- "Junge" Arbeitsverhältnisse
- Arbeitsunfähigkeit am Ende der Beschäftigung
- Arbeitsunfähigkeit nach Beschäftigungsende
- Krankengeldanspruch für Selbstständige: Pro und Kontra
- Krankengeldanspruch haben nicht nur Arbeitnehmer

Eine Erkrankung am Ende eines Arbeitsverhältnisses ist für den Arbeitnehmer besonders kritisch. Der bisherige Arbeitgeber ist in den meisten Fällen nicht verpflichtet, Entgelt über das beendete Arbeitsverhältnis hinaus zu zahlen. Der neue Arbeitgeber leistet während der Wartezeit auch nicht.
Die Krankenkasse prüft, ob der Anspruch auf Krankengeld innerhalb eines Versicherungsverhältnisses oder nahtlos im Anschluss daran entstanden und nicht ausgeschlossen ist.
Wann entsteht ein Anspruch auf Krankengeld?
Krankengeld wird nur gezahlt, wenn der Anspruch darauf innerhalb eines Versicherungsverhältnisses entsteht. Die Art des Versicherungsverhältnisses (Pflichtmitgliedschaft, freiwillige Mitgliedschaft, fortbestehende Mitgliedschaft) ist unerheblich. Der Anspruch darf nicht ausgeschlossen sein, wie es z. B. bei familienversicherten Angehörigen ist, die Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielen. Bei versicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmern ist zusätzlich die Nahtlosigkeitsregelung zu beachten.
Der Anspruch auf Krankengeld entsteht bei einer stationären Behandlung (z. B. im Krankenhaus) von ihrem Beginn an. Bei einer ambulanten Behandlung entsteht der Anspruch von dem Tag an, an dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird.
Beispiel: Ein Beschäftigter sucht am 17.10.2022 seinen Arzt auf. Dieser stellt am selben Tag fest, dass der Versicherte bereits seit dem 15.10.2022 arbeitsunfähig ist. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht am 17.10.2022. Dabei kommt es darauf an, welches Versicherungsverhältnis an diesem Tag besteht.
Der Arbeitnehmer ist versicherungspflichtig beschäftigt
Versicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer sind Pflichtmitglieder ihrer Krankenkasse. Wenn der Anspruch auf Krankengeld während der Beschäftigung oder im unmittelbaren Anschluss daran entsteht, bleibt die Mitgliedschaft auch über das Ende der Beschäftigung hinaus erhalten und es kann Krankengeld gezahlt werden.
Beispiel: Ein versicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer beendet sein Arbeitsverhältnis zum 30.9.2022. Am 1.10.2022 stellt sein Hausarzt eine Arbeitsunfähigkeit fest. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht am 1.10.2022. Da der Anspruch unmittelbar im Anschluss an die Mitgliedschaft aufgrund der versicherungspflichtigen Beschäftigung entsteht, bleibt die Mitgliedschaft erhalten. Ein Anspruch auf Krankengeld besteht (für längstens 78 Wochen).
Der Arbeitnehmer ist „höherverdienend“
„Höherverdienende“ Arbeitnehmer mit einem Entgelt oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze sind privat krankenversichert oder freiwillige Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse. Als solche erhalten sie auch Krankengeld. Wenn die Beschäftigung aufgegeben wird, fällt der Krankengeldanspruch weg. Das Versicherungsverhältnis ist dann als freiwillige Versicherung ohne Anspruch auf Krankengeld weiterzuführen.
Ähnlich wie bei versicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmern ist bei einer Arbeitsunfähigkeit am Ende der Beschäftigung zu prüfen, wann der Anspruch auf Krankengeld entstanden ist. Krankengeld ist zu zahlen, wenn der Anspruch während der Beschäftigung als „höherverdienender“ Arbeitnehmer oder im unmittelbaren Anschluss daran entsteht. Nach abgeschlossenem Krankengeldbezug ist eine freiwillige Mitgliedschaft ohne Anspruch auf Krankengeld weiterzuführen.
