Steuerentlastungen mit Auswirkungen auf den Lohnsteuerabzug

Durch das von Bundestag und Bundesrat beschlossene Steuerentlastungsgesetz werden Grundfreibetrag und Werbungskostenpauschbetrag ab 2022 angehoben. Die rückwirkende Änderung auf den Jahresbeginn wird Korrekturen des Lohnsteuerabzugs erfordern. Weitere Entlastungen wie die Energiepreispauschale und der Kinderbonus sind ebenfalls beschlossen.

Der Deutsche Bundestag hat am 12. Mai 2022 das "Steuerentlastungsgesetz 2022" beschlossen. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 20. Mai 2022 zugestimmt.

Darin vorgesehen sind unter anderem:

  • eine Anhebung des Grundfreibetrags für 2022 von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro, rückwirkend ab dem 1. Januar 2022,
  • eine Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags von derzeit 1.000 Euro um 200 Euro auf 1.200 Euro, ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2022,
  • ein einmaliger Kinderbonus von 100 Euro im Juli 2022,
  • eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro, die Beschäftige in den überwiegenden Fällen im September 2022 ausgezahlt bekommen.

Weniger Lohnsteuer durch Steuerentlastungsgesetz

Mit dem höheren Grundfreibetrag soll die aktuelle Inflation ausgeglichen werden. Mit der Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags soll neben der Entlastung auch eine Vereinfachung bewirkt werden.

Beide Änderungen haben Auswirkungen auf den Lohnsteuer­abzug, weil sowohl der Grundfreibetrag als auch der Arbeitnehmerpauschbetrag im Lohnsteuertarif und in den Lohnprogrammen enthalten sind. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes können die Neuregelungen aber noch nicht berücksichtigt werden.

Ausblick: Lohnsteuerabzug muss korrigiert werden

Der zuvor vorgenommene Lohnsteuerabzug ist nach dem Inkrafttreten der Änderungen (voraussichtlich im Juni 2022) vom Arbeitgeber zu korrigieren, wenn ihm dies wirtschaftlich zumutbar ist (§ 41c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 EStG). Regelmäßig ist das der Fall. Die Art und Weise der Neuberechnung ist jedoch nicht zwingend festgelegt. Sie kann

  • durch eine Neuberechnung zurückliegender Lohnzahlungszeiträume,
  • durch eine Differenzberechnung für diese Lohnzahlungszeiträume oder
  • durch eine Erstattung im Rahmen der Berechnung der Lohnsteuer für einen demnächst fälligen sonstigen Bezug erfolgen.

Eine Verpflichtung zur Neuberechnung scheidet aus, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin keinen Arbeitslohn mehr bezieht oder wenn die Lohnsteuerbescheinigung bereits übermittelt oder ausgeschrieben worden ist (§ 41c Absatz 3 EStG).

Ändert der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug nicht, können die höheren Freibeträge bei der Veranlagung zur Einkommensteuer geltend gemacht werden. In Ausnahmefällen können Betroffene beim Betriebsstättenfinanzamt bis zur Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung eine Erstattung der Lohnsteuer beantragen (§ 41c Absatz 3 EStG, R 41c.1 Absatz 5 Satz 3 LStR).

Lohnsteuerabzug: Zeitpunkt der Korrektur

Die Finanzverwaltung hat neue Programmablaufpläne aufgestellt und bekanntgemacht, die Sie in dieser News nachlesen können. Die geänderten Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2022 sind ab dem 1. Juni 2022 anzuwenden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den höheren Grundfreibetrag und den höheren Arbeitnehmerpauschbetrag bei der Berechnung der Lohnsteuer zu berücksichtigen.

Anhebung der Entfernungspauschale bereits im Jahr 2022

Über die vorstehenden Maßnahmen hinaus enthält das Steuerentlastungsgesetz 2022 eine Anhebung der Entfernungspauschale. Sie soll rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 ab dem 21. Entfernungs­kilometer 38 Cent betragen. Bisher beträgt die Pauschale bis zum 20. Kilometer 30 Cent und ab dem 21. Kilometer 35 Cent.

Beschäftigte können zwar ab dem Folgemonat nach Inkrafttreten des Gesetzes die Anpassung eines Freibetrags im Lohnsteuerabzugsverfahren wegen der höheren Entfernungspauschale beantragen. Allerdings wirkt sich die höhere Entfernungspauschale wegen des ebenfalls erhöhten Arbeitnehmerpauschbetrags nur insoweit aus, als der Erhöhungsbetrag den Betrag von 200 Euro überschreitet. Unterbleibt ein entsprechender Antrag, kann die höhere Entfernungspauschale im Rahmen der Steuererklärung geltend gemacht werden.

