Verwaltung erlässt Erlasse zur Bewertung des Grundbesitzes

Die Finanzverwaltung hat zwei koordinierte Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung der neuen Bewertungsregelungen für die Grundsteuer veröffentlicht. Die Erlasse konkretisieren die Anwendung des 7. Abschnitts des 2. Teils des Bewertungsgesetzes zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer ab 1.1.2022.

Von der Grundsteuerreform sind circa 36 Mio. wirtschaftliche Einheiten (bebaute und unbebaute Grundstücke sowie Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) in ganz Deutschland betroffen. Die Reform stellt damit eines der größten Projekte der Steuerverwaltung in der deutschen Nachkriegsgeschichte dar.

Die Reform der Grundsteuer betrifft jeden Bürger – egal ob es sich um Eigentümer oder Mieter handelt. Und Fakt ist auch, dass die Neubewertung der über 35 Mio. Grundstücke zu einer echten Herkulesaufgabe sowohl für die Finanzverwaltung als auch für die betroffenen Steuerpflichtigen werden wird.

Bereits im Sommer dieses Jahres hatte das BMF den entsprechenden Verbänden Entwürfe für zwei Länder-Erlasse zur Anwendung der neuen Bewertungsregelungen für die Grundsteuer (AEBewGrSt) mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übersandt.

Nach abschließender Erörterung haben die obersten Finanzbehörden der Länder nunmehr die koordinierten Erlasse zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer veröffentlicht.

Hinweis: Anwendung auf Bundesländer

Der Erlass zur Bewertung des Grundvermögens findet nur Anwendung auf die Bundesländer, die das sogenannte Bundesmodell umsetzen. Weil in den Bundesländern Saarland und Sachsen dem Grunde nach das Bundesmodell umgesetzt wird und nur im Rahmen der Steuermesszahlen abgewichen wird, gelten die koordinierten Erlasse auch für die Bewertung von dort belegenen Grundstücken. Die übrigen Bundesländer, die von der Länderöffnungsklausel Gebrauch machen (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Hamburg), werden voraussichtlich eigene Verwaltungsanweisungen veröffentlichen.

Der Erlass zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens dürfte dem Inhalt nach hingegen für alle Bundesländer von Bedeutung sein, da auch die abweichenden Bundesländer die Bewertungsregeln des Bundesmodells für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft übernehmen.  

Zur Historie

Das BVerfG hatte am 10.4.2018 die grundsteuerrechtliche Bewertung anhand von Einheitswerten für verfassungswidrig erklärt und eine gesetzliche Neuregelung verlangt. Bund und Länder einigten sich im November 2019 auf das Grundsteuer-Reformgesetz, welches das sogenannte Bundesmodell regelt. Das war die Grundvoraussetzung dafür, dass das Grundsteueraufkommen der Kommunen gesichert werden konnte. Ansonsten wäre die Grundsteuer ersatzlos weggefallen. Gleichzeitig erhielten die Länder durch eine Änderung des Grundgesetzes die Möglichkeit, vom Bundesmodell abweichende Regelungen zu treffen (sog. Länderöffnungsklausel).

Für alle gilt: Die Einheitswerte auf den 1.1.1935 (neue Länder) und 1.1.1964 (alte Länder) verlieren im Zuge der Grundsteuerreform am 31.12.2024 ihre Gültigkeit und dürfen ab dem 1.1.2025 nicht mehr als Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer herangezogen werden.

Während der Umsetzung der Grundsteuerreform hat sich insbesondere aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Bewertung von Grundstücken diverser Gesetzgebungsbedarf ergeben. Mit den Änderungen durch das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz (GrStRefUG) vom 22.7.2021 sollen insbesondere eine rechtzeitige und verwaltungsökonomische Umsetzung der Grundsteuerreform und eine verfassungskonforme und rechtssichere Bewertung für Zwecke der Grundsteuer sichergestellt werden.

Übersicht der Regelungen der sog. koordinierten Ländererlasse

Der Erlass zur "Anwendung des Siebenten Abschnitts des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes zur Bewertung des Grundbesitzes (allgemeiner Teil und Grundvermögen) für die Grundsteuer ab 1.1.2022" (AEBewGrSt) gliedert sich in die Teile Allgemeines (Teil A), Grundvermögen Teil (B) sowie Anwendung (Teil C) und enthält diverse Abbildungen (BStBl 2021 I S. 2334).

Der Erlass zur "Anwendung des Siebenten Abschnitts des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes zur Bewertung des Grundbesitzes (land- und forstwirtschaftliches Vermögen) für die Grundsteuer ab 1.1.2022" (BStBl 2021 I S. 2369).

