Das Wichtigste in Kürze:

1. In den letzten Jahren hat sich zunehmend eine Diskussion darüber entwickelt, ob das in der Praxis häufiger angewandte Verfahren zur Überprüfung des Vorliegens eines Anfangsverdachts, sog. "Vorermittlungen" bzw. "Initiativermittlungen" zulässig ist.
2. Die Frage, ob, und wenn ja welche gesetzliche Grundlagen Vorermittlungen erlauben, ist in der Lit. nicht eindeutig geklärt.
3. Fraglich ist, welche Rechtsstellung der Betroffene im Stadium der Vorermittlungen hat.
4. Der Umfang der Vorermittlungen wird dadurch beschränkt, dass Vorermittlungsmaßnahmen sich, soweit sie Rechtseingriffe beinhalten, auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage stützen müssen.
 

Rdn 5209

 

Literaturhinweise:

Bader, Zum Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern und von Vertrauensleuten auf der Grundlage der neu geschaffenen §§ 9a und 9b BVerfSchG, HRRS 2016, 293

Baldarelli, Vorermittlungen im Strafverfahren, Krim 2013, 356

Bockemühl, Das Ermittlungsverfahren – Sonderopfer des Tatverdächtigen, StraFo 2016, 60

Brunhöber, Privatisierung des Ermittlungsverfahrens im Strafprozess, GA 2010, 579

Diemer, Erhebungen des Generalbundesanwalts zur Klärung des Anfangsverdachts im Rahmen von ARP-Vorgängen, NStZ 2005, 666

Eisenberg/Conen, § 152 II StPO: Legalitätsprinzip im gerichtsfreien Raum?, NJW 1998, 2241

Haas, Vorermittlungen und Anfangsverdacht, 2003

D. Herrmann, Tatverdacht und Unschuldsvermutung – der Grundkonflikt im Strafprozess Unschuldsvermutung und Untersuchungshaft, StraFo 2016, 89

Keller/Griesbaum, Das Phänomen der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, NStZ 1990, 416

Hoven, Die Grenzen des Anfangsverdachts – Gedanken zum Fall Edathy, NStZ 2014, 361

Krause, Allgemeine Rechtsfragen von "Vorermittlungen", Vorprüfungen und "AR"-Verfahren, in: Festschrift zu Ehren des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer, 2006, S. 351

Lange, Vorermittlungen, 1999

dies., Staatsanwaltschaftliche Vorermittlungen – ohne rechtliche Grundlage? Bewegt sich die Staatsanwaltschaft im rechtsfreien Raum, wenn sie verdachtsunabhängige Ermittlungen im Vorstadium des Anfangsverdachts führt?, DRiZ 2002, 264

Lehr, Grenzen für die Öffentlichkeitsarbeit der Ermittlungsbehörden, NStZ 2009, 409

Mendes, Die Finanzmarktaufsicht und der Transfer von Informationen aus den Verwaltungsverfahren in das Strafverfahren, GA 2016, 380

Petri, Auskunftsverlangen nach § 161 StPO gegenüber Privaten – eine verdeckte Rasterfahndung, StV 2007, 266

Pfordte, Vorermittlungen und Verdachtsgrade, StraFo 2016, 53

Tsambikakis, Das Mandatsverhältnis, in: MAH § 2

Scharmer, Die Neuregelungen des Bundesverfassungsschutzgesetzes und ihre Auswirkungen auf den Strafprozess: Eine kritische Übersicht, StV 2016, 323

Schnoor/Giesen/Addicks, Mitteilungen der Staatsanwaltschaften an die Presse ohne Datenschutz?, NStZ 2016, 256

Senge Zur Zulässigkeit staatsanwaltschaftlicher Vorermittlungen, in: Festschrift für Rainer Hamm, S. 701

Weßlau, Vor(feld)ermittlungen, Datentransfer und Beweisrecht, in: Festgabe für Hans Hilger, 2003, S. 57

Wölfl, Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft, JuS 2001, 478

Wohlers, Vorfeldermittlungen und andere Gefährdungen des justizförmigen Strafverfahrens, GA 2014, 675

wegen weit. Hinw. → Anfangsverdacht, Teil A Rdn 563.

 

Rdn 5210

1. In den letzten Jahren hat sich eine Diskussion darüber entwickelt, ob das in der Praxis häufiger angewandte Verfahren zur Überprüfung des Vorliegens eines Anfangsverdachts, sog. "Vorermittlungen" bzw. "Initiativermittlungen" (so Punkt 6 der Gemeinsamen Richtlinien der Justiz- und Innenminister/-senatoren der Länder) zulässig ist (dazu Teil V Rdn 5212) und welche Verfahrensgarantien und -grundsätze zu beachten sind (dazu eingehend Baldarelli Krim, 2013, 356; Haas, a.a.O.; Lange DRiZ 2002, 262; Wölfl JuS 2001, 478; auch Meyer-Goßner/Schmitt, § 152 Rn 4b; zum BVerfGSchG Scharmer StV 2016, 323; Bader HRRS 2016, 293). Dieses Verfahren dient der Klärung der Frage, ob überhaupt ein → Anfangsverdacht, Teil A Rdn 562, vorliegt und demnach eine Pflicht der Strafverfolgungsbehörden zum Handeln (nur) nach den Vorgaben der StPO gegeben ist (zur Pflicht der StA Wölfl JuS 2001, 482; Pfordte StraFo 2016, 53, 56 f.).

 

☆ Von Vorermittlungen zu unterscheiden sind die Vorfeldermittlungen . Diese dienen dazu, überhaupt erst Anhaltspunkte für Vorermittlungen zu finden. Es wird also nach unbekannten Straftaten geforscht, ihnen liegen keine Tatsachen zugrunde, sondern lediglich Vermutungen ( Haas , S. 41). Sie sind unzulässig ( Meyer-Goßner/Schmitt , a.a.O., m.w.N.; Pfordte StraFo 2016, 53, 58). Vorermittlungen sind hingegen grds. zulässig ( Meyer-Goßner/Schmitt , a.a.O.)."Vorfeldermittlungen". Diese dienen dazu, überhaupt erst Anhaltspunkte für Vorermittlungen zu finden. Es wird also nach unbekannten Straftaten geforscht, ihnen liegen keine Tatsachen zugrunde, sondern lediglich Vermutungen (Haas, S. 41). Sie sind unzulässig (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., m.w.N.; Pfordte StraFo 2016, 53, 58). Vorermittlungen sind hingegen grds. zulässig (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.).

 

Rd...

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