Rz. 119

In der Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG wird allein auf die Kriterien Umfang und Schwierigkeit abgestellt, um eine höhere Gebühr als 1,3 abrechnen zu können. Faktoren, die zum Überschreiten der Kappungsgrenze der Geschäftsgebühr von 1,3 gemäß der Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG führen können, sind damit allein der Umfang oder die Schwierigkeit der Angelegenheit.[80]

 

Rz. 120

Umfang bedeutet insbesondere: Zeitlicher Aufwand, den ein Rechtsanwalt zur Bearbeitung des Mandats erbringen muss.

In den zeitlichen Umfang nicht mit einzubeziehen sind:

Zeiten für die Aneignung von Basiswissen;
Zeitaufwand, der für das Gericht oder den Gegner entstanden ist;
Anschein, den der Umfang der Sache hat.
 

Rz. 121

Einzurechnen sind:[81]

tatsächlicher Umfang der Sache (nicht aber der Anschein);
mandatsspezifische Rechercheleistungen;
Studium der Unterlagen (Verträge, geführter Schriftwechsel, Gutachten, etc.);
Zeit für die Auswertung eines Gutachtens;
persönliche oder telefonische Besprechungen mit dem Mandanten;
Besprechungen mit Dritten (Gegenanwalt, Gegner, Sachverständigen, Zeugen wegen Anfangsvermögen, etc.);
Studium und Auswertung einer beigezogenen Akte (z.B. Straf- oder Ermittlungsakte bei angezeigter häuslicher Gewalt – soweit hierfür nicht gesonderte Gebühren nach Teil 4 abgerechnet werden, etc.);
Recherche von mandatsbezogener Literatur und Rechtsprechung;
Studium und Auswertung mandatsbezogener Literatur und Rechtsprechung;
Diktat von Schriftstücken;
Korrigieren und Ausfertigen von Schriftstücken;
Studium der eingehenden Korrespondenz;
Weiterleitung und Kommentierung der eingehenden Korrespondenz;
Wahrnehmung von Terminen (einschl. Fahrt- und Wartezeiten; dies können auch Hausbesuche des Anwalts in einer Familiensache sein).
 

Rz. 122

Typische Tätigkeiten, die im Rahmen eines Familienrechtsmandats erbracht werden, sind z.B.[82]

Aufnahme der gesamten Informationen zu/zum

Datum u. Ort der Eheschließung
den persönlichen Daten der Ehegatten
der Arbeitgeber
der Ehewohnung
dem letzten gemeinsamen Wohnsitz
vorhandener minderjähriger Kinder
vorhandener volljähriger in Ausbildung befindlicher gemeinsamer Kinder
vorhandener Kinder eines Ehegatten mit einem früheren Ehegatten/Partner
gebildeter Anwartschaften bei Rentenversicherungsträgern
Betriebsrentenansprüche
private Vorsorgeansprüche
End- und Anfangsvermögen zur Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruch
Einkommen aus selbstständiger oder nicht selbstständiger Tätigkeit
Einkommen aus Kapitalvermögen
Einkommen aus Vermietung und Verpachtung oder anderen Einkunftsarten
Vermögensverhältnisse (Grundvermögen, Kapitalvermögen, Betriebsvermögen, etc.)
getroffener Regelungen vor Inanspruchnahme des Anwalts
beabsichtigte Regelungen hinsichtlich der möglichen Folgesachen
Haushaltsgegenstände (ggf. Regelung hierüber)
vorhandenem weiteren Vermögen
vorhandener Verbindlichkeiten
Beratung wegen bestehender möglicher Unterhaltsansprüche unter Berücksichtigung des neuen Unterhaltsrechts
Berechnung des Ehegatten- und Kindesunterhaltsanspruchs, ggf. unter Berücksichtigung vorhandener weiterer Kinder
außergerichtliche Schreiben an den Ehegatten wg. Trennung, Unterhalt, beabsichtigte Scheidung, und weiterer Folgesachen
Telefonate mit der Gegenseite, dem Gegenanwalt
Telefonate mit dem Mandanten
Beratung über das neue Versorgungsausgleichs-; Unterhalts- und Güterrecht sowie die sich hieraus für den Mandanten ergebenden Vor- und Nachteile
Erstellung eines Entwurfs einer Scheidungsvereinbarung/eines Ehevertrags
persönliche oder telefonische Besprechungen mit dem Mandanten;
Besprechungen und Korrespondenz mit Dritten (Vermieter, Bank);
Studium und Auswertung einer beigezogenen Akte (z.B. Straf- oder Ermittlungsakte bei angezeigter häuslicher Gewalt – soweit hierfür nicht gesonderte Gebühren nach Teil 4 abgerechnet werden, etc.);
Beratung über mögliche Beratungs- oder Verfahrenskostenhilfe
und viele weitere
 

Rz. 123

 

Praxistipp

Erstellen Sie Ihre eigene Tätigkeitsliste für Familiensachen, damit Sie im Falle einer notwendigen Begründung der Höhe einer Geschäftsgebühr routinemäßig hierauf zurückgreifen können.

[80] Zum Kriterium Umfang vgl. auch sehr ausführlich Bischof/Jungbauer u.a., RVG, 7. Aufl., Nr. 2300 VV Rn 65 ff..
[81] Vgl. dazu ausführlich: Bischof/Jungbauer u.a., RVG, Nr. 2300 VV Rn 78 ff.
[82] Die Liste der Tätigkeiten ist natürlich nicht vollständig.

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