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Gehaltsextras – oft gelobt und vielfach verteufelt


Kolumne: Gehaltsextras haben Vorteile und Nachteile

Gehaltsextras – auch steuerbegünstigte oder geldwerte Vorteile genannt – bieten für Arbeitgeber und Arbeitnehmende finanzielle sowie motivatorische Vorteile. Gleichzeitig sorgen sie aber für rechtliche und praktische Herausforderungen, die oftmals unterschätzt werden. Kolumnistin Birgit Ennemoser gibt Einblick in ihre Erfahrungen mit dem Thema Gehaltsextras.

Es gehört heutzutage fast schon zum guten Ton, den Mitarbeitenden zusätzliche Leistungen neben dem regulären Gehalt zu gewähren. Da es so viele Unternehmen vormachen, werden diese Gehaltsextras oftmals "einfach eingeführt". Die Tücke der Gehaltsextras liegt aber wie so oft im Detail, daher ist eine Einführung als Schnellschuss keine gute Idee. 

Gehaltsextras: Die Vorteile liegen auf der Hand, die Nachteile nicht

Warum? Möglichkeiten von Gehaltsextras gibt es viele. Schauen wir uns einmal die in aller Munde befindlichen Sachbezüge nach § 8 EStG an. Als Beispiele lassen sich hier Tank- oder Einkaufsgutscheine benennen, oft verbirgt sich dahinter aber auch die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio oder auch ein Fahrtkostenzuschuss. In dieser beispielhaften Aufzählung lässt sich auch schon die Problematik erkennen: Was genau ist denn ein Sachbezug nach § 8 EStG? Welchen Rahmenbedingungen muss dieser folgen? Gibt es gesetzliche Vorgaben? Der Vorteil liegt auf der Hand: Steuerbegünstigung. Aber selten ist etwas im Leben nur positiv. Gibt es also auch Nachteile und wenn ja, worin liegen diese?

Es gibt eine Vielzahl von weiteren solchen Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung. In der Praxis kennt man hier mehr als 80 Ansätze. Aber auch hier gilt: Schaut man diese genauer an, lässt sich rasch feststellen, dass von diesen 80 Möglichkeiten gerade einmal rund zehn mit einem administrativ sinnvollen Aufwand im Unternehmen einführbar sind. Dazu zählen beispielweise die Erholungsbeihilfe, die Fahrkostenzuschüsse für öffentliche Verkehrsmittel oder pauschal nach Kilometern oder die Internetzuschüsse. Bei anderen Maßnahmen wie der Überlassung von Firmenfahrrädern oder Firmenwagen sollte der Aufwand nicht unterschätzt werden, denn wenn allein zur Abwicklung der administrativen Begleitmaßnahmen ein Kollege in der Personalabteilung oder Lohnabrechnung zusätzlich benötigt wird, sind zumindest die sogenannten Einspareffekte durch Ersparnis von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer rasch unerheblich.

Dabei möchte ich keineswegs falsch verstanden werden: Ich sehe hier sehr viel Gutes, erlebe aber zu oft die bereits erwähnte rasche Einführung und dann ein böses Erwachen in der Lohnsteuer- und/oder Sozialversicherungsprüfung. Und wenn einer Einsparung einmal eine hohe Lohnsteuerforderung entgegensteht oder aber eine Nachverbeitragung in der Sozialversicherung, sehen die meisten Unternehmen diese Maßnahmen nicht mehr als positiv an. In der Folge kippt das Bild dann auch bei den Mitarbeitenden, wenn eine vermeintlich steuerfreie oder steuerbegünstigte Maßnahme nachträglich versteuert oder verbeitragt wird.

Die Tücke bei Gehaltsextras liegt - wie so oft - im Detail

Wie meist liegt der ganzen Thematik eine gute Basis zugrunde. Doch durch unterschiedlich versierte Beratung und den Fokus auf realisierbare finanzielle Einsparungen für Unternehmen wurden und werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen teils ins uferlose ausgedehnt. Interessant an dieser Thematik ist dann, dass die meisten Berater eine steuerliche und rechtliche Beratung im Kleingedruckten ihrer Verträge ausschließen bzw. nicht für diese haften. Inhaltlich ist dies auch absolut richtig, da eine Haftung hier nur mit entsprechender Ausbildung übernommen werden kann. Wichtig wäre aber, die Kunden nicht nur im Kleingedruckten zu informieren, sondern offen auf die Risiken und Problemstellungen hinzuweisen.

Die meisten Berater empfehlen immerhin die Ausführung einer Anrufungsauskunft. Im Rahmen dieser werden die steuerbegünstigen Sachverhalte gegenüber der zuständigen Lohnsteuerbehörde vorgestellt, erläutert und deren steuerliche Vorteile entsprechend bestätigt. Leider muss ich mich wiederholen, denn auch hier liegt die Tücke im Detail: Eine Anrufungsauskunft umfasst immer nur genau den dargestellten Sachverhalt. Wird von diesem in der Praxis abgewichen, greifen die bestätigten Steuervergünstigen nicht mehr und es kommt zur bereits angekündigten Nachversteuerung im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung.

