Kolumne Talent Management: Arroganz-Kompetenz-Formel

Wie viel Selbstbewusstsein braucht ein Talent? Und wie viel Demut? Allzu viele Talente bewegen sich bei beidem nicht auf einem guten Niveau. Darum zeigt Kolumnist Martin Claßen eine ganz eigene Norm auf, mit der sich dies messen lässt. Namensgeber für seiner Norm wäre Mehdorn.

In jüngster Zeit hat das Wörtchen Demut eine erstaunliche Renaissance erlebt, gerade im Talent Management. Gemeint ist damit laut Duden die "Einsicht in die Notwendigkeit und im Willen zum Hinnehmen der Gegebenheiten begründete Ergebenheit".

Das klingt kompliziert und ist im Alltag als ambitioniertes Talent eine alles andere als einfache persönliche Haltung – die meines Erachtens im Business auch nicht übertrieben werden muss: Hinnehmen, Ergebenheit und die damit verbundene schicksalsgläubige Passivität sind einem Talent nicht anzuraten. So bleibt der Ruf nach mehr Demut kaum mehr als eine wohlklingende Floskel.

Nur selbstbewusst oder auch kompetent?

Ganz im Gegenteil: Nicht gerade wenige Talente leiten aus der eigenen Kompetenz eine leichte bis starke Arroganz ab. Für die es im Manager-Magazin und weiteren Szeneblättern genügend Vorbilder gibt. Besonders unangenehm sind Typen, bei denen der Abstand zwischen großer Arroganz und kleiner Kompetenz überdeutlich wird. Wobei zur Kompetenz natürlich auch die daraus erzeugte tatsächliche Effektivität gehört.

Es gibt bereits erste Vorschläge, für diese Differenz von Hochmut und Können oder Wirkung eine Din-Norm einzuführen. Offenbar gibt es nur noch Diskussionen darüber, ob diese neue Maßeinheit, also der Urmeter, nun Mehdorn, Middelhoff oder Nonnenmacher genannt werden soll.

Eine Norm für die Maximal-Arroganz

Mein Vorschlag für die Arroganz-Kompetenz-Formel geht so: Arroganz beziehungsweise Kompetenz oder Effektivität eines Talents werden jeweils auf einer Skala von plus bis minus eins gemessen und dann voneinander subtrahiert.

  • Einen vollen Mehdorn gibt es bei höchster Arroganz und fehlender Kompetenz oder Effektivität.
  • Null Mehdorn gibt es bei gleich großer Arroganz und Kompetenz oder Effektivität.
  • Negative Mehdorn-Werte gibt es bei höherer Kompetenz oder Effektivität als Arroganz.

Im Umgang mit Subtraktion erfahrene Leser dieser Talent Management Kolumne bemerken sofort das wesentliche Manko meiner Formel. Null Mehdorn gibt es sowohl bei höchster Arroganz und höchster Kompetenz oder Effektivität als auch bei gleich geringen Werten beider Parameter. Eine Verbesserung meines Vorschlags ist also willkommen.

Optimale Werte: Selbstbewusst, aber nicht übertrieben

Talente sollten sich meines Erachtens – aber das ist persönliche Geschmacksache – am besten im Bereich leicht negativer Mehdorn-Werte bewegen: Durchaus selbstbewusst, aber die Ausprägung der Arroganz sollte unter dem wirklichen Leistungsniveau liegen. Unsere unprätentiöse Bundeskanzlerin, die ja irgendwie ebenfalls ein Talent ist, würde nach meiner Norm übrigens deutlich negative Mehdorn-Werte aufweisen.


Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.