Rz. 96

[Autor/Stand] Eine Verkürzung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer kommt in Betracht, wenn nach Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten sind, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verkürzt haben (§ 190 Abs. 2 Satz 3 BewG i.d.F. bis 31.12.2015). In diesen Fällen ist für das Gebäude bei der Ermittlung der Alterswertminderung von der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes auszugehen (Baujahr bis Abriss).

 

Rz. 97

[Autor/Stand] Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll eine Verkürzung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer jedoch nur in besonders gelagerten Einzelfällen möglich sein, z.B. bei einer bestehenden Abbruchverpflichtung für das Gebäude.[3] Baumängel und Bauschäden oder wirtschaftliche Gegebenheiten führen hingegen im typisierten Bewertungsverfahren nicht zu einer Verkürzung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer. Bei Gebäuden mit entsprechenden Mängeln bleibt dem Steuerpflichtigen nur die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert nach § 198 BewG nachzuweisen (vgl. dazu die Kommentierung zu § 198 BewG).

 

Rz. 98

[Autor/Stand] Hinsichtlich der im Zusammenhang mit dieser Regelung gesehenen Bedenken, s. § 185 BewG Rz. 48 ff.

 

Rz. 99

[Autor/Stand] Da Baumängel und Bauschäden oder wirtschaftliche Gegebenheiten nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht zu einer Verkürzung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer führen können, stellt sich anders als bei der Verlängerung der Restnutzungsdauer nicht die Frage, ob das frühere fiktive Baujahr auch maßgebend für die Anwendung der Regelherstellungskosten der Anlage 24, Teil II zum BewG i.d.F. bis 31.12.2011 bzw. i.d.F. bis 31.12.2015 ist (keine "Doppelauswirkung"; s. Rz. 17 ff. sowie Rz. 88 ff.). Denn die beispielhaft genannte Abbruchverpflichtung hat grds. keinen Einfluss auf die vorhandene Bausubstanz, so dass sich die Anwendung einer älteren Baujahrsgruppe nur schwerlich begründen ließe.

 

Rz. 100

[Autor/Stand] Kommt es zu einer Verkürzung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, greift die Regelung zum Mindestrestwert in Höhe von 40 % des Gebäuderegelherstellungswerts (s. Rz. 70 ff.) nicht.[7]

 

Rz. 101

 

Beispiel:

Ein Warenhaus (wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2015 = 50 Jahre) wurde im Jahr 1995 fertiggestellt und muss nach den vertraglichen Regelungen zum 30.6.2025 wieder beseitigt werden. Die Brutto-Grundfläche beträgt 2.500 m2, und das Gebäude ist einheitlich dem Ausstattungsstandard mittel zuzuordnen. Das Warenhaus ist auf den 6.6.2015 zu bewerten.

Der Gebäudesachwert ermittelt sich wie folgt:

 
  RHK 2010 für die Gebäudeklasse 3.31 (Warenhaus)   1 .640 EUR/m2
× Brutto-Grundfläche × 2 .500 m2
= Gebäuderegelherstellungswert   4.100.000 EUR
Alterswertminderung 20/30 (Gebäudealter 20 Jahre/tatsächliche Gesamtnutzungsdauer 30 Jahre) 2 .733.334 EUR
= Gebäudesachwert   1 .366.666 EUR
 

Rz. 102

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.08.2023
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.08.2023
[3] R B 190.7 Abs. 4 i.V.m. R B 185.3 Abs. 5 ErbStR 2011.
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.08.2023
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.08.2023
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.08.2023
[7] § 190 Abs. 2 Satz 4 BewG a.F. sowie R B 190.7 Abs. 5 Satz 4 ErbStR 2011.
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.08.2023

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