskunft die Mitgliedschaft nach der Beitragsklasse 620 (mit Krankengeldberechtigung) bis in die zweite Rahmenfrist hinein fortgesetzt hätte, so müßte er wie ein Mitglied dieser Beitragsklasse behandelt werden.

Da die bisherigen Tatsachenfeststellungen für eine abschließende Entscheidung in der Sache selbst nicht ausreichen, war von der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Zurückverweisung der Streitsache an das LSG Gebrauch zu machen (§ 170 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes).

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

BSGE, 287

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