Kolumne Talent Management: Karriere und Geschäftsmodell

Eine Karriere hängt selten allein von der eigenen Leistung ab. Doch wovon hängt sie neben einem funktionierenden Talent Management noch ab? Kolumnist Martin Claßen wagt sich an eine Hypothese über den Zusammenhang von Karriere und Geschäftsmodell eines Unternehmens.

Ein fast noch geheimer Ratschlag für Talente ist die nähere Betrachtung von Geschäftsmodellen potentieller Arbeitgeber. Die folgenden Aussagen sind Meinung pur und beruhen auf persönlichen Eindrücken. Dennoch würde ich sie jedem Freund ans Herz legen.

Zwei wesentliche Typen von Geschäftsmodellen

Geschäftsmodelle können in zwei wesentliche Typen unterschieden werden. Es gibt solche, die im marktlichen Wettbewerb stehen und bei denen Kunden mit ihrer Nachfrage über Wohl und Wehe der Firma und damit indirekt über die Karrieremöglichkeiten von Talenten entscheiden.

Und es gibt solche, in denen als Folge staatlicher Regeln die Preise, Kosten, Absätze von Beschlüssen des sozio-politischen Systems in Bonn, Brüssel oder sonst irgendwo abhängig sind. Solche Entscheidungen sind nicht stabil, sondern fragil. Kollektiv und Individuum sind von fremden Mächten abhängig, die oftmals erstaunliche Lösungsvorschläge entwickeln. Oder es gibt einen Tsunami vor Japan, eine Revolution der Ukraine, ein Monopoly der Wallstreet, mit denen urplötzlich die Abhängigkeit von unternehmensfremden Dritten deutlich wird. Betroffen sind die netzgebundenen Dienstleistungen, die transaktionsorientierte Finanzindustrie und manche staatlich gepamperte Hype-Branche. Dort steigen und fallen Unternehmenswerte und Aufstiegschancen in oftmals dramatischer Weise. Ihre persönliche Entwicklung erreichen Talente in solchen Branchen eher mit geschicktem Stakeholder-Management als mit individueller Performance und damit Beiträgen zum profitablen Wachstum des Unternehmens.

Jedes Talent muss für sich entscheiden

Ein Talent muss wissen, was es will und was es kann. Manche fühlen sich im Markt mit seinen Angebot-Nachfrage-Regeln wohl, andere mit Macht und ihren mikropolitischen Spielen. Wenn ich auf die mir bekannten Karrieren in geregelten oder von staatlicher Einflussnahme bestimmten Industrien blicke, kann ich ein deutliches Fazit ziehen. Dort ist der Aufstieg mit Raffinesse und Petitesse üblich, meist in vielen kleinen Schritten. Das Risiko eines plötzlichen Einbruchs ist aber ungleich höher als in primär marktlichen Umfeldern.

Das Auf und Ab in Wettbewerbsindustrien ist selten dramatisch, entwickelt sich in langen Wellen. Was für eine gewisse Planbarkeit von Karrieren durch eigene Leistung sorgt. Wobei kompetitive Branchen aus einer sonnenseitigen und einer schattenseitigen Welt bestehen. Es gibt Geschäftsmodelle auf dem Wachstumspfad und solche auf dem Schrumpfungskurs. Klar, welche günstiger für individuelle Karrieren sind.

Gut möglich, dass andere Beobachter zu ganz anderen Erkenntnissen kommen. Aber die gerade dargestellten Tendenzen würde ich wie gesagt meinen Freunden raten.



Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.