
Der Bundestag hat die Einführung eines Lobbyregisters beschlossen. Mit dem Gesetz werden Profi-Interessenvertreter verpflichtet, sich in ein öffentlich einsehbares Register einzutragen – sonst drohen empfindliche Strafen. Der "exekutive Fußabdruck", der das Ganze noch verschärft hätte, kommt allerdings nicht.
Die Fraktionen von Union und SPD hatten sich nach langen, zähen Verhandlungen am 2. März auf wesentliche Punkte für ein Gesetz über ein Lobbyregister geeinigt. Das Bundeskabinett hat das Lobbyregistergesetz am 18. März gebilligt. Der Bundestag hat am späten Abend des 25. März in zweiter und dritter Lesung zugestimmt. Der CDU-Abgeordnete Patrick Schnieder erklärte, Interessenvertretung sei nicht per se etwas Schlechtes, müsse aber transparent gemacht werden.
Das gesetzliche Lobbyregister soll für den Bundestag (Abgeordnete, Fraktionen) und für die Bundesregierung gelten. Professionelle Interessenvertreter müssen sich künftig in ein Verzeichnis eintragen, das digital vom Bundestag geführt wird und der Öffentlichkeit zugänglich ist. Bei Verstößen soll ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro drohen.
Registrierpflicht für Lobbyisten: Wer sich in die Liste eintragen muss
Die Registrierungspflicht gilt, wenn die Lobbyarbeit regelmäßig betrieben wird, auf Dauer angelegt ist oder geschäftsmäßig für Dritte unternommen wird – und wenn innerhalb der jeweils vergangenen drei Monate mehr als 50 unterschiedliche Kontakte zur Interessenvertretung aufgenommen wurden. Angaben müssen gemacht werden zu Arbeits- oder Auftraggeber, Anzahl der Beschäftigten und finanziellen Aufwendungen. Einzelne Kontakte müssen Lobbyisten nach SPD-Angaben nicht offenlegen.
Ein entscheidender Faktor sei, dass seitens der Bundesregierung Treffen bis hinunter zur Ebene eines Unterabteilungsleiters eine Pflicht zum Eintrag in das Register begründen, weil Gesetzentwürfe ganz überwiegend innerhalb der Regierung erarbeitet würden, erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Aus diesem Grund wäre es auch sinnvoll gewesen, noch transparenter zu machen, wessen Anliegen von einem Gesetzentwurf betroffen ist und wer sich in den Gesetzgebungsprozess eingebracht hat.
Lobbyregistergesetz: Kein "exekutiver Fußabdruck"
Was die Ministerin anspricht ist der sogenannte "exekutive Fußabdruck" (von Lambrecht so genannt, weil die Gesetze in den Ministerien als Teil der Exekutive entworfen werden). Gemeint ist ein Instrument, das kenntlich machen soll, wie Gesetzestexte konkret durch das Eingreifen oder die Mitarbeit von Lobbyisten verändert wurden – diesen "exekutiven Fußabdruck wird es im Lobbyregistergesetz des Bundes aber nicht geben. Damit hätten die Ministerien verpflichtet werden können, den Einfluss von Lobbyisten an Gesetzentwürfen öffentlich zu dokumentieren. Die SPD war dafür, die Union dagegen.
Matthias Bartke, der für die Sozialdemokraten den Kompromiss mit CDU und CSU ausgehandelt hatte, sprach am Donnerstagabend im Bundestag von einem "erheblichen Wermutstropfen", weil die Union den "exekutiven Fußabdruck" verhindert habe. Für den Justiziar der Unionsfraktion, Michael Frieser (CSU), wäre dies jedoch "ein Irrsinn an bürokratischer Verwaltung" geworden.
Kritik kommt von Opposition und Transparency International
Die Opposition hält die von SPD und Union ausgehandelten Regelungen nicht für ausreichend. "Insgesamt ist der Entwurf eine große Enttäuschung mit scheunentorgroßen Ausnahmen", sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Marco Buschmann. Linksfraktions-Geschäftsführer Jan Korte nannte das Register pseudo-transparent. Er betonte, Bevölkerung und Abgeordnete hätten ein Recht zu wissen, welche Lobbyisten auf welche Regelungen in den Regierungsentwürfen Einfluss genommen haben. Auch FDP und Grüne hatten einen "exekutiven Fußabdruck" (die Opposition nennt den jedoch "legislativen Fußabdruck" – das soll die Einflussnahme auf den Gesetzgebungsprozess insgesamt beschreiben) begrüßt.
