Betriebsveranstaltungen sind ein Klassiker: Sommerfeste, Teamtage oder die gute alte Weihnachtsfeier, die bald wieder vor der Tür steht. Der Mix aus Geselligkeit, Teambuilding und Austausch, gepaart mit einem Dankeschön in Form eines guten Essens und/oder eines attraktiven Unterhaltungsprogramms, ist nach wie vor sehr beliebt. Klingt doch alles ganz einfach, oder? Wäre es auch, wenn es da nicht das deutsche Steuer- und Sozialversicherungsrecht gäbe. Denn wo gefeiert wird, ist das Finanzamt bekanntlich nicht weit. Und die Aussage "Das ist doch alles mit den 110 Euro Freibetrag geregelt" ist hier mittlerweile weit weg von der Wahrheit.
Doch beginnen wir von vorne. Was ist eigentlich eine "Betriebsveranstaltung"? Und warum interessiert das die Behörden?
Strenge Regeln für Betriebsveranstaltungen
Nicht jede Feier ist automatisch eine steuerlich begünstigte Betriebsveranstaltung - so viel ist mittlerweile allen klar. Damit das Finanzamt mitspielt, muss es sich um ein gesellschaftliches Event für alle Mitarbeitenden oder zumindest eine klar abgegrenzte Abteilung handeln. Auch das klingt in der Theorie ganz klar, doch in der Praxis finden sich auch andere Zusammenstellungen, z. B. eine VIP-Führungskräfte-Gala oder der Klassiker "Wir gehen nur mit der Abteilung zum Essen". Dazu kommen weitere Einschränkungen. So können nur bis zu zwei solcher Veranstaltungen im Jahr steuerfrei verbleiben. Findet eine dritte statt, ist diese steuerlich gesehen so willkommen wie ein DJ, der die Buchhaltung moderiert.
Der 110-Euro-Freibetrag: Klingt nach viel, ist es aber nicht
Die Anhebung des Freibetrags von 110 Euro auf 150 Euro war ja bereits in einigen Runden in den Gesetzgebungsverfahren geplant. Leider ist die Umsetzung bis dato aber nicht erfolgt. Das heißt: Pro Betriebsveranstaltung gilt ein Freibetrag von 110 Euro brutto pro Arbeitnehmer. Das umfasst alle Zuwendungen: Essen, Getränke, Raummiete, Musik, Unterhaltung, Shuttleservice, Deko, Geschenke, Servietten – und ja, selbst das Mietbesteck.
Der Freibetrag von 110 Euro für Betriebsveranstaltungen (bzw. Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen) besteht seit 2002. War die Inflation seit 2002 anfangs weitgehend moderat - die Jahresdurchschnitte lagen oft zwischen 1 und 2,5 Prozent -, stieg sie in den vergangenen Jahren stark an. Hier müsste eigentlich ein Verständnis dafür bestehen, dass ein seit mehr als 20 Jahren unveränderter Betrag nicht mehr zeitgemäß sein kann.
Wie kann es sein, dass beispielsweise die Betragsgrenzen für geldwerte Vorteile bei E-Autos über wenige Jahre hinweg verdoppelt werden, obwohl diese nur Wenigen zugute kommen, während steuerliche Ansätze, die nahezu die gesamte Belegschaft betreffen, nicht verabschiedet werden? Ich möchte die Bedeutung von E-Autos nicht schmälern und die Förderung dieser Bereiche ist sicher absolut wichtig. In Zeiten des Fachkräftemangels wächst aber die Notwendigkeit, Arbeitnehmern etwas Gutes zu tun, und gerade Betriebsveranstaltungen können hier einen wertvollen Beitrag leisten.
Freigrenze und Freibetrag: Die Tücke liegt im Detail
Wie häufig im Steuerrecht muss genau hingesehen werden: Seit 2015 ist der Grenzbetrag von 110 Euro ein Freibetrag, keine Freigrenze mehr. Das heißt: Nur der Betrag, der über 110 Euro hinausgeht, wird steuerpflichtig. Klingt fair? Ja, ist aber schwer einzuhalten, wenn es ein gutes Buffet gibt oder zusätzlich Geschenke winken.
Hinzu kommt als eine weitere Herausforderung, dass Unternehmen ihren Mitarbeitenden oftmals die Möglichkeit bieten, den Partner oder andere Begleitpersonen zur Feier mitzubringen. Menschlich absolut verständlich, doch steuerlich gibt es keinen Extra-Freibetrag für Begleitpersonen. Die auf sie entfallenden Kosten werden dem jeweiligen Arbeitnehmer zugerechnet. Wer also mit Partner*in zur 130-Euro-Feier kommt, hat seinen Freibetrag um 20 Euro überzogen – und schon wird’s steuerlich (und sozialversicherungsrechtlich) aufwendig.
Korrekte steuerliche Berücksichtigung gleich Sozialversicherungsfreiheit? Leider nein
Wir wissen: In solchen Fällen kann der Arbeitgeber den übersteigenden Betrag pauschal mit 25 Prozent versteuern, dann bleibt dieser sozialversicherungsfrei. Doch das deutsche Recht hat auch hier seine Tücken parat: die Versteuerung muss nämlich nach dem Willen des Gesetzgebers vor dem 28. Februar des Folgejahres erfolgen. Erfolgt die Versteuerung erst später, fällt trotz korrekter pauschaler Versteuerung die Sozialversicherung an. Und diese Nachberechnungen haben es ganz schnell in sich. Die Entschuldigung "Vergessen" gibt es hier nicht: Die Sozialversicherungsbehörden prüfen sämtliche Unternehmen mindestens alle vier Jahre und nehmen diese Fälle auf. Dann kommen Säumniszuschläge hinzu - und die haben es gerade bei der Sozialversicherung in sich: 1 Prozent pro Monat kann zu sehr großen Summen an zusätzlicher Belastung führen.
