Rz. 518

Erteilt der Auftraggeber zunächst außergerichtlichen Auftrag und soll im Hinblick auf eine Scheidung die Einigung der Beteiligten erst zu späterem Zeitpunkt notariell beurkundet werden, bewegt sich der Rechtsanwalt gebührenrechtlich im Bereich einer Geschäftsgebühr und ggf. 1,5 Einigungsgebühr. Dabei können Besprechungen mit der Gegenseite, die zum Abschluss der Einigung geführt haben, nicht mit der Terminsgebühr abgerechnet werden, da eben kein Verfahrensauftrag vorliegt. Zur Frage, wann eine Terminsgebühr anfallen kann (vgl. Rdn 403 und 462 ff.).

 

Rz. 519

 

Praxistipp

Besprechungen, die im Rahmen einer außergerichtlichen Vertretung mit der Gegenseite (oder auch dem Mandanten) geführt werden, rechtfertigen die Erhöhung des Gebührensatzes der Geschäftsgebühr. Sie können sich sowohl beim Kriterium "Umfang" als auch "Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit" auswirken. Es empfiehlt sich daher, derartige Besprechungen zu dokumentieren (mit Datum, Zeit und Inhalt). Zu den Kriterien "Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit" siehe auch § 4 Rdn 119 und 131 ff.

 

Rz. 520

Hat der Rechtsanwalt den Auftrag, eine Scheidungsvereinbarung notariell beurkunden zu lassen und sodann das Scheidungs- und Versorgungsausgleichsverfahren gerichtlich durchzuführen, liegen nach Ansicht der Verfasserin in jedem Fall zwei gebührenrechtliche Angelegenheiten vor, da bei der Tätigkeit eben kein einheitlicher Rahmen (der aber Voraussetzung für die Annahme "derselben Angelegenheit" ist) vorliegt. Auch kann hier nicht von einer Regelung der Folgesachen gesprochen werden, mit der Annahme, dass über § 16 Nr. 4 RVG dieselbe Angelegenheit vorläge. Denn die Gegenstände der Scheidungsvereinbarung werden eben gerade nicht als Folgesachen im Verbund rechtshängig.

 

Rz. 521

Muster 74: Musterrechnung 4.74: Scheidungsvereinbarung – notariell beurkundet

 

Musterrechnung 4.74: Scheidungsvereinbarung – notariell beurkundet

Rechtsanwalt Z hat den Auftrag, eine Scheidungsvereinbarung notariell beurkunden zu lassen: Zugewinnausgleich, wechselseitiger Unterhaltsverzicht, der Haushalt gilt als aufgeteilt.

Vereinbarung der Gütertrennung (unabhängig von einer Scheidung), Wert: 250.000,00 EUR (zur Wertberechnung siehe § 2 Rdn 86)
Zugewinnausgleich, Wert: 40.000,00 EUR
wechselseitiger Unterhaltsverzicht, Wert: 1.800,00 EUR
Haushaltsgegenstände, deklaratorisch, ohne Wertansatz

Rechtsanwalt Z reicht sechs Monate später für seine Mandantin den Scheidungsantrag ein. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Der Versorgungsausgleich wird durchgeführt. Der Wert der Ehesache wird vom Gericht auf 52.500,00 EUR festgesetzt. Beim Versorgungsausgleich ist beim Wert von 3.500,00 EUR auszugehen.

1. Notarielle Vereinbarung

Gegenstandswert: 291.800,00 EUR, (Gütertrennung, Zugewinnausgleich, Unterhaltsverzicht) §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 51 Abs. 1, 35 FamGKG, § 23 Abs. 3 RVG i.V.m. § 100 GNotKG

 

1,8 Geschäftsgebühr aus 291.800,00 EUR

Nr. 2300 VV RVG
4.487,40 EUR

1,5 Einigungsgebühr aus 291.800,00 EUR

Nr. 1000 VV RVG
3.739,50 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 8.246,90 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 1.566,91 EUR
Summe 9.813,81 EUR

2. Gerichtliches Verfahren

Verfahrenswert: 56.000,00 EUR (Ehesache u. VA), §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 43 Abs. 1, 2, 50 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr aus 56.000,00 EUR

Nr. 3100 VV RVG
1.622,40 EUR

1,2 Terminsgebühr aus 56.000,00 EUR

Nr. 3104 VV RVG
1.497,60 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 3.140,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 596,60 EUR
Summe 3.736,60 EUR

Zu den Gegenstandswerten siehe § 2 Rdn 211 und 390); zur Anwendung von § 15 Abs. 3 RVG siehe Rdn 396, zur Einigungsgebühr siehe Rdn 205 und 234.

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