
Immer mehr Deutsche zieht es zum Wohnen ins nahe Umland der Großstädte. Ein Haus im 40-Minuten-Radius der Metropolen ist laut einer Studie teils doppelt so stark nachgefragt wie in der Stadt selbst. Flächendeckend ist der Trend zur Landliebe aber nicht – und macht sich auch nicht überall bezahlt.
Die Preise für Wohnhäuser in den deutschen Großstädten steigen seit Jahren, Bauland ist vor allem in den dicht besiedelten Gegenden rar. Vielerorts hat die Preisrallye in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass vor allem junge Familien immer häufiger ins Umland gezogen sind – ein Trend, den die Corona-Pandemie nur verstärkt hat. Das Maklerportal Immowelt hat nun analysiert, wie sich die Nachfrage nach Häusern in elf ausgewählten Städten und deren Umland (40-Minuten-Radius) zwischen 2015 bis 2020 verändert hat. Untersucht wurde das Verhältnis von Angeboten auf der Plattform immowelt.de zu den Anfragen pro Objekt (Anfragequotient), die ein Anbieter im Durchschnitt für seine Immobilie erhalten hat.
Landliebe treibt Preisrallye im Umland vor sich her
In München und Köln zeigt sich der Trend zum Wohnen im direkten Umland besonders deutlich. Dort sind Immowelt zufolge die Anfragen im sogenannten "Speckgürtel" zwischen 2015 und 2020 doppelt so stark gestiegen wie im Stadtgebiet. In München hat sich der Anfragenquotient in der Stadt um knapp ein Drittel (31 Prozent) erhöht, im Umland um 57 Prozent. Die Folge: Im Speckgürtel der bayrischen Hauptstadt kostet ein Haus im Median schon 1,1 Millionen. In der Stadt München selbst sind es sogar 1,3 Millionen. Immowelt erwartet, dass die Preisrallye im 40-Minuten-Umkreis auch weiter entfernte Gemeinden in den Fokus der Münchner Stadtbewohner rücken dürfte.
In Köln ist die Spanne zwischen Stadt und Land sogar noch größer: Der Nachfragequotient hat sich im Stadtgebiet um 74 Prozent erhöht, dem stehen 156 Prozent im Speckgürtel gegenüber. Die Preise sind allerdings im Vergleich zu München deutlich moderater: Häuser in Köln werden im Durchschnitt für 650.000 Euro auf immowelt.de angeboten, im Umland liegt das Preisniveau bei 450.000 Euro. Mit Ausnahme von Düsseldorf sind auch die Städte in der Nähe von Köln noch deutlich günstiger als Köln.
Weit weniger Unterschiede gibt es in Hannover (Stadt: plus 83 Prozent; Umland: plus 75 Prozent), Nürnberg (Stadt: plus 48 Prozent; Umland: plus 55 Prozent) und Stuttgart (Stadt: plus 74 Prozent; Umland: plus 45 Prozent).
(Noch) kein flächendeckender Trend zur Stadtflucht
In Berlin und Hamburg hat sich die Nachfrage im Umland bislang nur geringfügig stärker entwickelt als in den Metropolen. Immowelt wertet ein Plus von 24 Prozent in der Stadt Berlin gegenüber einem Anstieg um 25 Prozent im Umland als vorsichtigen Trend zur Stadtflucht. Ähnlich sieht es in Hamburg aus mit einem um 71 Prozent erhöhten Anfragequotienten im Stadtgebiet gegenüber 75 Prozent im Umland. Das könnte der Analyse zufolge auch daran liegen, dass beide Städte sehr großflächig und viele Randbezirke bereits deutlich weniger dicht besiedelt sind.
Laut Immowelt zeichnet sich der Trend zur Stadtflucht bislang besonders in teuren Großstädten ab, in denen der Immobilienmarkt eng ist und es schwieriger wird, Wohneigentum zu erwerben. Doch es gibt Ausnahmen. In Düsseldorf und Frankfurt am Main ist das Wohnen in der Stadt nach wie vor deutlich beliebter als im Umland. Das Frankfurter Stadtgebiet verzeichnete in den vergangenen fünf Jahren ein Plus von 203 Prozent bei den Anfragen pro Objekt, das Umland einen Anstieg von lediglich 69 Prozent. "Ein Grund kann sein, dass Häuser im Umland, insbesondere im Taunus, teilweise teurer sind als in der Stadt", heißt es in der Studie. In Düsseldorf (plus 262 Prozent) steigen die Anfragen auf Kaufimmobilien ebenfalls noch deutlich stärker als im Speckgürtel (plus 110 Prozent).
Das gilt auch für zwei relativ preiswerte Großstädte: Sowohl in Dresden als auch in Leipzig ist die Nachfrage laut Immowelt in der Stadt (plus 127 beziehungsweise 38 Prozent) deutlich stärker angestiegen als im 40-Minuten-Radius (plus 38 beziehungsweise 29 Prozent). Mit Medianpreisen von 450.000 Euro sind Häuser in diesen beiden Städten noch vergleichsweise günstig, wenngleich die Preise im Umland noch niedriger sind (249.000 beziehungsweise 261.000 Euro).
IW Köln: Preise für Wohnungen steigen in den Metropolen moderater als im Umland
Unter dem Strich gibt es im Umland noch mehr Wohnraum für weniger Geld, haben die Sparda-Banken und das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln herausgefunden, die die Preise für Wohnungen unter die Lupe genommen haben. Im Durchschnitt lagen die Preise im Speckgürtel Ende des vergangenen Jahres noch 55 Prozent unter denen in den Großstädten.
In Berlin, München, Köln, Hamburg und Stuttgart wiederum sind die Preise für Bestandswohnungen im Umland seit 2017 stärker gestiegen als in den Metropolen. In Berlin verteuerten sich Wohnungen im Umland mit knapp 22 Prozent deutlicher als in der Hauptstadt selbst (plus 17,5 Prozent). Auch in der Münchner Peripherie war der Anstieg mit rund zehn Prozent größer als in der Stadt mit sechs Prozent. Die zehn teuersten ländlichen Regionen Westdeutschlands für Eigentumswohnungen liegen in der Metropolregion München. Im Hamburger Umland stiegen die Kaufpreise um 17,5 Prozent – in Hamburg selbst um 15,9 Prozent. Auch hier machen Frankfurt am Main und Düsseldorf eine Ausnahme: der Preisauftrieb war in diesen beiden Städten stärker als im Umland.
Deutschlandweit sind die Kaufpreise für Eigentumswohnungen im hochverdichteten ländlichen Raum in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt um 66 Prozent gestiegen, heißt es in der Sparda-Banken-IW-Studie, in den Ballungsräumen um 74 Prozent und in den Kernstädten um 70 Prozent. 7.220 Euro pro Quadratmeter müssen Käufer zum Beispiel im Schnitt für Wohneigentum in München ausgeben. Im Landkreis München sind es 6.314 Euro, im Landkreis Starnberg 5.939 Euro.
IW-Studie: "Wohnen in Deutschland 2020: Unterschiede zwischen Stadt und Land"
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