Energieausweis bei Immobilienkauf und Vermietung

Für Wohnungen und Häuser, die verkauft oder neu vermietet werden, müssen Eigentümer einen Energieausweis vorlegen. Daraus soll sich die Energieeffizienz der Immobilien ablesen lassen. Experten stellen die Aussagekraft infrage.

Der Energieverbrauch in deutschen Wohnhaushalten unterlag zuletzt krisenbedingt großen Schwankungen. Experten bewerten deshalb die Aussagekraft von Energieausweisen für Gebäude derzeit eher kritisch.

Großteil der ab 2023 ausgestellten Energieausweise obsolet?

Die Wissenschaftlerin und Energieberaterin Constanze Liepold von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen geht davon aus, "dass ein Großteil der im Jahr 2023 und den Folgejahren ausgestellten und in den nächsten Jahren gültigen Energieausweise praktisch unbrauchbar sein wird", wie sie dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" am 4. November sagte. Energieausweise, die aktuell wie üblich auf Basis der Verbräuche der letzten drei Jahre ausgestellt würden, ließen "keinesfalls Rückschlüsse auf die Verbräuche der kommenden Jahre zu", wird Liepold zitiert.

So seien etwa während der Corona-Lockdowns im Jahr 2020 die Menschen viel zu Hause gewesen und hätten vergleichsweise viel Energie verbraucht. Es sei daher davon auszugehen ist, dass die späteren Energieabrechnungen keinen auf Nichtpandemiejahre übertragbaren Verbrauch widerspiegeln, erklärten sie und ihr Kollege Paul Fabianek: "Gleiches gilt in umgekehrter Form für das Jahr 2022." Nach dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine waren die Bürger in Deutschland zum Energiesparen aufgerufen und die Preise stiegen stark.

Experten: Pflicht zu Bedarfsausweisen ausweiten

"Verbrauchsausweise sind weniger wertvoll als Bedarfsausweise", sagte Christian Handwerk von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im "Spiegel". Die Schwächen von Verbrauchsausweisen würden aktuell besonders deutlich. Bedarfsausweise sind in der Regel teurer und für weniger Gebäude gesetzlich verpflichtend.

Die RTWH-Wissenschaftler Liepold und Fabianek appellieren nun an die Politik, die Pflicht für die aussagekräftigeren Bedarfsausweise, bei denen der Energiebedarf eines Hauses detaillierter ermittelt wird, auszuweiten. Alternativ sollten ihrer Einschätzung nach für Verbrauchsausweise längere Betrachtungszeiträume vorgeschrieben werden.

Die aktuellen geltenden bereits verschärften Regeln für Energieausweise traten im Mai 2021 in Kraft.


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