Beispiel: Ein freiwilliges Mitglied ist seit Jahren als „höherverdienender“ Arbeitnehmer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wird zum 31.10.2022 durch eine Kündigung beendet. Der Versicherte ist vom 1. - 5.11.2022 arbeitsunfähig (ärztliche Feststellung am 1.11.2022). Der Anspruch auf Krankengeld entsteht am 1.11.2022 in unmittelbarem Anschluss an die Beschäftigung. Deswegen ist bis zum 5.11.2022 Krankengeld zu zahlen.
Fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit
Krankengeld wird jeweils für die Dauer der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit gezahlt (Bewilligungsabschnitt). Wenn sich die Arbeitsunfähigkeit darüber hinaus fortsetzt, ist sie erneut fristgerecht festzustellen und der Krankenkasse zu melden. Die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit ist spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit festzustellen und der Krankenkasse innerhalb einer Woche zu melden. Wenn der „nächste Werktag“ ein Samstag ist, ist die ärztliche Feststellung am kommenden Montag ausreichend.
Beispiel: Die Krankenkasse hat aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 9. – 16.9.2022 (Freitag) Krankengeld bewilligt. Der Krankengeldanspruch besteht weiterhin, wenn die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit spätestens am 19.9.2022 (Montag) ärztlich festgestellt wird. Die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit ist der Krankenkasse bis zum 23.9.2022 zu melden.
Eine Ausnahmeregelung gilt für Arbeitnehmer, deren versicherungspflichtige Mitgliedschaft während des Krankengeldbezugs erhalten bleibt. Eine über das Ende des vorherigen Bewilligungsabschnitts hinaus fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit kann innerhalb eines Monats erneut ärztlich festgestellt werden. Allerdings wird Krankengeld erst wieder von der ärztlichen Feststellung an gezahlt.
Beispiel: Die Krankenkasse hat aufgrund einer psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 9. – 17.9.2022 (Freitag) Krankengeld bewilligt. Die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit wird erst am 17.10.2022 (letzter Tag der Monatsfrist) erneut ärztlich festgestellt. Der Anspruch auf Krankengeld besteht ununterbrochen fort. Krankengeld wird allerdings nur für die Zeit vom 9. – 17.9.2022 und erneut ab 17.10.2022 gezahlt.
Hinweis: Für den Anspruch auf Krankengeld ist es unerheblich, ob die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit wie im vorhergehenden Bewilligungsabschnitt beruht oder sich eine stationäre Behandlung anschließt.
Die Nahtlosigkeitsregelung ist vom BSG in Fällen entwickelt worden, in denen sich Beschäftigung und Arbeitsunfähigkeit tatsächlich nahtlos und ohne zeitliche Unterbrechung aneinander angeschlossen haben. Nur in einer solchen Fallkonstellation kann ausnahmsweise nach dem Ende der Mitgliedschaft aufgrund der Beschäftigung ein Krankengeldanspruch entstehen. Auf den von Ihnen geschilderten Sachverhalt ist diese Rechtsprechung nicht anwendbar. Es könnte allenfalls ein nachgehender Leistungsanspruch bestehen.
ich habe hinsichtlich Ihres Artikel zwei Anmerkungen bzw. Fragen
1. Sie führen in Ihrem Artikel zwei Beispiele auf:
Beispiel1: Ein versicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer beendet sein Arbeitsverhältnis zum 30.9.2022. Am 1.10.2022 stellt sein Hausarzt eine Arbeitsunfähigkeit fest. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht am 1.10.2022. Da der Anspruch unmittelbar im Anschluss an die Mitgliedschaft aufgrund der versicherungspflichtigen Beschäftigung entsteht, bleibt die Mitgliedschaft erhalten. Ein Anspruch auf Krankengeld besteht (für längstens 78 Wochen).
