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Betriebsveranstaltungen

Aktuelle Urteile zur Betriebsveranstaltung: Voraussetzungen und Freigrenze


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Betriebsveranstaltung: Voraussetzungen und Freigrenze

Nach höchstrichterlicher Entscheidung kann eine Betriebsveranstaltung auch dann vorliegen, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Die Verwaltung wendet das Urteil inzwischen an. Eine weitere aktuelle Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage, ob auch solche Anlässe für steuerlich begünstigte Veranstaltungen genutzt werden können.

Zuwendungen des Arbeitgebers anlässlich einer Betriebsveranstaltung bleiben bis zu einem Betrag von 110 Euro je Feier steuerfrei (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG). Unstreitige Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags ist, dass die Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Ist der Steuerfreibetrag von 110 Euro bei Betriebsveranstaltungen überschritten oder werden mehr als zwei Veranstaltungen durchgeführt, liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Er kann mit 25 Prozent pauschal besteuert werden (§ 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 EStG).

Der Fall: Betriebsveranstaltung für ausgesuchten Teilnehmerkreis

In einem aktuellen Verfahren beim Bundesfinanzhof (BFH, Aktenzeichen VI R 5/22) war zu klären, ob als Voraussetzung für die Pauschalbesteuerung ebenfalls eine Teilnahmemöglichkeit für alle Beschäftigten bestehen muss. Im Streitjahr veranstaltete der Vorstand der Klägerin in eigenen Räumlichkeiten eine Weihnachtsfeier, zu der nur die Mitglieder des Vorstandes eingeladen waren. Neben Getränken und einem mehrgängigen Menü wurde der Raum dekoriert und musikalische Untermalung dargeboten. Die aufgewendeten Kosten betrugen mehr als 8.000 Euro.

Im gleichen Jahr wurde eine Weihnachtsfeier für Beschäftigte ausgerichtet, die zum oberen Führungskreis bzw. Konzernführungskreis gehören. Dabei handelte es sich um Mitarbeitende, die ein bestimmtes Karrierelevel erreicht hatten, aber nicht um einen eigenständigen Betriebsteil. Die von der Klägerin für diese Veranstaltung aufgewendeten Kosten betrugen fast 170.000 Euro.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung wurden die Aufwendungen für beide Weihnachtsfeiern als steuerpflichtiger Arbeitslohn erfasst und entsprechende Lohnsteuer-Nachforderungen gestellt. Der Freibetrag von 110 Euro war unstreitig nicht zu gewähren. Das Finanzamt verweigerte jedoch auch die Anwendung des Pauschalsteuersatzes von 25 Prozent, weil die Teilnahme an den beiden Veranstaltungen nicht allen Mitarbeitenden offengestanden habe. Aus Klägersicht ist das "Offenstehen für alle Mitarbeitenden" kein Definitionsmerkmal des Begriffs "Betriebsveranstaltung" und damit für die Pauschalbesteuerung nicht erforderlich.

Pauschalbesteuerung gilt auch für Veranstaltungen mit ausgewähltem Teilnehmerkreis

Bereits die Erstinstanz (FG Köln, Urteil vom 27. Januar 2022 - 6 K 2175/20, EFG 2022 S. 874) und anschließend auch der BFH (Urteil vom 27. März 2024 - VI R 5/22) haben die Klägersicht bestätigt. Dem Begriff der Betriebsveranstaltung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG) lasse sich nicht entnehmen, dass eine entsprechende Veranstaltung allen Betriebsangehörigen offenstehen müsse. Der Gesetzgeber habe die Vorschrift mit Wirkung ab 2015 umstrukturiert und die Voraussetzung des "Offenstehens" nur noch in Verbindung mit der Gewährung des Freibetrags von 110 Euro, (im Satz 3 der Vorschrift) normiert.

Im Urteilsfall wurden demnach zutreffend sämtliche Aufwendungen pauschalversteuert.

Hinweise: Weitere Einzelheiten zur Behandlung von Betriebsveranstaltungen, zum Freibetrag und zur Pauschalbesteuerung enthält das BMF-Schreiben vom 14. Oktober 2015 - IV C 5 - S 2332/15/10001 (BStBl 2015 I, 832).

Urteil über den Einzelfall hinaus anwendbar

Die Verwaltung hat die Entscheidung inzwischen im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Sie ist damit in entsprechenden Fällen uneingeschränkt anwendbar (BStBl 2024 II S. 748).

Überschreiten der 110 Euro bei ähnlichen Veranstaltungen

In vielen Unternehmen werden auch individuelle Anlässe, wie runde Geburtstage oder Verabschiedungen gefeiert. Eine aktuelle Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage, ob auch solche Anlässe für steuerlich begünstigte Veranstaltungen genutzt werden können.