Teil A – Allgemeines zur Feststellung von Grundsteuerwerten (zu §§ 218 bis 231 BewG)

Für die Bewertung nach dem Siebenten Abschnitt des Zweiten Teils des BewG erfolgt eine Einordnung in die Vermögensarten land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie Grundvermögen. Betriebsgrundstücke sind einer dieser beiden Vermögensarten zuzuordnen und entsprechend der zugeordneten Vermögensart zu bewerten.

Grundsteuerwerte sind für inländischen Grundbesitz, und zwar für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und für Grundstücke des Grundvermögens, gesondert festzustellen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Grundsteuerwerte sind regelmäßig für die Besteuerung von Bedeutung, soweit eine Grundsteuerpflicht besteht.

Grundsteuerwerte werden in Zeitabständen von je 7 Jahren allgemein festgestellt (Hauptfeststellungen). Zwischen zwei Hauptfeststellungszeitpunkten (Hauptfeststellungszeitraum) sind unter bestimmten Voraussetzungen Wert-, Art- und/oder Zurechnungsfortschreibungen und Nachfeststellungen durchzuführen. Die drei Arten der Fortschreibung stehen selbständig nebeneinander. Auf denselben Fortschreibungszeitpunkt sind deshalb Fortschreibungen der verschiedenen Art zulässig.

Beispiel: Fortschreibungen

B erwirbt im Februar 2022 von A einen Bauplatz. Das Finanzamt führt auf den 1.1.2023 eine Zurechnungsfortschreibung auf B durch. Am 13.1.2023 geht beim Finanzamt die Anzeige nach § 228 Abs. 2 BewG des B ein, dass er auf diesem Grundstück im Oktober 2022 ein Fertighaus (Einfamilienhaus) bezugsfertig errichtet hat.

Die Bebauung des Grundstücks führt zu einer Art- und Wertfortschreibung. Da Zurechnungs-, Art- und Wertfortschreibungen eigenständige Verwaltungsakte sind, ist neben der bereits erfolgten Zurechnung noch eine Art- und Wertfortschreibung auf den 1.1.2023 nach § 222 Abs. 1 und 2 BewG (Zurechnung wie bisher B) vorzunehmen.

Eine Nachfeststellung (§ 223 Abs. 1 Nr. 1 BewG) ist durchzuführen, wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eine wirtschaftliche Einheit neu entsteht (z.B. durch Teilung eines Grundstücks oder Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum) oder eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit erstmals zur Grundsteuer herangezogen werden soll (z.B. weil die Voraussetzungen für eine Grundsteuerbefreiung weggefallen sind).

Nachfeststellungszeitpunkt ist bei der Neuentstehung einer wirtschaftlichen Einheit der Beginn des Kalenderjahres, das auf die Entstehung der wirtschaftlichen Einheit folgt, und in den Fällen des Wegfalls eines Befreiungsgrunds der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Grundsteuerwert erstmals der Besteuerung unterliegt.

Beispiel 1: Nachfeststellung

Im Jahr 2023 wird ein bisher unbebautes Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt. Der Grundsteuerwert für die bisherige wirtschaftliche Einheit ist aufzuheben. Für die neu entstandenen wirtschaftlichen Einheiten sind gemäß § 223 Abs: 1 Nr. 1 BewG Nachfeststellungen des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2024 durchzuführen.

Beispiel 2: Nachfeststellung

Teilung eines Grundstücks im Jahr 2023 durch Herausmessung einer Teilfläche (neues Flurstück). Für den verbleibenden Teil der bereits bestehenden wirtschaftlichen Einheit ist eine Wertfortschreibung auf den 1.1.2024 durchzuführen, wenn die Wertfortschreibungsgrenzen (§ 222 Abs. 1 BewG) überschritten werden. Für die neu entstandene wirtschaftliche Einheit ist gemäß § 223 Abs. 1 Nr. 1 BewG eine Nachfeststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2024 durchzuführen.

In Abschn. 228 zu AEBewGrSt werden die Erklärungs- und Anzeigepflichten zur Durchführung der Feststellung von Grundsteuerwerten geregelt.

Weitere Anweisungen des Teil A befassen sich im Wesentlichen mit der Aufhebung von Grundsteuerwerten und der Änderung von Bescheiden über Fortschreibungen oder Nachfeststellungen von Grundsteuerwerten bereits vor den maßgeblichen Feststellungszeitpunkten.

Im Wesentlichen sind die Regelungen stark an die bisherigen Verfahrensvorschriften der Einheitsbewertung angelehnt.