Auswirkungen können sich durch die höhere Pauschale bei Fahrtkostenzuschüssen und Dienstwagengestellung ergeben. Die dafür mögliche 15-prozentige Lohnsteuerpauschalierung ist zulässig bis zur Höhe der (neuen) Entfernungspauschale.

Hinweis: Ob auch die Fahrtkostenerstattung selbst steigt, hängt von den konkreten arbeitsrechtlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden ab.

Lesen Sie dazu auch unsere Beiträge "Erhöhung der Entfernungspauschale ab 2022" und "Neues zur Lohnsteuerpauschalierung bei Dienstwagen und Fahrtkostenzuschüssen".

Weitere Entlastungen: Energiepreispauschale und Kinderbonus

Angesichts der massiv steigenden Energiepreise hat die Bundesregierung eine weitergehende Entlastung und Unterstützung beschlossen. Das Paket beinhaltet weitreichende Maßnahmen zur kurzfristigen und befristeten Entlastung bei den Energiekosten. Dazu zählen aus lohnsteuerlicher Sicht insbesondere:

Einmalige Energiepauschale in Höhe von 300 Euro im September 2022

An Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wird die Energiepreispauschale vom Arbeitgeber ausgezahlt, wenn sie zum 1. September 2022

  • in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen und
  • in eine der Steuerklassen I bis V eingereiht sind oder
  • als geringfügig Beschäftigte pauschal besteuerten Arbeitslohn (§ 40a Abs. 2 EStG) beziehen.

Nähere Einzelheiten dazu lesen Sie in unserem Beitrag "Einmalige Energiepreispauschale: Was Arbeitgeber wissen müssen".

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Zusätzliche Einmalzahlung für Familien von 100 Euro pro Kind

Zur Abfederung besonderer Härten für Familien aufgrund gestiegener Energiepreise soll auch im Jahr 2022 ein Kinderbonus gezahlt werden. Dazu wird das Kindergeld um einen Einmalbetrag in Höhe von 100 Euro erhöht. Ein Anspruch auf den Kinderbonus 2022 besteht für jedes Kind, für das im Juli 2022 ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Die Auszahlung soll über die Familienkassen ergänzend zum Kindergeld erfolgen. Arbeitgeber sind insoweit nicht belastet.

Kinder, für die im Juli 2022 kein Anspruch auf Kindergeld besteht, werden ebenfalls berücksichtigt, wenn für sie in einem anderen Monat des Jahres 2022 ein Kindergeldanspruch besteht. Dann erfolgt die Auszahlung allerdings entsprechend später (nach der Geburt).

Die Festsetzung und Zahlung des Einmalbetrages erfolgt im Rahmen des steuerlichen Familienleistungs­ausgleichs (§ 31 EStG). Das bedeutet, dass der Einmalbetrag – wie der Kinderbonus 2020 und 2021 – im Rahmen der bei der Einkommensteuerveranlagung durchzuführenden Vergleichsberechnung zwischen Kindergeld und Kinderfreibeträgen berücksichtigt wird. Damit wird bei Gutverdienern der Bonus zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgezehrt.

Hintergrund: Gesetzgebungsverfahren zum Steuerentlastungsgesetz

Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise hatte sich die Bundesregierung am 23. Februar 2022 auf zahlreiche Entlastungsmaßnahmen geeinigt. Zu den darin enthaltenen steuerlichen Maßnahmen hatte das Bundesfinanzministerium nur wenige Tage später einen Gesetzentwurf vorgelegt. Am 27. April 2022 hat das Bundeskabinett mehrere Ergänzungsanträge beschlossen, mit denen die Energiepreispauschale und der Kinderbonus in den Entwurf eingearbeitet worden sind.

Der Deutsche Bundestag hat am 12. Mai 2022 das komplette Steuerentlastungsgesetz 2022 beschlossen. Der Bundesrat hat am 20. Mai 2022 zugestimmt. Den vollständigen Gesetzestext finden Sie in der Bundesrats-Drucksache 205/22.


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Schlagworte zum Thema:  Lohnsteuerabzug, Grundfreibetrag, Pauschbetrag