Auch Transparency International beklagte große Mängel: "Wir werden auch in Zukunft keine Transparenz über die konkrete Lobbyarbeit bekommen oder höchstens eine sehr dünne", sagte Deutschland-Chef Hartmut Bäumer der "Augsburger Allgemeinen". Opposition und Transparenzorganisationen kritisieren die neuen Regeln als unzureichend.
Baden-Württemberg bekommt ein scharfes Lobbyregistergesetz
Den "exekutiven Fußabdruck" sucht man in Baden-Württemberg nicht vergeblich. Die Fraktionen im Stuttgarter Landtag hatten sich vor der Wahl am 14. März bereits Ende Januar 2021 auf einen Entwurf für ein Lobbyregistergesetz geeinigt, das für Parlament und Landesregierung gelten soll. Der Grünen-Politiker Uli Sckerl sprach vom bundesweit modernsten Gesetz für Transparenz in der Politik: "Zum ersten Mal wird es eine sogenannte 'exekutive Fußspur' geben, mit der die Landesregierung Rechenschaft ablegt, wer beim Zustandekommen eines Gesetzesentwurfs mitgewirkt hat."
Das Gesetz könnte noch im März in Kraft treten. Baden-Württemberg wäre dann das erste Bundesland mit einem gesetzlich verankerten Lobbyregister. Auch hier ging es nicht ganz ohne Zugeständnisse bei der Schärfe der Regeln vonstatten. Die von der SPD geforderten Bußgelder bei Verstößen gegen die Registrierungspflicht wurden gestrichen, die Interessenvertreter sollen stattdessen nur gerügt und von Anhörungen ausgeschlossen werden, wenn sie wiederholt gegen die Registrierungspflicht verstoßen.
Lobbyarbeit in Hessen: Lösung ohne eigenes Gesetz?
In Hessen wird ein Lobbyregister seit Jahren diskutiert, der aktuelle Koalitionsvertrag sieht ein solches auch vor, doch bislang hat sich die schwarz-grüne Landesregierung nicht auf eine gesetzlich geregelte Kontrolle von Lobbyisten geeinigt. Die CDU-Abgeordnete Astrid Wallmann erklärte bei der Plenarsitzung am 3.2.2021, die Lobbyarbeit könne über die Geschäftsordnung des Landtags geregelt werden – dies müsse nicht mit einem eigenen Gesetz geschehen. Die Hessen-AfD hatte zur ersten Lesung ihren eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. In Berlin befindet sich ein Gesetzentwurf für ein Lobbyregister derzeit zur Abstimmung in der Koalition.
In Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sind zwar bereits Lobbyregister in Kraft, aber nicht gesetzlich verankert, sondern in den Geschäftsordnungen des jeweiligen Landtags geregelt.
GdW: "Offenlegung von Parteispenden ab dem ersten Euro"
Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft, GdW, kritisierte im Februar den Gesetzentwurf der Bundesregierung als zu unscharf. "Um gezielt gegen einzelne schwarze Schafe unter den Interessenvertretern vorzugehen, sind deutlich klarere und treffsicherere Regelungen notwendig", sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko. Vor allem müsse der Begriff "Interessenvertretung" präziser definiert und eindeutiger geregelt werden, welche konkreten Aktivitäten in einem Register erfasst werden müssen und welche nicht.
"Die Arbeit von seriösen Fachverbänden darf nicht durch unverhältnismäßige, unklare und bürokratische Maßnahmen belastet werden", so Gedaschko. Eine deutlichere Abgrenzung zwischen legitimen Interessenvertretern und "dubiosen Lobbyisten" im neuen Gesetz sei deshalb überfällig. Um indirekte oder verdeckte Einflussnahmen offenzulegen, müsse der Hebel auch bei den Parteispenden angesetzt werden, sagte Gedaschko: "Parteispenden sollten generell vom ersten Euro an offengelegt werden." Bisher ist eine Offenlegung von Spenden erst ab einer Höhe von 10.000 Euro vorgesehen.
Kommen auch noch schärfere Regeln für Abgeordnete?
Die Bundesregierung hatte einen Entwurf für ein Lobbyregistergesetz im September 2020 zur ersten Lesung in den Bundestag eingebracht. Im Oktober 2020 folgte eine Anhörung von Sachverständigen im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung.
Über schärfere Verhaltens- und Transparenzregeln für Abgeordnete als Konsequenz aus der Maskenaffäre gab es keine Einigung bei den Gesprächen am Mittwoch. Bei den Verhandlungen schlug die Union vor, auch über das Thema der bezahlten Vorträge von Abgeordneten zu reden. Zudem sollte man darüber nachdenken, auch die Beteiligung von Parteien an Medienunternehmen zu thematisieren.
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