Beispiel 2: Ein freiwilliges Mitglied ist seit Jahren als "höherverdienender" Arbeitnehmer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wird zum 31.10.2022 durch eine Kündigung beendet. Der Versicherte ist vom 1. - 5.11.2022 arbeitsunfähig (ärztliche Feststellung am 1.11.2022). Der Anspruch auf Krankengeld entsteht am 1.11.2022 in unmittelbarem Anschluss an die Beschäftigung. Deswegen ist bis zum 5.11.2022 Krankengeld zu zahlen.
Mich würde interessieren, aus welcher Rechtsgrundlage die Ansprüche entstehen. Grundsätzlich besteht ein Anspruch ab dem Tag der ärztlichen Feststellung (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Voraussetzung ist, dass jedoch ein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch besteht. Dies tut es in beiden Fällen am 1.11.2022 nicht. Auch die Regelung gemäß § 46 Satz 3 SGB V kommen m.E. nicht zum Tragen, da in Ihren Beispielen von einer erstmaligen AU ausgegangen wird und keiner Folge-AU. Des Weiteren käme ein Anspruch nach § 19 SGB V nur für versicherungspflichtige in Betracht.
Auch den Kommentaren in juris zu § 44 SGB V (vgl. Sonnhoff/Pfeiffer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 44 SGB V (Stand: 20.07.2022), Rn. 33_1) ist nur ein Hinweis zu entnehmen, wenn vor dem Ende der Beschäftigung Krankengeld bezogen wurde bzw. AU bestand.
2. Auf der vierten Seite Ihres Artikels "Krankengeldanspruch für Selbstständige: Pro und Kontra" weisen Sie darauf hin, dass bei der Wahl des gesetzlichen Krankengeldanspruchs kein Kassenwechsel möglich ist. M.E. trifft dies nicht zu. § 44 Absatz 2 Satz 2 SGB V verweist lediglich auf § 53 Absatz 8 Satz 1 SGB V und somit an die Bindungsfrist von 3 Jahren. Somit ist der Versicherte an die Wahl des gesetzlichen KG gebunden, nicht aber an die Kasse. Lediglich wenn ein Wahltarif gemäß § 53 Absatz 6 gewählt würde, wäre ein Kassenwechsel gemäß § 53 Absatz 8 Satz 2 SGB V ausgeschlossen. Dies ist auch den Kommentierungen zu § 53 SGB in juris zu entnehmen: "Demgegenüber durchbricht ein normaler Kassenwechsel die Bindung an die Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB V (drei Jahre), denn § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB V verweist bewusst nicht auf § 53 Abs. 8 Satz 2 SGB V.156"
(Dreher in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 53 SGB V (Stand: 10.01.2022), Rn. 117)
Über ein Rückmeldung würde ich mich freuen.
besten Dank für Ihren Kommentar.
Die angeführten Beispiele beziehen sich auf das Urteil des BSG vom 7.4.2022 (B 3 KR 4/21 R) zur Nahtlosigkeitsregelung. Dabei geht das BSG auch auf die bis dahin ergangene Rechtsprechung ein und sieht keine Änderung der Rechtslage durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz. Zitat: Ausdrücklich genügte dazu auch ein erstmals am ersten Tag nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses entstandener Krankengeldanspruch wegen Arbeitsunfähigkeit.
Der angeführte Kommentar (Sonnhoff/Pfeiffer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl) geht darauf in den Ausführungen zu §§ 44, 46 SGB V nicht ein. Speziell zum Krankengeldanspruch freiwillig versicherter Arbeitnehmer hat sich das BSG im Urteil vom 17.06.2021 ( B 3 KR 2/19 R) entsprechend geäußert.
Hinsichtlich der Bindungswirkung einer Wahl des Optionskrankengeldes schließt diese eine vorherige Kündigung und damit einen Kassenwechsel aus. Das entspricht auch der im angeführten Kommentar angegebenen Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/12256 S. 64).
Beste Grüße sendet Ihnen die
Haufe Online Redaktion Sozialwesen