Mangelware Wohnraum: Städter bevorzugen Umbau statt Neubau
Infrastrukturen für bessere Lebensbedingungen in Städten und Gemeinden stehen im Fokus des Baukulturberichts 2024/25 – dazu gehört auch die Versorgung mit Wohnungen. Die fehlen vor allem in Großstädten. Der Neubau kann die Lücke nicht schließen.
Umfrage: Wohnraum durch Umbau bevorzugt
Analysen zeigen erhebliches Potenzial für zusätzlichen Wohnraum durch Umbau und Erweiterung oder eine effizientere Nutzung vorhandener Flächen. Laut Umfragen der Bundesstiftung Baukultur bewerten mehr als 80 Prozent der Bevölkerung den Umbau von Bestandsimmobilien positiv. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) würden zur Nutzung städtischer Brachflächen für Wohnungen raten. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) würde sich über die Nachverdichtung von bestehenden Mehrfamilienhausgebieten freuen.
Speziell nach geeigneten innerstädtischen Orten für Nachverdichtungen gefragt, waren 88 Prozent der Umfrageteilnehmer der Ansicht, dass neue Wohnungen durch den Umbau von nicht genutzten Büroflächen geschaffen werden sollten. Zum Vergleich: Den Bau neuer Wohnungen in Einfamilienhausgebieten befürworten nur 38 Prozent der Befragten. Für Mehrfamilienhausgebiete am Stadtrand sprechen sich sogar nur 16 Prozent aus – und für Wohnungen in Einfamilienhaussiedlungen am Stadtrand ist nicht einmal jeder Zehnte (acht Prozent).
Nachverdichtung: nachhaltig und kostengünstig?
Bestandserweiternde Maßnahmen punkten gegenüber Neubauprojekten mit Kosten- und Nachhaltigkeitsvorteilen: Nicht nur Flächen- und Ressourcenverbrauch sowie CO2-Emissionen sind geringer, sondern – je nach Ausbauart – auch die Bauwerkskosten.
So schlägt ein Dachausbau mit 1.797 Euro und ein Anbau mit 1.738 Euro pro Quadratmeter Bruttogrundfläche zu Buche, ein Neubau mit 2.765 Euro, wie das Baukosteninformationszentrum deutscher Architektenkammern (BKI) berechnet hat. Eine Aufstockung ist durch den hohen Planungs- und Genehmigungsaufwand ähnlich teuer wie ein Neubau.
Potenzial für mehr Wohnraum ist vorhanden
Laut LBS-Experte Albrecht Luz könnte es sich auch für private Käufer von älteren Häusern lohnen, den Ausbau zum Beispiel von ungenutzten Dachräumen zu autarken Einliegerwohnungen zur Vermietung zu erwägen. Für Eigentümer von Büro- und Gewerbeimmobilien oder von Mehrfamilienhäusern können wiederum Aufstockungen von Immobilien sinnvoll sein, da hier mit einem planerischen Aufwand gleich mehrere Wohnungen zur Vermietung neu geschaffen würden.
Potenzial für mehr Wohnraum ist also vorhanden. Studien kamen zu dem Schluss, dass durch Umnutzung, Aufstockung und Nachverdichtung allein von Büro- und Verwaltungsgebäuden deutschlandweit rund zwei Millionen neue Wohnungen entstehen könnten. Allerdings stehen der Umsetzung oft bürokratische Hürden, Unsicherheit bezüglich der Förderlandschaft und fehlende Informationen für Eigentümer entgegen.
Wohnungen seriell und modular bauen
Migration und Zuwanderung haben die Situation am Wohnungsmarkt dem Baukulturbericht zufolge noch verschärft. Teures Baumaterial und höhere Zinsen führten zu weniger privaten Bauanträgen. Das hat den Druck verstärkt.
Im Bündnis bezahlbarer Wohnraum hatten Akteure der Bau- und Wohnungswirtschaft unter Federführung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) ein Maßnahmenpaket erarbeitet, um bezahlbares Wohnen voranzubringen, Hürden für das Planen und Bauen abzubauen und Innovationen zu fördern.
Ein Baustein können serielle und modulare Bauweisen sein. Ende 2023 haben unter anderem das BMWSB und der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW die Rahmenvereinbarung "Serielles und modulares Bauen 2.0" vorgestellt. Die enthält Konzepte, wie das modulare Bauen gelingen kann: Gestaltung und Integration ins Umfeld müssen mitgedacht werden. Um Wohnungen zu schaffen, sollten vor allem Potenziale im Bestand genutzt werden – durch Sanierung und Umbau.
Das deckt sich mit den Ergebnissen der oben erwähnten Bevölkerungsumfrage für den Baukulturbericht 2024/25.
Bundesstiftung Baukultur: Berichte und Informationen
Die per Gesetz vom 17.12.2006 errichtete Bundesstiftung Baukultur (Potsdam) hat die Aufgabe, das Bewusstsein für gutes Planen und Bauen zu stärken.
Der Auftrag umfasst Veranstaltungen zum öffentlichen Diskurs über Maßstäbe der Baukultur sowie Analysen und Berichte, um Entwicklungen und Handlungsbedarf aufzuzeigen. Neben Werkstätten, Dialogen und Fachgesprächen, gibt es Umfragen in der Bevölkerung, bei Kommunen und bei planenden Berufen.
Der Baukulturbericht 2024/25 mit den Fokusthemen "Lebensgrundlage Infrastruktur", "Infrastrukturen der Mobilität" und "Prozesse und Strukturen" wurde am 20.6.2024 beim Konvent der Baukultur der Öffentlichkeit präsentiert. Die Stiftung legt alle zwei Jahre einen Bericht vor.
Baukulturbericht "Infrastrukturen" 2024/25
Bundesstiftung Baukultur: Weitere Informationen und alle Baukulturberichte
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