Hinweisgeberschutzgesetz: Fristen für die Immobilienbranche

Das Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet auch die Immobilienbranche zur Einrichtung interner Meldestellen für sogenannte Whistleblower: Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten haben noch eine Schonfrist bis zum 17. Dezember. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder.

Das Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG) trat am 2. Juli in Kraft: Private Unternehmen mit – in der Regel – 50 bis 249 Beschäftigten müssen später als größere Firmen erst ab dem 17.12.2023 interne Meldestellen einrichten. Bei Verstößen kann es teuer werden.

Whistleblower: Wer ist geschützt, wer muss handeln?

Nach dem HinSchG werden Personen, "die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen (hinweisgebende Personen)" geschützt. Das gilt für Arbeitnehmer, Selbständige, Anteilseigener, Personen, die dem Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan angehören, Leiharbeiter, Freiwillige und Praktikanten sowie Mitarbeiter von Lieferanten oder Geschäftspartner. Darauf weist Sven Häberer, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Müller Radack Schultz, hin.

Das HinSchG gilt für alle Beschäftigungsgeber, bei dem mindestens eine Person beschäftigt ist. Die Einrichtung einer internen Meldestelle wird ab einer Anzahl von 50 Beschäftigten verpflichtend (§ 12 Abs. 1 HinSchG). "Mehrere private Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten können eine gemeinsame interne Meldestelle bestimmen und nutzen", so Häberer.

Meldestelle: Voraussetzungen, Regeln und Maßnahmen

Die internen und die – vom Gesetz festgelegten – externen Meldestellen müssen dem Rechtsanwalt Anwalt zufolge Einrichtungen schaffen, mittels derer Hinweisgeber mündlich oder in Textform ihre Hinweise einbringen können. Dem Hinweisgeber muss innerhalb von sieben Tagen von der Meldestelle eine Eingangsbestätigung erteilt werden; oder er muss nach drei Monaten und sieben Tagen eine Nachricht über den Bearbeitungsstand erhalten.

"Die Meldestelle prüft innerhalb dieser Zeit, ob der gemeldete Verstoß dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfällt, die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung, hält Kontakt mit dem Hinweisgeber, den sie auch um weitere Informationen ersuchen kann und ergreift angemessene Folgemaßnahmen", erklärt Häberer. Nach § 18 HinSchG können interne Untersuchungen bei den betroffenen Personen oder Arbeitseinheiten folgen oder die zuständigen Behörden informiert werden.

HinSchG: Freibrief für Whistleblower?

Der Hinweisgeber genießt laut Häberer durch das HinSchG einen zweifachen Schutz:

  • Zum einen ist es gesetzlich erlaubt, Informationen an die Öffentlichkeit zu tragen, wenn die Meldestellen nicht oder nicht fristgemäß reagieren – oder, wenn er hinreichenden Grund zur Annahme hat, dass der von ihm erkannte Verstoß so bedeutsam ist, dass die Öffentlichkeit sofort unterrichtet werden muss. Das Offenlegen unrichtiger Informationen über Verstöße ist verboten (§ 32 HinSchG).
  • Zum anderen – so der Fachanwalt weiter – wird nach den §§ 35 und 36 HinSchG seine Verantwortung für das "berechtigte Melden" von Verstößen ausgeschlossen und muss der Arbeitgeber, wenn er Repressalien gegenüber dem Hinweisgeber verhängt, auf dessen Klage hin beweisen (Beweislastumkehr), dass der Hinweisgeber zu Unrecht auf Verstöße hingewiesen hat. Die Rechtsprechung hat hier dem Whistleblower bislang selbst die Beweislast dafür aufgebürdet, den Verstoß zu beweisen.

Häberer dazu: "Ein Unterfangen, das häufig an der Unmöglichkeit der Beschaffung von Beweismitteln (auch Zeugen, die als Beschäftigte Pönalen ihrer Beschäftigungsgeber fürchten) gescheitert ist."

Bußgeld: Bis zu 50.000 Euro bei HinSchG-Verstößen

Zur Durchsetzung der Regelungen des HinSchG sind dort Bußgeldtatbestände aufgenommen, die – je nach Bedeutung des Verstoßes mit dem eine Meldung behindert oder Repressalien ergriffen wurden – zwischen 10.000 und 50.000 Euro als Pönale vorsehen.

"Insbesondere für kleine Unternehmen stellt das Hinweisgeberschutzgesetz eine weitere Belastung dar, weil zumindest der Verwaltungsaufwand erneut steigen dürfte", so Häberers Fazit. Es bleibe zu hoffen, dass die Behörden insbesondere in der Anfangszeit der Geltung des Gesetzes Augenmaß bei der Verhängung von Bußgeldern wegen der Nicht- oder nicht rechtzeitigen Einrichtung von internen Meldestellen walten lassen.

Das Hinweisgeberschutzgesetz: Hintergrund

Das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie in nationales Recht. Einen Entwurf gab es seit Ende 2020. Die alte Bundesregierung konnte sich aber nicht einigen. Die Frist dafür lief am 17.12.2021 ab. Die Europäische Kommission leitete Anfang 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Der Bundestag beschloss eine Fassung am 16.12.2022, zu der am 10.2.2023 der Bundesrat die Zustimmung verweigerte.

Bundestag und Bundesrat einigten sich schließlich im Vermittlungsausschuss auf Nachbesserungen am HinSchG. Der Kompromiss umfasst insbesondere Änderungen zu den Meldewegen für anonyme Hinweise, zu Bußgeldern und zum Anwendungsbereich des Gesetzes. Das überarbeitete HinSchG hat der Bundestag am 11.5.2023 verabschiedet – dem stimmte auch der Bundesrat zu. Das geltende HinSchG ist am 2.7.2023 in Kraft getreten.


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