Welchen Nutzen dieser Säumniszuschlag birgt? Ich weiß es nicht. Weder hat der einzelne Arbeitnehmer davon eine Zurechnung auf seine Rente, noch hat dies einen lehrreichen Effekt. Arbeitgeber führen die Pauschalsteuer ja nicht absichtlich zu spät ab, sondern tun sich oftmals schwer in der Zusammenstellung der Rechnungen und der Einbeziehung aller Details. Eine große Hilfestellung wäre daher die Streichung der Säumniszuschläge bei diesen Ansätzen.
Geschenke, Streuartikel, Tombolas – und das große Steuerlotto
Neben der Option der Geschenke an Mitarbeitende ist es in vielen Unternehmen üblich, Geschenke von Kunden zu erhalten. Und diese Geschenke werden oft im Rahmen einer Betriebsveranstaltung verlost - damit nicht nur die Vertriebskollegen und der Einkauf, der im Kundenkontakt steht, an diesen Ansätzen partizipieren können. Ein kleines Geschenk für alle, ein bisschen Werbematerial mit Firmenlogo, oder eine spaßige Tombola – was soll da schon schiefgehen?
In steuerlicher Hinsicht leider sehr viel, denn alle diese Zuwendungen zählen zum Gesamtaufwand pro Person. Ein Geschenk im Wert von 40 Euro, dazu Buffet und Getränke im Wert von 75 Euro – und schon ist der Freibetrag verloren bzw. überschritten. Tombolas und Verlosungen sind noch "gefährlicher": Gewinne werden dem Gewinner individuell zugerechnet, egal, wie zufällig sie verteilt wurden. Wer also den Bluetooth-Speaker im Wert von 80 Euro gewinnt und vorher schon 100 Euro "verbraucht" hat, wird vom Glückspilz zum Steuerpflichtigen, was sicherlich keine Begeisterung beim Mitarbeiter auslöst.
Auch hier müssen Arbeitgeber wieder genau planen und Lösungen suchen, die den Glückspilz auch in der Glückseligkeit über den Gewinn belassen. Um das zu ermöglichen, muss der Arbeitgeber die Steuer übernehmen, was - da es sich um Sachbezüge handelt - absolut denkbar ist. Nach § 37 b EStG dürfen Unternehmen abweichend zur Betriebsveranstaltung und der Versteuerung mit 25 Prozent eine pauschale Versteuerung mit 30 Prozent vornehmen. Der Haken an der Sache ist aber, dass die Pauschalierung nach § 37 b nicht steuerfrei ist und der Arbeitgeber somit neben den Kosten für die Pauschalsteuer auch die Kosten für die Sozialversicherung und dort für die Anteile von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu übernehmen hat. In Deutschland macht das round about 40 Prozent aus. So wird ein Geschenk im Wert von 80 Euro - um bei unserem Beispiel zu bleiben - schnell zu einem Kostenfaktor für den Arbeitgeber von rund 50 Euro Pauschalsteuer und Sozialversicherung. Aus Arbeitgebersicht vergeht einem da der Spaß an der Veranstaltung.
Remote-Feier und Geschenkkorb – digitale Nähe, reale Steuerlast
Die etwas "abgespeckte", in Zeiten von Homeoffice und digitalen Betriebsveranstaltungen beliebte Variante wäre: Weinpakete per Post, Online-Quiz und ein bisschen Zoom-Stimmung. Und ja, auch diese Varianten können Betriebsveranstaltungen im steuerlichen Sinne sein. Geschenke oder sogenannte Fresskörbe, die im Zusammenhang mit der Feier verschickt werden, zählen ebenfalls in den Freibetrag – inkl. Porto und Verpackungskosten. Ein 85-Euro-Korb plus 15 Euro Versand? Ergibt 100 Euro.
Und auch wenn ich mich wiederhole: Erneut muss man hier alles sehr genau und kleinkariert betrachten, denn entscheidend ist steuerlich der zeitliche Zusammenhang. Wird der Geschenkkorb Wochen vor oder nach dem Event verschickt, erkennt das Finanzamt oftmals keinen Zusammenhang. Der Korb mutiert zum steuerpflichtigen Einzelgeschenk – und da sind wir wieder bei der Belastung von circa 70 Prozent an den Arbeitgeber, resultierend aus einer Pauschalsteuer von 30 Prozent und Sozialversicherungsanteilen von 40 Prozent.
Mein Fazit: Betriebsfeiern sind für die Mitarbeitenden ein Vergnügen, für die Lohnbuchhaltung aber eher ein Drahtseilakt. Wer Betriebsveranstaltungen lohnbuchhalterisch sauber gestalten will, braucht mehr als nur gute Musik – nämlich Überblick, Organisationstalent und einen steuerlich genauen Blick. Dann klappt's auch ohne böse Überraschungen bei der nächsten Lohnsteuer-Außenprüfung.
Über die Kolumnistin: Birgit Ennemoser ist mit knapp 30 Jahren praktischer Erfahrung in den verschiedenen Sparten des Personalwesens vorrangig beratend sowie als Trainerin, Seminarleiterin und Autorin tätig. Seit 2009 leitet sie das Geschäftsfeld Personal Services der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Rechtsberatung Auren in Stuttgart.