Das Wichtigste in Kürze:

1. § 33a sieht die Nachholung des rechtlichen Gehörs vor, wenn im Beschlussverfahren eine für einen Beteiligten nachteilige Entscheidung getroffen worden ist, zu der er nicht gehört wurde.
2. Rechtliches Gehör i.S.v. Art. 103 Abs. 1 GG sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten im Prozess selbstbestimmt und situationsspezifisch gestalten können.
3. Voraussetzung für einen (erfolgreichen) Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs ist, dass es sich um einen unanfechtbaren Beschluss handelt, der zum Nachteil eines Beteiligten ergangen ist.
4. Der Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs ist an keine Frist gebunden.
5. Im Zusammenhang mit der Nachholung des rechtlichen Gehörs kann der Verteidiger ggf. Beschwerde einlegen.
6. Für Tätigkeiten im Hinblick auf einen Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs entstehen – ebenso wie für eine Anhörungsrüge – keine zusätzlichen Gebühren nach dem RVG.
 

Rdn 3144

 

Literaturhinweise:

Bottke, Rechtsbehelfe der Verteidigung im Ermittlungsverfahren – eine Systematisierung, StV 1986, 120

Burhoff, Die Anhörungsrüge im Strafverfahren, ZAP f. 22, S. 409

ders., Wiederaufleben von Zwangsmaßnahmen bei Durchbrechung der Rechtskraft nach dem 2. Justizmodernisierungsgesetz, StRR 2007, 15

ders., Die Abrechnung (förmlicher/formloser) Rechtsbehelfe im Straf- und Bußgeldverfahren, StRR 2012, 172

ders., Die Abrechnung (förmlicher/formloser) Rechtsbehelfe im Straf- und Bußgeldverfahren, RVGreport 2013, 212

Eschelbach, Gehör vor Gericht, GA 2004, 228

ders., Anhörungsrügen im Strafprozess, ZAP f. 22, S. 605

Esskandari, Zum Rechtsschutz bei prozessualer Überholung (§§ 304 ff., 33a StPO) – Überlegungen im Anschluß an BVerfG NJW 1997, 2163 ff., StraFo 1997, 289

Meyer-Mews, Rechtsschutzgarantie und rechtliches Gehör im Strafverfahren, NJW 2004, 716

Pohlreich, Zur Fristvorwirkung der Verfassungsbeschwerde im strafgerichtlichen Verfahren, StV 2011, 574

s.a. die Hinw. bei → Rechtsmittel im Ermittlungsverfahren, Teil R Rdn 3950.

 

Rdn 3145

1. § 33a sieht die Nachholung des durch Art. 103 Abs. 1 GG verbürgten rechtlichen Gehörs vor, wenn im Beschlussverfahren eine für einen Beteiligten nachteilige Entscheidung getroffen worden ist, zu der er nicht gehört wurde. Sinn und Zweck der Vorschrift, die für das Beschwerdeverfahren durch § 311a ergänzt wird, ist die Entlastung des BVerfG (Meyer-Goßner/Schmitt, § 33a Rn 1). Die Regelung ist durch das am 1.1.2005 in Kraft getretene Anhörungsrügengesetz v. 9.12.2004 geändert worden und hat an Bedeutung zugenommen. Die gesetzlichen Änderungen gingen zurück auf den Plenarbeschluss des BVerfG v. 30.4.2003 (NJW 2004, 1924), in dem das BVerfG die Möglichkeit fachgerichtlicher Abhilfe für den Fall gefordert hatte, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat (zum Gesetzesentwurf s. BT-Drucks 15/3966 und 15/3706). Im Bereich des Strafverfahrens hat das Anhörungsrügengesetz nicht nur eine Änderung des § 33a gebracht, der in seinem Anwendungsbereich erweitert worden ist. Außerdem ist für das Revisionsverfahren noch im neuen § 356a die Anhörungsrüge eingeführt worden (auch Meyer-Mews NJW 2004, 716, der auf der Grundlage der Entscheidung des BVerfG eine erhebliche Ausdehnung des strafprozessualen Rechtsschutzes fordert; zur Anhörungsrüge Burhoff, HV, Rn 304 ff., und Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 350 und zur Nachholung des rechtlichen Gehörs im OWi-Verfahren Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 2948 ff.).

 

Rdn 3146

2. Rechtliches Gehör i.S.v. Art. 103 Abs. 1 GG sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten im Prozess selbstbestimmt und situationsspezifisch gestalten können (vgl. aus der neueren Rechtsprechung BVerfG NJW 2016, 861; 2016, 2099; StV 2017, 775; KG StV 2017, 657 [Ls.], jew. m.w.N.). Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht daher, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (vgl. zuletzt u.a. BVerfG, a.a.O.). Grds wird von der Erfüllung dieser Pflicht ausgegangen, es sei denn, dass sich eine Verletzung aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (vgl. KG, a.a.O.). Erfasst wird von § 33a insbesondere das verletzte rechtliche Gehör des Beschuldigten zu (neuen) Tatsachen und Beweisergebnissen. Die Vorschrift des § 33a beschränkt aber die gebotene nachträgliche Anhörung nicht auf Tatsachen und Beweisergebnisse; vielmehr ist über den Wortlaut der Bestimmung hinaus jeder Aspekt des rechtlichen Gehörs erfasst (vgl. BVerfG NJW 2016, 861 m. Anm. Burhoff StRR 2015, 474; s.a. BVerfG NStZ-RR 2008, 16).

 

Rdn 3147

3. Voraussetzungen für einen (erfolgreichen) Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs nach § 33a sind:

 

Rdn 3148

a) Es handelt sich um den Erlass eines Beschlusses. Auf Urteile findet § 33a seinem Wortlaut nach keine Anwendung (Meyer-Goßner/Schmitt, § 33a Rn 1a, 3; dazu aber SK-StPO/Weßlau, § 33a Rn 8 f....

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