EU-Whistleblower-Richtlinie: Das gilt in der Immobilienbranche

Wer Missstände in Unternehmen aufdeckt, soll keine rechtlichen Konsequenzen fürchten müssen. Die EU-Whistleblower-Richtlinie regelt den Hinweisgeberschutz. Unternehmen sollen passende Strukturen schaffen. Das betrifft auch die Immobilienbranche. Was gilt?

Die Frist zur Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie in nationales Recht ist am 17.12.2021 abgelaufen. Sie gilt damit grundsätzlich für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden oder mit einem jährlichen weltweiten Umsatz von zehn Millionen Euro aufwärts seit Januar 2022. Darauf weist das Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG) hin. Was gilt es nun zu beachten?

"Whisleblower-Gesetz": EU-Kommission rügt Deutschland

"Der Whistleblower riskiert mit einer Meldung nicht selten seinen Arbeitsplatz und damit auch sein Auskommen, er soll daher vor rechtlichen Konsequenzen und Vergeltungsmaßnahmen geschützt werden", erklärt ICG-Geschäftsführerin Karin Barthelmes-Wehr. Unternehmen müssten deswegen eigentlich seit Januar bereits ein System zur Meldung von Verdachtsfällen eingerichtet haben.

Allerdings hat es Deutschland bisher noch nicht geschafft, ein Gesetz zu verabschieden. Die Europäische Kommission (EU-Kommission) hat das Anfang des Jahres angemahnt und ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Ein Entwurf für ein deutsches Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) zur Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie liegt seit Ende 2020 vor. Die alte Bundesregierung konnte sich aber nicht einigen. Die Ampel-Koalition muss in den kommenden Monaten ein "Whistleblower-Gesetz" verabschieden.

Whistleblower-Regeln gelten für Mitarbeiter und externe Personen

Der sachliche Anwendungsbereich der EU-Richtlinie bezieht sich laut ICG zum einen auf die Meldung von Rechtsverstößen etwa im Bereich öffentliches Auftragswesen, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Umweltschutz, Schutz von Privatsphäre und personenbezogenen Daten. Zum anderen wird der persönliche Anwendungsbereich weit ausgelegt und umfasst alle Personen, die mit den Dienstleistungen des Unternehmens in Berührung kommen und im beruflichen Kontext Informationen über Verstöße erlangt haben. "Damit gelten die Regelungen sowohl für eigene Mitarbeiter als auch externe Personen", teilt das Institut mit.

Der Ablauf der Bearbeitung der Hinweise ist seit Januar formalisiert. Innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Meldung muss diese bestätigt werden; die Rückmeldefrist beträgt maximal drei Monate. Während der Investigation gilt das Vertraulichkeitsgebot, das heißt, die Identität des Whistleblowers darf ohne dessen Zustimmung nicht offengelegt werden. Ein Verstoß dagegen ist sanktionsbewährt. Ausnahmen gelten bei Behörden- und Gerichtsverfahren.

Compliance: Am internen Meldesystem führt kein Weg mehr vorbei

"Wer es mit Compliance ernst meint, verschafft den Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten die Möglichkeit, auf Fehlverhalten und interne Missstände hinzuweisen", rät Antonios Kotsis, Head of Legal & Compliance JLL und Leiter des Arbeitskreises Compliance des ICG. Die konsequente Aufklärung von Hinweisen und die daraus abgeleiteten Maßnahmen stärkten das Vertrauen der Mitarbeitenden in die Compliance-Bemühungen des Unternehmens und die Glaubwürdigkeit der Unternehmensleitung.

An einem internen Whistleblower-System führt nach Auffassung der Experten kein Weg mehr vorbei. Unternehmen sollten sich schnell mit dem Thema beschäftigen und aktiv werden. Grundsätzlich kann zwischen internen und externen Hinweisgebersystemen unterschieden werden, sowie nach "toolgestützten" (Instrument oder Methode) und persönlichen Kontaktwegen. Die Voraussetzungen im Überblick:

  • Das System muss Identität des Hinweisgebers vertraulich behandeln.
  • Der Meldekanal muss geschützt und sicher sein.
  • Personenbezogene Daten müssen DSGVO-konform verarbeitet werden.
  • Bearbeitungs- und Rückmeldefristen müssen eingehalten werden.
  • Unternehmen müssen Mitarbeiter und Externe über Meldemöglichkeiten und -prozess informieren.
  • Die Informationen müssen leicht zugänglich und verständlich aufbereitet sein.

"Die Unternehmensleitung hat die Möglichkeit, auf negative Entwicklungen zu reagieren und das Unternehmen besser vor Risiken zu schützen. Ein funktionierendes internes Meldesystem ist daher sinnvoll für beide – für das Unternehmen und die Mitarbeiter", so Barthelmes-Wehr abschließend.

Download: Die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern und ihre Bedeutung für Unternehmen in Deutschland (ICG)


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