Wohnungsmarkt: Mieten steigen wieder dynamischer als Preise

Jahrelang sind die Kaufpreise für Eigentumswohnungen den Mieten enteilt. Das hat die Diskussion um eine Preisblase am Wohnungsmarkt befeuert. Damit ist laut einer JLL-Analyse vorerst Schluss: Die Angebotsmieten in den acht größten deutschen Städten steigen wieder schneller als die Preise.

Nach einer aktuellen Analyse des Maklerhauses JLL sind in den acht deutschen Metropolen (den sogenannten "Big 8") Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart die Angebotsmieten im zweiten Halbjahr 2022 im Schnitt (Median) um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen – die Kaufpreise wiederum verteuerten sich in diesem Zeitraum nur um 1,6 Prozent. Im zweiten Halbjahr gaben die Kaufpreise gegenüber dem ersten Halbjahr sogar um 3,1 Prozent nach. Das betrifft Neubauten und Bestandswohnungen.

Jahrelang ging der Trend in die andere Richtung, wie eine Vorgängerstudie von JLL zeigt: Die Entwicklung der Wohnungsmieten in den "Big 8" kühlte sich noch im zweiten Halbjahr 2021 im Vergleich der vergangenen fünf Jahre weitgehend ab.

Trendumkehr am Wohnungsmarkt: Mieten enteilen Preisen

Die Angebotspreise stiegen in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt um 9,1 Prozent pro Jahr, während die inserierten Angebotsmieten um durchschnittlich 3,7 Prozent pro Jahr zulegten. "Im vergangenen Jahr ist die Bevölkerung infolge hoher Zuwanderung nach Deutschland gewachsen, was die Nachfrage nach Mietwohnungen zusätzlich befeuert hat", erläutert Roman Heidrich, Lead Director Residential Valuation & Transaction Advisory JLL Germany.

Nun beobachtet JLL eine Trendumkehr: Die Angebotsmieten in den Metropolen steigen deutlich stärker als die Kaufpreise. Um für Entlastung am Mietwohnungsmarkt zu sorgen, ist die Bautätigkeit derzeit zu gering. "Aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen für den Wohnungsneubau kann kurz- bis mittelfristig nicht mit einer Verbesserung der Situation gerechnet werden", sagt Heidrich.

Entwicklung der Angebotsmieten

Mieten im Umland der Metropolen lassen nach

Das stärkste Mietplus verzeichnet nach Angaben von JLL mit Abstand Berlin. Dort stieg die Medianmiete im Jahresvergleich um 15,5 Prozent auf 16 Euro pro Quadratmeter. Dynamisch ging es auch in Leipzig zu mit einem Plus von 8,9 Prozent – ebenso wie in Hamburg mit einem Mietanstieg um sieben Prozent.

Unterdurchschnittlich entwickelten sich die Mieten der Studie zufolge in Frankfurt (plus 3,9 Prozent), München (plus 2,4 Prozent) und Stuttgart (plus 1,7 Prozent). Der teuerste Mietmarkt bleibt trotzdem München mit 21,40 Euro pro Quadratmeter im Mittel der Neuvertragsmieten. Die Spitzenmiete stagniert in München bei 30 Euro pro Quadratmeter. In Stuttgart gab die Spitzenmiete sogar nach und fiel um 2,5 Prozent auf nun 21,45 Euro pro Quadratmeter.

Die Diskrepanz zur Mietentwicklung in den Metropolen zum Umland ist laut JLL groß. Während innerhalb der Stadtgrenzen die Angebotsmieten um 6,2 Prozent zulegten, sind Wohnungen im Umkreis von 30 Minuten Fahrzeit um 5,8 Prozent preiswerter zu mieten als vor einem Jahr. Dauert die Fahrt länger, liegt der Mietrückgang demnach bereits bei 7,5 Prozent. "Diese Entwicklung dürfte eine Folge der stärkeren Mietpreisentwicklungen in den vergangenen Jahren sein", heißt es in der Studie.

Angebotspreise Eigentumswohnungen Entwicklung

Kaufpreise: Eigentumswohnungen sogar in München günstiger

Bei den Kaufpreisen vergrößert sich laut JLL der Kreis der Städte mit negativer Entwicklung. In Köln (minus 2,2 Prozent), München (minus 2,1 Prozent) und Frankfurt (minus 0,4 Prozent) wurden Wohnungen günstiger inseriert als vor einem Jahr, in Stuttgart stagnierten die Preise. In München werden Wohnungen wieder mehrheitlich unter 10.000 Euro pro Quadratmeter angeboten. Im Spitzensegment fällt der Preisnachlass in München mit 7,8 Prozent am üppigsten aus. Nur für Berlin wird ein Anstieg der Kaufpreise registriert, und zwar um 2,4 Prozent.

"Der wesentliche Grund für die negative Entwicklung bei den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen sind die deutlich gestiegenen Finanzierungszinsen", sagt Sebastian Grimm, EMEA Head of Multifamily Valuation bei JLL. Aufgrund der verschlechterten Finanzierungskonditionen werden Grimm zufolge viele potenzielle Käufer in den Mietmarkt zurückgetrieben.

Landkreise: Mieten und Kaufpreise noch "im Gleichschritt"

Abseits der Metropolen fällt die Entwicklung nach Beobachtung von JLL unterschiedlich aus. Während in den kreisfreien Städten analog zu den Metropolen die Mieten deutlich stärker anzogen als die Kaufpreise, entwickelten sich in den Landkreisen Angebotsmieten und Kaufpreise mit gleicher Dynamik. Ohne die "Big 8" lag das Mietwachstum in den kreisfreien Städten bei 4,4 Prozent (Fünfjahresmittel: 5,1 Prozent).

Die Kaufpreise stiegen im Jahresvergleich nur noch um 0,6 Prozent: In den vergangenen fünf Jahren verteuerten sich die Wohnungspreise in den kreisfreien Städten noch um durchschnittlich 10,3 Prozent. In den Landkreisen fällt das Plus mit 6,1 Prozent höher aus als in den Metropolen und den kreisfreien Städten, bleibt aber auch unter dem Mittelwert der vergangenen fünf Jahre (9,9 Prozent). Mit sechs Prozent liegt das Mietwachstum in den Landkreisen nur leicht unter den Metropolen, aber über dem Fünfjahresschnitt (4,4 Prozent).

Methodik

Ausgewertet wurden Angebotsmieten und Angebotskaufpreise von Value Marktdaten, die sich durch eine breite Marktabdeckung auszeichnen. JLL analysiert geschlossene Miet- und Kaufpreisangebote des freien Wohnungsmarkts und stellt diese als Medianwerte dar (Zwölfmonatszeitraum). Bei der qualitätsbereinigten Betrachtung der Preisentwicklung werden anhand eines hedonischen Ansatzes die Veränderungen in den Datensätzen der Halbjahre hinsichtlich Zustände und Ausstattung der Objekte sowie hinsichtlich der Mikrolagen herausgerechnet. Alle Trends werden auf Validität überprüft.


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Schlagworte zum Thema:  Wohnungsmarkt, Miete