Das Wichtigste in Kürze:

1. Beschlagnahmt werden können nach §§ 94 ff. nur Gegenstände, die als Beweismittel von Bedeutung sind. In Betracht kommen bewegliche und unbewegliche Sachen, aber auch E-Mails.
2. Um ein Beweismittel i.S.d. § 94 Abs. 1 handelt es sich, wenn der (Beschlagnahme-)Gegenstand unmittelbar oder mittelbar für die Tat oder die Umstände ihrer Begehung Beweis erbringen kann.
3. Die Gegenstände müssen im Gewahrsam einer Person stehen und nicht freiwillig herausgegeben werden.
4. Gem. § 95 Abs. 2 besteht für Beweisgegenstände grds. eine Herausgabepflicht.
5. Für Unterlagen, die nur auf Datenträgern zur Verfügung gestellt werden können, muss der Betroffene die entsprechenden Hilfsmittel anbieten.
 

Rdn 1090

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Beschlagnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 891, und bei → Beschlagnahme, Durchführung, Teil B Rdn 1008 ff.

 

Rdn 1091

1.a) Nach § 94 Abs. 1 können nur die Gegenstände beschlagnahmt werden, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können. In Betracht kommen bewegliche und unbewegliche Sachen jeder Art, aber auch Magnetbänder und sonstige Datenträger und Computerausdrucke (BVerfG NJW 2005, 1917; 2007, 3343; NStZ-RR 2003, 176; wegen der Einzelh. bei der Beschlagnahme von Dateien zum Zweck des Abgleichs mit behördlichen Dateien → Rasterfahndung, Teil R Rdn 3925). Beschlagnahmt werden können auch Behördenakten, wenn die oberste Dienstbehörde keine Sperrerklärung abgibt (BGHSt 38, 237; wegen der Einzelh. → Beschlagnahme von Behördenakten, Teil B Rdn 1073, m.w.N.). Bisher nicht entschieden ist, wie ggf. eine Domain beschlagnahmt werden kann. Diese wird vom BGH als "anderes Vermögensrecht" angesehen (vgl. NJW 2005, 3353), so dass § 94 allenfalls entsprechend angewendet werden kann. In Betracht kommen könnten die Regeln über die → Vermögensbeschlagnahme, Teil V Rdn 4716.

 

☆ Nach dem durch das Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a. v. 25.6.2020 (BGBl I, S. 2099) eingeführten § 95a ist, wenn sich die zu beschlagnahmende Sache im Gewahrsam einer nichtbeschuldigten Person befindet, ggf. die Zurückstellung von der an sich nach § 35 Abs. 2 erforderlichen Benachrichtigung des Beschuldigten zulässig (wegen der Einzelh. → Beschlagnahme, Zurückstellung der Benachrichtigung/ heimliche Beschlagnahme “ , Teil B Rdn  1104 ). Auch für eine solche Beschlagnahme müssen aber die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sein."Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a." v. 25.6.2020 (BGBl I, S. 2099) eingeführten § 95a ist, wenn sich die zu beschlagnahmende Sache im Gewahrsam einer nichtbeschuldigten Person befindet, ggf. die Zurückstellung von der an sich nach § 35 Abs. 2 erforderlichen Benachrichtigung des Beschuldigten zulässig (wegen der Einzelh. → Beschlagnahme, Zurückstellung der Benachrichtigung/heimliche Beschlagnahme“, Teil B Rdn 1104). Auch für eine solche Beschlagnahme müssen aber die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sein.

 

Rdn 1092

b) Nach der Rspr. des BVerfG werden auch E-Mails/Mailbox-Systeme auf dem Mailserver des Providers von den §§ 94 ff. erfasst und nach diesen Vorschriften beschlagnahmt (dazu BVerfG NJW 2009, 2431 m.w.N.; noch offengelassen in der in dem Verfahren ergangenen einstweiligen Anordnung in BVerfG StraFo 2006, 365; so wohl auch BGH NJW 2010, 1297). Auf diese sind – so das BVerfG – nicht etwa nur die Vorschriften der §§ 99, 100a, 100g anwendbar mit der Folge, dass auf E-Mails als Teil der Telekommunikation nur im Rahmen einer Telefonüberwachung zugegriffen werden könne. Wenn teilweise auf § 99 a.F. abgestellt worden sei (s. BGH NJW 2009, 1828, für zwischengespeicherte E-Mails), sei dadurch die Anwendbarkeit der §§ 94 ff. nicht in Frage gestellt (→ Postbeschlagnahme, Teil P Rdn 3869; → Telefonüberwachung, Begriff, Teil T Rdn 4299, m.w.N. auch zur a.A.; Malek/Wohlers, Rn 135 Fn 15). Das BVerfG (NJW 2009, 2431) weist allerdings darauf hin, dass die auf dem Server ruhenden E-Mails von Art. 10 Abs. 1 GG (Fernmeldegeheimnis) geschützt werden, was auch für bereits gelesene E-Mails gilt (sog. IMAP-Nutzung). Von besonderer Bedeutung ist für das BVerfG (a.a.O.) die Frage der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs (dazu → Beschlagnahme, Verhältnismäßigkeit, Teil B Rdn 1065, und → Beschlagnahme, Durchführung, Teil B Rdn 1017 f.).

 

Rdn 1093

Das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG; vgl. u.a. BVerfG NJW 2005, 1917; 2008, 822) hat das BVerfG i.Ü. nicht angewendet. An ihm seien nur Eingriffe zu messen, die nicht bereits durch andere Grundrechte abgedeckt werden. Das geschehe bei der Beschlagnahme von E-Mails aber durch Art. 10 Abs. 1GG. Das BVerfG hat i.Ü. in seiner Rspr. auch Vorgaben zur Durchführung der Beschlagnahme von E-Mails gemacht (→ Beschlagnahme, Durchführung, Teil B Rdn 1016 ff.). Die Entscheidung ist zudem auch für die der sog. Durchsicht von Papieren bei der Durchsuchung von Bedeutung (→ Durchsuchung, Durchsicht von Papieren, Teil D Rdn 1906). Stellung n...

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