Kommentar: Frauen müssen in der Immobilienbranche sichtbar werden

"Ein Ziel von null Prozent Frauen im Vorstand“, warf der Verein "Frauen in der Immobilienwirtschaft" auf der Expo Real den börsengelisteten Immobilienunternehmen vor. Hintergrund: Deren überschaubarer Frauenanteil in Führungspositionen. Ein Kommentar.

Wenn Sie auch in diesem Jahr auf der Expo Real waren, wird es Ihnen vermutlich ähnlich gegangen sein wie mir: Sie waren ebenso überrascht wie erfreut, dass doch so viel los war, Sie haben das im Laufe der Pandemie fast vergessene "Messe-Feeling" genossen – und Sie sind aus dem Netzwerken gar nicht mehr rausgekommen. Endlich wieder Austausch, richtig?

Ging mir genauso. Bis ich mit meiner Kollegin gerade irgendwo im Getümmel auf dem Weg zum nächsten Termin war. Es war ihre erste Expo Real. "Schon ein leichtes Männer-Übergewicht", kam der trockene Kommentar von meiner rechten Seite. Und während ich gerade sagte, "Willkommen in der Immobilienwirtschaft", fragte ich mich gleichzeitig, wann mir das zuletzt selbst aufgefallen war.

Man gewöhnt sich an alles

Die Antwort ist: Ich weiß es nicht. Als ich vor fünf Jahren in der Wohnungswirtschaft angefangen habe, spielte es für mich eigentlich gar keine Rolle, wie der Männer- oder Frauenanteil in Führungspositionen in der Branche aussah. Trotzdem war das genau das Thema, über das ich nach meinem ersten Arbeitstag mit meiner Familie sprach: Während ich eine deutliche Überzahl von Männern in den Führungspositionen des Unternehmens bemerkte, wurden die Assistenzaufgaben beinahe vollständig von Frauen übernommen.

Hat mich das gewundert? Absolut. Damals kannte ich sie zwar noch nicht, aber die "Immofrauen" haben Recht, wenn sie sich Jahr für Jahr auf Studien berufen, die diversen beziehungsweise gemischten Führungsteams eine höhere Erfolgsquote bescheinigen. Konnte ich mir damals das Ungleichgewicht erklären? Na klar, mit dem Gender Gap hatte ich mich schon im Studium beschäftigt. Aber die mit Abstand wichtigste Frage aus heutiger Sicht: Hat es mich denn gestört? Damals: Nein.

Aktiv werden, sichtbar sein

"Chancengleichheit und Gleichberechtigung sind als Thema zunehmend en vogue. Aber ein Blick in die männlich dominierten Führungsetagen von Immobilienunternehmen zeigt: Hier handelt es sich oft noch um Lippenbekenntnisse", so hat es Katrin Williams, Vorstandsvorsitzende der "Frauen in der Immobilienwirtschaft", bei dem Austausch mit Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat Anne Katrin Bohle auf der Expo Real formuliert.

Diese Kritik ist sicherlich berechtigt, aber dadurch allein wird sich, wie die Immofrauen außerdem richtig sagen, nichts ändern: Nach fünf Jahren in der Branche habe ich eigene Erfahrungen gesammelt, mich geärgert, mich gefragt, warum Frauen heute immer noch dieselben Forderungen nach Gleichberechtigung und Chancengleichheit stellen müssen. Dabei liegt die Antwort auf der Hand: So lange, wie es die große Masse von uns nicht genug stört, dass es ist, wie es ist. Und an dem Punkt müssen wir selbst aktiv und sichtbar werden.


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