Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Aus dem Verwaltungsakt muss sich eindeutig und zweifelsfrei der Inhalt der Regelung, also das, was gewollt ist, ergeben. Abzustellen ist zunächst auf den Tenor (Ausspruch) des Verwaltungsakts. Nicht zum "Inhalt" des Verwaltungsakts i. S. des § 119 Abs. 1 AO gehören Datum, Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung, für die § 119 Abs. 1 AO keine Geltung hat. Die Begründung des Verwaltungsakts ist jedoch bei der Auslegung seines Inhalts ebenso zu berücksichtigen wie sonstige Schriftstücke, die dem Adressaten bekannt sind und auf die im Verwaltungsakt hingewiesen wurde (BFH v. 08.03.2017, II R 38/14, BStBl II 2017, 1005; zur Auslegung eines Haftungsbescheides BFH v. 27.08.2009, V B 75/08, BFH/NV 2009, 1964; zur Auslegung einer Billigkeitsentscheidung BFH v. 01.10.2015, X R 32/13, BStBl II 2016, 139). Für die Auslegung ist entscheidend, wie der Adressat nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH v. 08.02.2007, IV R 65/01, BFH/NV 2007, 1004 ff.); Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BFH v. 12.02.2014, II R 46/12, BStBl II 2014, 536 hinsichtlich eines Grunderwerbssteuerbescheids, bei dem ein anderer als der in dem Steuerbescheid genannter Erwerbsvorgang besteuert wird), wobei im Zweifel das den Steuerpflichtigen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen ist (BFH v. 28.06.2005, X R 54/04, BFH/NV 2005, 1749 und BFH v. 11.07.2006, VIII R 10/05, BStBl II 2007, 96 zur Auslegung von Feststellungsbescheiden). Widersprechen sich Ausspruch und Begründung oder schließen sie sich aus, ist der Verwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt (BFH 15.03.1985, VI R 30/81, BStBl II 1985, 581). Die Auslegung muss eindeutig ergeben, zu wessen Gunsten/Lasten welche Rechtsfolge bestimmt wird. Auch der zugrunde liegende Sachverhalt muss eindeutig erkennbar sein. Welche Anforderungen in dieser Hinsicht an den jeweiligen Steuerbescheid zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, insbes. auch von der Steuerart (BFH v. 03.04.2007, VIII B 110/06, BFH/NV 2007, 1273 f.; zur Schenkungssteuer s. BFH v. 15.03.2007, II R 5/04, BStBl II 2007, 472). Jeder Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erfordert einen separaten Verwaltungsakt; mehrere Verwaltungsakte können jedoch in einem Sammelbescheid aufgenommen werden (s. § 118 AO Rz. 17). In diesem Fall muss erkennbar sein, auf welche Steuer und auf welchen Zeitabschnitt sich der Anspruch bezieht. Dies schließt es auch aus, dass mehrere Steueransprüche in einer Endsumme ohne Aufgliederung zusammengefasst werden (zur Erbschaftsteuer BFH v. 07.12.2016, II R 21/14, BFH/NV 2017, 696). Zur inhaltlichen Bestimmtheit des Steuerbescheids (s. § 157 AO Rz. 7 ff.); Verspätungszuschlag (s. § 152 AO), Feststellungsbescheids (s. § 180 AO), Steuermessbescheid (s. § 184 AO), Zerlegungsbescheids (s. § 188 AO), Haftungsbescheids (s. § 191 AO), Duldungsbescheids (§ 191 AO), Prüfungsanordnung (s. § 196 AO), Abrechnungsbescheid (s. § 218 AO), dinglicher Arrest (s. § 324 AO).

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei einer Änderung des Bescheids muss erkennbar sein, welcher Bescheid geändert werden soll. Bei einer Aufhebung, welcher Bescheid aufgehoben werden soll. Ergehen für denselben Veranlagungszeitraum zwei verschiedene Bescheide und ist das Verhältnis zueinander unklar, ist der zweite Bescheid unwirksam (BFH v. 23.08.2000, X R 27/98, BStBl II 2001, 662).

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