Rdn 554

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Akteneinsicht, Allgemeines, Teil A Rdn 225.

 

Rdn 555

1. Da die AE eine der wichtigsten Waffen der Verteidigung im EV ist, muss der Verteidiger darauf achten, dass ihm so früh wie möglich AE gewährt wird.

 

☆ Es gilt der Grundsatz: Je früher, desto besser (dazu BVerfG NJW 1983, 1043).Je früher, desto besser (dazu BVerfG NJW 1983, 1043).

Das gilt auch für die Einsicht in in elektronischer Form geführte Akten (→ Akteneinsicht, elektronische Akte, Teil A Rdn 394). Durch die Einführung der §§ 32 ff. zum 1.1.2018 haben sich insoweit keine Änderungen ergeben.

 

Rdn 556

Dazu ist auf Folgendes hinzuweisen: Der Gesetzgeber verwendet in § 147 Abs. 1 den Begriff des Verteidigers. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass – wegen § 137 Abs. 1 S. 1 – das AER erst dann geltend gemacht werden kann, wenn der Mandant des Verteidigers Beschuldigter i.S.d. StPO ist (→ Beschuldigter, Begriff, Teil B Rdn 1156). Das Recht zur AE ist nämlich nicht davon abhängig, ob die Ermittlungsbehörde gegen einen bestimmten Beschuldigten ermittelt. Deshalb hat auch der Vertreter/"Verteidiger" eines – nur tatverdächtigen – Zeugen das Recht zur AE (ähnlich LR-Jahn, § 147 Rn 120 m.w.N., der § 147 Abs. 1 entsprechend anwendet; → Akteneinsicht, Berechtigter, Teil A Rdn 295). Voraussetzung ist aber, dass ein EV oder zumindest → Vorermittlungen, Teil V Rdn 5208, eingeleitet worden sind (BGH NStZ-RR 2009, 145).

 

Rdn 557

2. Nach → Abschluss der Ermittlungen, Teil A Rdn 120, (§ 169a) muss dem Verteidiger bzw. ggf. dem (unverteidigten) Beschuldigten (vgl. § 147 Abs. 4; → Akteneinsicht, Berechtigter, Teil A Rdn 285 ff.) auf jeden Fall (ausreichend) AE gewährt werden (zur Verletzung des rechtlichen Gehörs im Zwischenverfahren durch ungenügende Gewährung von AE KG StV 2016, 545).

 

☆ Das AER des Verteidigers/des (unverteidigten Beschuldigten besteht dann uneingeschränkt und kann nicht mehr beschränkt werden, auch nicht bei Wiederaufnahme oder Fortsetzung der Ermittlungen ( Meyer-Goßner/Schmitt , § 147 Rn 27; BGH NStZ 1998, 97; LG Koblenz StV 1989, 57). Das AER kann in diesem Verfahrensstadium auch dann nicht (mehr) beschränkt werden, wenn sich aus dem Akteninhalt Anhaltspunkte über den Beschuldigten betreffende Zwangsmaßnahmen ergeben (OLG Hamburg NStZ 1992, 50).AER des Verteidigers/des (unverteidigten Beschuldigten besteht dann uneingeschränkt und kann nicht mehr beschränkt werden, auch nicht bei Wiederaufnahme oder Fortsetzung der Ermittlungen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 147 Rn 27; BGH NStZ 1998, 97; LG Koblenz StV 1989, 57). Das AER kann in diesem Verfahrensstadium auch dann nicht (mehr) beschränkt werden, wenn sich aus dem Akteninhalt Anhaltspunkte über den Beschuldigten betreffende Zwangsmaßnahmen ergeben (OLG Hamburg NStZ 1992, 50).

 

Rdn 558

3.a) Wird dem Verteidiger nicht rechtzeitig vor der HV AE gewährt und konnte er deshalb die HV nicht genügend vorbereiten, muss er ggf. einen Antrag auf → Terminsverlegung, Teil T Rdn 4411, stellen oder noch zu Beginn der HV deren Aussetzung beantragen (dazu Burhoff, HV, Rn 486 ff., mit Antragsmuster, Rn 428). Das kann insbesondere in Betracht kommen, wenn weitere Beweismittel/Akten nur zögerlich zur Verfügung gestellt worden sind (LG Koblenz StraFo 1996, 156), wenn die Akten unvollständig waren (LG Hamburg StV 2014, 406; LG Hannover StV 2013, 79) oder rechtswidrig Aktenteile von der StA zurückgehalten worden sind (LG Berlin StV 2014, 403) Ggf. kommt – je nach Fallgestaltung – wegen der nicht (rechtzeitig) gewährten AE auch ein Ablehnungsantrag in Betracht (→ Ablehnungsgründe, Befangenheit, Verhalten/Äußerungen des Richters, Teil A Rdn 36).

 

☆ Wird bei Einlegung eines Rechtsmittels Akteneinsicht beantragt und eine Beschwerdebegründung nach der Einsicht angekündigt, wird der Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn das Beschwerdegericht eine Entscheidung trifft, ohne zuvor das Akteneinsichtsgesuch beschieden zu haben (KG StRR 2011, 102 m. zust. Anm. Haselier ; zum rechtlichen Gehör im Verfahren der → Nachholung des rechtlichen Gehörs , Teil N Rdn  3143 , KG StV 2016, 545).Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn das Beschwerdegericht eine Entscheidung trifft, ohne zuvor das Akteneinsichtsgesuch beschieden zu haben (KG StRR 2011, 102 m. zust. Anm. Haselier; zum rechtlichen Gehör im Verfahren der → Nachholung des rechtlichen Gehörs, Teil N Rdn 3143, KG StV 2016, 545).

 

Rdn 559

b) Das Gericht, dem zwischen EÖB und HV oder während laufender HV durch die Polizei oder die StA neue verfahrensbezogene Ermittlungsergebnisse zugänglich gemacht werden, hat wegen des Gebots des fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK i.V.m. § 147) die Pflicht, dem Angeklagten und seinem Verteidiger durch eine entsprechende Unterrichtung Gelegenheit zu geben, sich Kenntnis von den Ergebnissen dieser Ermittlungen zu verschaffen (BGH NStZ 2017, 549 m.w.N.; wegen weit. Einzelh. für den Zeitraum der laufenden HV, Burhoff, HV, Rn 279 ff. m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn das Gericht die...

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