Rz. 90
Die konkrete Ausgestaltung des Umgangs, vor allem Fragen zum Holen und Bringen des Kindes, ist wesentlicher Teil des Regelungsbedarfs.[335] Ist der Umgang indessen nach Art, Ort und Zeit hinreichend konkretisiert worden, so ist es nicht erforderlich, dass der Umgangstitel detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils, insbesondere zum Bereithalten und Abholen des Kindes, enthält (siehe dazu auch § 6 Rdn 18).[336] Grundsätzlich obliegt es dem betreuenden Elternteil nicht, das Kind zum anderen Elternteil zu bringen und dort nach Ausübung des Umgangskontaktes wieder abzuholen.[337] Diese Aufgabe fällt vielmehr dem umgangsberechtigten Elternteil zu, der auch die Kosten dafür zu tragen hat.[338] Anderes kann sich allerdings daraus ergeben, dass der betreuende Elternteil durch seinen Wegzug eine erhebliche räumliche Distanz geschaffen hat. In diesem Fall kann es angezeigt sein, dass er sich an dem hierdurch begründeten zeitlichen und organisatorischen Mehraufwand beteiligt.[339] Haben die Eltern hinsichtlich der Aufteilung der Umgangskosten eine Vereinbarung geschlossen, so können entsprechende Zahlungs- oder Aufwendungsersatzansprüche durch Antrag beim Familiengericht geltend gemacht werden.[340]
Rz. 91
Der betreuende Elternteil bestimmt die näheren Modalitäten des Holens und Bringens bzw. ab welchem Alter gegebenenfalls auch vom Kind erwartet werden kann, dass es unter Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel den Weg allein zurücklegt. Der umgangsberechtigte Elternteil ist an diese Vorgaben gebunden,[341] soweit sie nicht schikanös sind[342] oder zu einem faktischen Ausschluss des Umgangs führen. Dies ist etwa der Fall, wenn nur eine Flug- oder Zugreise – mit Reisebegleitung für kleinere Kinder und ohne solche für größere – den Umgang für den Umgangsberechtigten zumutbar organisierbar erscheinen lassen.[343]
Rz. 92
Zu den vereinbarten Zeiten hat der betreuende Elternteil das Kind mit den nötigen Sachen, wie z.B. Kleidung und ggf. Medikamente, zur Abholung bereitzuhalten. Einen besonderen psychologischen Vorteil kann es bedeuten, wenn der betreuende Elternteil – und sei es auch nur manchmal – das Kind freiwillig zum anderen Elternteil verbringt. Hierdurch erlebt das Kind im Falle einer sachlichen und freundlichen Begegnung seiner Eltern besonders anschaulich, dass beide mit den Umgangskontakten einverstanden sind.[344] Hat sich ein Elternteil anlässlich der Ehescheidung dazu verpflichtet, das Kind zur Ausübung der Umgangskontakte zum anderen Elternteil zu bringen, so verbleibt es bei dieser Vereinbarung selbst dann, wenn die Umgangsbefugnis zeitlich erweitert wird, solange der Elternteil hierdurch nicht unzumutbar belastet wird.[345]
Besteht zwischen den Eltern eine auslegungsbedürftige Vereinbarung über die Modalitäten des "Holens und Bringens", so bedarf diese gegebenenfalls der richterlichen Präzisierung und Ausgestaltung.[346]
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