Betriebsveranstaltung zur Feier einzelner Beschäftigter

Die Ehrung eines einzelnen Jubilars oder eines einzelnen Arbeitnehmenden z. B. beim Ausscheiden aus dem Betrieb, auch unter Beteiligung weiterer Arbeitnehmenden, ist keine Betriebsveranstaltung. Zu Sachzuwendungen aus solchem Anlass gibt es jedoch eine – offensichtlich inhaltlich überholte und in sich nicht schlüssige – Richtlinienregelung der Verwaltung (R 19.3 Absatz 2 Nummer 3 und 4 LStR 2023):

  • Bis 110 Euro je Teilnehmer/-in entstehen auch hier keine steuerpflichtigen Vorteile.
  • Bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 Euro werden die Kosten für Verabschiedungen dem Arbeitnehmenden in voller Höhe als steuerpflichtiger Arbeitslohn zugerechnet - unabhängig davon, ob die Veranstaltung im betrieblichen Interesse liegt oder nicht (R 19.3 Abs. 3 Nr. 3 LStR).
  • Dagegen wird bei (runden) Geburtstagsfeiern nur der auf den Arbeitnehmenden und seine (privaten) Gäste entfallende Anteil als Arbeitslohn behandelt, wenn die 110 Euro überschritten werden (R 19.3. Abs. 3 Nr. 4 LStR).

Gericht widerspricht der Verwaltungsauffassung

Diese Regelung und insbesondere die dortige Differenzierung kritisiert das Finanzgericht (FG) Niedersachsen deutlich (Urteil vom 14. Mai 2024 - 8 K 66/22): Die Unterscheidung der Aufwendungen in solche anlässlich einer Verabschiedung, die bei Überschreiten der Freigrenze von 110 Euro insgesamt zu Arbeitslohn führen sollen, und in solche anlässlich eines runden Geburtstages, die bei Überschreiten der Freigrenze von 110 Euro lediglich hinsichtlich des Betroffenen und seiner privaten Gäste zu Arbeitslohn führen sollen, sei nicht nachvollziehbar.

Veranstaltet ein Arbeitgeber anlässlich der Verabschiedung eines Arbeitnehmenden einen Empfang, so ist auch bei Überschreiten der Freigrenze unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob es sich um ein Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung) oder um ein privates Fest des Arbeitnehmers handelt.

Urteilsfall: Verabschiedung des Vorstandsvorsitzenden

Im Urteilsfall war die Klägerin ein Geldinstitut. Im Streitjahr trat der damalige Vorstandsvorsitzende in den Ruhestand und schied aus dem Vorstand aus. In diesem Zusammenhang veranstaltete die Klägerin einen Empfang in den Geschäftsräumen ihrer Unternehmenszentrale. Unter den ca. 300 geladenen Gästen befanden sich u.a. frühere und jetzige Vorstandsmitglieder, ausgewählte Mitarbeitende sowie der Verwaltungsrat, Angehörige des öffentlichen Lebens aus Politik, Verwaltung sowie bedeutenden Unternehmen und Institutionen aus der Region. Zudem waren acht Familienangehörige als Gäste geladen. Im Rahmen des Empfangs stellte die Klägerin auch ihren neuen Vorstandsvorsitzenden vor.

Nach einer Lohnsteueraußenprüfung erkannte das Finanzamt die Veranstaltung nicht als Betriebsveranstaltung an und rechnete die Kosten dem ausscheidenden Vorstand als Arbeitslohn zu, da nicht alle Beschäftigten eingeladen waren und die Aufwendungen die Freigrenze von 110 Euro je Teilnehmer überschritten.

Nach dem Urteil des FG ist jedoch nur in einem geringen Umfang Arbeitslohn des ausscheidenden Vorstands für sich und seine Familienangehörigen anzunehmen. Das FG will die hinsichtlich eines Fests des Arbeitgebers aus Anlass eines runden Geburtstages geltende Regelung auch für den Fall der Verabschiedung anzuwenden. Es ist der Auffassung, dass ein Fest anlässlich der Diensteinführung oder der Verabschiedung sogar eher den betrieblichen Bereich des Arbeitgebers betrifft als ein runder Geburtstag.

Ergebnis: Soweit die Klägerin beantragt hat, (nur) den auf den ausscheidenden Vorstand und dessen persönliche Gäste entfallenden Kostenanteil zu versteuern - und zwar pauschal mit 30 % der aufgewendeten Kosten (§ 37b Abs. 2 EStG) -, ist das FG dem Antrag der Klägerin gefolgt.

Ausblick und Handlungsbedarf

Die endgültige Klärung der Frage ist dem Bundesfinanzhof vorbehalten. Die Finanzverwaltung hat Revision eingelegt (Az. des BFH: VI R 18/24). Entsprechende Fälle sollten unbedingt offengehalten werden. Denkbar ist das bereits im Rahmen des Lohnsteuerabzugs, aber spätestens erforderlich im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung.