Rz. 14

Nach allgemeinen Grundsätzen ("Titel, Klausel, Zustellung"), die auch bei der Vollstreckung kindschaftsrechtlicher Entscheidungen Geltung beanspruchen, ist für die Vollstreckbarkeit eines Vollstreckungstitels dessen Zustellung an den Schuldner erforderlich, § 87 Abs. 2 FamFG. Eine Ausnahme gilt bei der Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung, dort kann nach § 53 Abs. 2 FamFG deren Erlass reichen, wenn der Richter dies anordnet.[33]

§ 87 Abs. 2 FamFG gilt auch für den gerichtlich gebilligten Vergleich, weil dieser erst durch den Billigungsbeschluss zum Vollstreckungstitel wird, der Billigungsbeschluss wiederum wegen jener Vorschrift der Zustellung bedarf.[34] Zuzustellen sind daher sowohl der Vergleichstext als auch der Billigungsbeschluss.[35] Angesichts des klaren Wortlauts von § 87 Abs. 2 FamFG genügt eine Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel in Anwesenheit des Verpflichteten (§ 41 Abs. 2 S. 1 FamFG) nicht, zumal § 41 Abs. 4 S. 4 FamFG auch dann die schriftliche Bekanntgabe fordert. Das wird in der Praxis häufig nicht beachtet, mit der Folge, dass es zu vermeidbaren Verzögerungen im Vollstreckungsverfahren kommt. Gleichzeitige Zustellung ist nur möglich, wenn der Gerichtsvollzieher Vollstreckungsorgan ist; eine unterbliebene Zustellung kann jederzeit nachgeholt werden, so dass ab dann vollstreckt werden kann,[36] und zwar auch wegen der bereits vor Zustellung erfolgten Verstöße,[37] wenn und weil der gerichtlich gebilligte Vergleich dem Verpflichteten bereits durch Verkündung des Billigungsbeschlusses samt Folgenankündigung bekannt gemacht worden ist. Eines weitergehenden Schutzes dahin, dass erst Verstöße ab Zustellung des Billigungsbeschlusses sanktioniert werden können, bedarf es dann nicht.

Die Zustellung im Parteibetrieb ist nicht möglich, da die §§ 86 ff. FamFG nicht auf die entsprechende Regelung in § 750 Abs. 1 S. 2 ZPO verweisen.[38]

 

Rz. 15

Einer Vollstreckungsklausel bedarf es hingegen nur, wenn der Vollstreckungstitel nicht von dem Gericht erlassen wurde, das für die Vollstreckung zuständig ist, § 86 Abs. 3 FamFG.

 

Rz. 16

Vollstreckungsfähig ist eine gerichtliche Entscheidung nur, wenn sie einem Beteiligten eine Pflicht auferlegt oder ihm konkret und in aus vollstreckungsrechtlicher Sicht ausreichend bestimmter Weise aufgibt, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden. Die ausreichende Bestimmtheit des Titels ist aus Sicht des zur Vollstreckung berufenen Organs, also in aller Regel des Gerichtsvollziehers, zu prüfen. Die für die Vollzugsfähigkeit einer Entscheidung erforderliche hinreichende Bestimmtheit der gerichtlichen Anordnung[39] darf sich nicht erst aus den Entscheidungsgründen oder Schlussfolgerungen ergeben,[40] sondern muss schon aus dem Entscheidungstenor hervorgehen, schon weil dem Gerichtsvollzieher nur der Tenor zur Verfügung steht.

 

Rz. 17

Gerade in Umgangsrechtsverfahren erlangt diese Problematik besondere Bedeutung. Es ist durchaus möglich, etwa von einem Umgangsberechtigten zu verlangen, eine kinderpsychologische Untersuchung, die er ohne Zustimmung des Sorgeberechtigten in Auftrag gegeben hat, zu unterlassen.[41] Auch muss sich der umgangsberechtigte Elternteil außerhalb der gerichtlich festgelegten Umgangszeiten eines Kontakts zum Kind enthalten, sofern nicht der betreuende Elternteil mit einem solchen Kontakt einverstanden ist.[42] Hilfreich ist es jedenfalls stets, bei der Abfassung von Umgangstiteln sehr sorgfältig auf die abschließende Erfassung sämtlicher Ablaufmodalitäten zu achten. Wegen § 156 Abs. 1 S. 5 FamFG nicht vollstreckbar ist eine auf § 156 Abs. 1 S. 3 und S. 4 FamFG fußende Anordnung, an einer gemeinsamen Erziehungsberatung[43] oder einem Elterngespräch[44] teilzunehmen.

 

Rz. 18

Die inhaltliche Ausgestaltung der Anordnung muss hinreichend bestimmt sein. Während nach altem Recht für die Vollstreckung eines Umgangstitels nach § 33 FGG a.F. streitig war, wie konkret die Verpflichtungen tituliert sein mussten,[45] ist nach neuem Recht dem großzügigeren Wortlaut von § 89 Abs. 1 FamFG – der nicht mehr, wie § 33 FGG, auf konkrete Handlungs- und Duldungspflichten abstellt, sondern allein auf eine Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel – Rechnung zu tragen. Die insoweit bestehenden Verpflichtungen der Eltern im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts sind in § 1684 Abs. 2 BGB ausdrücklich niedergelegt. Danach hat jeder Elternteil alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Auf dieser Grundlage ist es nunmehr ausreichend, dass das Umgangsrecht – allerdings insoweit genau und erschöpfend – nach Art, Ort und Zeit konkret festgelegt ist.[46] Denn dies enthält für den betreuenden Elternteil mit hinreichender Deutlichkeit die Verpflichtung, das Kind zur Ausübung des Umgangs bereit zu halten und in geeigneter Weise auf die Durchführung des Umgangs hinzuwirken. Nur wenn es an diesen im Vergleich zum alten Recht niedrigeren Konkretisierungsanforde...

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