Ein Rechenbeispiel offenbart die Ausmaße

Auch hier gibt es viele findige Hinweise im Vorfeld: "Lohnsteuer ist eine reine Arbeitnehmersteuer", "der Mitarbeiter muss die Lohnsteuer tragen", "die Lohnsteuer kann im Nachgang über die Einkommensteuer korrigiert werden" und so weiter. Inhaltlich sind auch diese Aussagen grundsätzlich korrekt, jedoch nutzen sie in der Praxis nicht viel. Man stelle sich vor, dass ein Mitarbeiter jeden Monat 50 Euro steuerfrei vom Arbeitgeber erhalten hat, und dies über vier Jahre hinweg - denn Lohnsteuerprüfungen finden in der Regel ja alle vier Jahre statt. Im Rahmen der Lohnsteuerprüfung wird dann ein Bedarf an Nachversteuerung festgestellt: Wir sprechen hier von 50 Euro x 12 Monate x 4 Jahre und damit von 2.400 Euro, die für den Mitarbeiter nachversteuert werden müssten. Abhängig von der Steuerklasse und den Einkommensteuerverhältnissen ist dies mit einer Lohnsteuerbelastung verbunden, die kein Mitarbeiter gerne im Nachgang abgezogen bekommt.

Wurde immerhin ein echter Sachbezug gewährt, wäre eventuell eine Nachversteuerung nach § 37 b EStG mit 30 Prozent Pauschalsteuer denkbar – was aber auch 720 Euro ausmachen würde. Und vergessen wir nicht die pauschalen Zusatzsteuern: Abhängig vom Bundesland sind für die Kirchensteuer mindestens 4,5 Prozent, also 32,40 Euro, und für den Soli-Zuschlag noch einmal 5,5 Prozent und damit 39,60 Euro zu bezahlen.

Und damit nicht genug: Ist ein Sachverhalt nach § 37 b EStG pauschal zu versteuern, wird dieser auch sozialversicherungspflichtig. Da die Sozialversicherung aber nachträglich übernommen wird, kann diese nicht mehr auf den Mitarbeiter belastet werden. Der Arbeitgeber hat somit die Anteile von Arbeitgeber und Arbeitnehmer komplett zu übernehmen und damit rund 40 Prozent Sozialversicherungskosten zusätzlich zu tragen – berechnet auf 2.400 Euro wären das 960 Euro. Und auch damit sind wir nicht am Ende angekommen: Wenn Sie als Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge für Ihre Mitarbeiter übernehmen, entsteht daraus ein geldwerter Vorteil, da die Arbeitnehmerbeiträge ja eigentlich der Mitarbeiter selbst erbringen müsste. Aus einer steuerfreien Zahlung von 2.400 Euro entstehen also Nachversteuerungen und -verbeitragungen von knapp 800 Euro Lohnsteuer und 960 Euro Sozialversicherung, in Summe also 1.760 Euro Lohnnebenkosten. Und dabei sind noch nicht einmal eine Insolvenzgeldumlage noch andere Umlagen sowie die Berufsgenossenschaftsbeiträge berücksichtigt.

Ein genauer Blick auf die Risiken lohnt sich

Sollte man unter diesen Gesichtspunkten dem Thema Gehaltsextras nicht von Beginn an etwas mehr Aufmerksamkeit schenken und die Sachverhalte vorab detailliert aufsetzen? Ich selbst begleite solche Ansätze seit mehr als 30 Jahren. In dieser Zeit haben sich die Rechtsprechung sowie die Auslegung zum Handling der Gehaltsextras immer wieder geändert - und in der Regel verschärft. Arbeitgeber sollten sich also nicht durch vermeintlich klar definierte steuerbegünstige Sachverhalte verführen lassen. Zudem heißt Steuerfreiheit nicht immer zwangsläufig Sozialversicherungsfreiheit – im Gegenteil. Einschätzung und Realität liegen hier oftmals weit auseinander und die Folgen können eklatant sein. Die Lohnsteuer wird oftmals pauschal nacherhoben, was zu einem pauschalen Lohnsteueransatz von circa 70 Prozent führen kann. Bei der Sozialversicherung aber fallen neben den eigentlichen Beiträgen noch bis zu 1 Prozent Säumniszuschlag pro Monat an, im schlimmsten Fall also 48 Prozent.

Steuerfreie Sachbezüge bis 50 Euro monatlich wurden gemäß BMF-Schreiben von 2022 sehr umfangreichen Rahmenbedingungen unterworfen. Der Vorteil der Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit bei Einhaltung der Grenze steht aber dem Risiko gegenüber, dass bei Überschreitung der Grenzen die gesamte Leistung steuer- und sozialversicherungspflichtig wird. 

Dem Kindergartenzuschuss gemäß § 3 Nr. 33 EStG - der steuerfrei für nicht-schulpflichtige Kinder verbleibt, sofern dieser zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt wird, und der damit eine direkte Unterstützung für Familien bietet - steht das Risiko gegenüber, dass zwingend Nachweise von zweckgebundenen, externen Kosten nötig sind und eine Entgeltumwandlung untersagt ist.

Den Maßnahmen der Gesundheitsförderung nach § 3 Nr. 34 EStG von bis zu 500 Euro jährlich steuerfrei für zertifizierte Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und damit der Förderung der Mitarbeitergesundheit steht das Risiko gegenüber, dass nur sehr wenige Maßnahmen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Zuschüsse zu Fitnessstudios, eGym, Wellpass und Co. sind davon nicht erfasst.

Gehaltsextras sind ein wirkungsvolles Instrument zur Mitarbeitermotivation und -bindung. Sie bieten oft steuerliche Vorteile und können flexibler gestaltet werden als klassische Gehaltserhöhungen. Wichtig sind jedoch eine saubere steuerliche Gestaltung, ein guter Überblick über die Rechtsvorschriften und eine transparente Kommunikation gegenüber den Mitarbeitenden. Und diese Schritte sollten wir alle nie aus den Augen verlieren.


Über die Kolumnistin: Birgit Ennemoser ist mit knapp 30 Jahren praktischer Erfahrung in den verschiedenen Sparten des Personalwesens vorrangig beratend sowie als Trainerin, Seminarleiterin und Autorin tätig. Seit 2009 leitet sie das Geschäftsfeld Personal Services der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Rechtsberatung Auren in Stuttgart.


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