Tipp der Redaktion: Software für den ganzheitlichen Grundsteuerprozess

Mit unserer Partnersoftware "GrundsteuerDigital" können Sie die Deklaration der Grundsteuerwerte Ihrer Mandanten einfach digital vornehmen. Die Software unterstützt den kompletten Prozess von der Aggregation grundsteuerrelevanter Daten bis hin zur Bescheidprüfung.

Teil B Grundvermögen (zu §§ 243 bis 263 BewG)

Zum Grundvermögen gehören insbesondere der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Zum Grundvermögen gehören ebenso das Erbbaurecht i. S. d. Erbbaurechtsgesetzes (ErbbauRG), das Wohnungs- und Teileigentum sowie das Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht.

Die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ist das Grundstück (§ 244 BewG). Der Begriff Grundstück ist dabei nicht gleichbedeutend mit dem Begriff des Grundstücks nach bürgerlichem Recht. Maßgebend ist nach § 2 BewG allein, was als wirtschaftliche Einheit nach den Anschauungen des Verkehrs anzusehen ist. Dabei können auch mehrere Flurstücke, Gebäude oder selbständige Gebäudeteile zusammenzufassen sein. Voraussetzung ist, dass sie zu einer Vermögensart und demselben Eigentümer oder denselben Eigentümern gehören.

Unbebaute Grundstücke (§ 246 BewG) sind Grundstücke, auf denen sich keine oder keine benutzbaren Gebäude befinden. Die Benutzbarkeit beginnt zum Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit des Gebäudes. Es muss den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen vorgesehenen Benutzern nach objektiven Merkmalen zugemutet werden können, Wohnungen oder Räume des Gebäudes bestimmungsgemäß zu benutzen.

Der Grundsteuerwert unbebauter Grundstücke ergibt sich regelmäßig aus dem Produkt der Grundstücksfläche und dem jeweiligen Bodenrichtwert (§ 247 BewG). Dabei ist der für die jeweilige Bodenrichtwertzone von den Gutachterausschüssen ermittelte Bodenrichtwert ohne jegliche Anpassung zu übernehmen. Abweichungen von diesem Wert sind nach § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG bzw. Abschn. 247.3 Abs. 1 AEBewGrSt nur in zwei Ausnahmefällen vorgesehen:

  1. Bei einem abweichenden Entwicklungszustand (bei Rohbauland und Bauerwartungsland werden Abschläge von dem für erschließungsbeitragsfreies Bauland ermittelten Bodenrichtwert vorgenommen)

  2. Bei überlagernden Bodenrichtwertzonen ist immer derjenige Wert anzusetzen, der für die Nutzung ermittelt wurde, die der Nutzung des zu bewertenden Grundstücks am ehesten entspricht

Der Wert unbebauter Grundstücke umfasst den Wert des Grund und Bodens, mit dem auch die Außenanlagen abgegolten sind.

Bebaute Grundstücke (§ 248BewG) sind Grundstücke, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden. Dies gilt auch, wenn diese vom Wert und/oder Umfang her von untergeordneter Bedeutung sind.

Beispiele: Bebaute Grundstücke

Auf einem größeren Grundstück befindet sich ein geringwertiges Wochenendhaus.

Auf einem wertvollen Grundstück, das für eine Bebauung mit einem Geschäftshaus geeignet ist, befinden sich Kioske oder Baracken.

Auf einem Zeltplatz befinden sich Gebäude von geringem Umfang und Wert.

Es handelt es sich jeweils um bebaute Grundstücke.

Bei bebauten Grundstücken wird nach § 249 BewG zwischen den folgenden abschließend aufgezählten Grundstücksarten unterschieden:

  • Einfamilienhäuser,
  • Zweifamilienhäuser,
  • Mietwohngrundstücke,
  • Wohnungseigentum,
  • Teileigentum.
  • Geschäftsgrundstücke,
  • gemischt genutzte Grundstücke,
  • sonstige bebaute Grundstücke.

In den Abschn. 249.2 bis 249.9 AEBewGrSt werden die einzelnen Gebäudearten detailliert beschrieben.

Der Grundsteuerwert eines bebauten Grundstücks ist entweder nach dem Ertragswertverfahren oder dem Sachwertverfahren zu ermitteln. Welches Verfahren für die zu bewertende wirtschaftliche Einheit anzuwenden ist, richtet sich nach der jeweiligen Grundstücksart. Dabei werden überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke im Ertragswertverfahren und überwiegend zu anderen als Wohnzwecken genutzte Grundstücke im Sachwertverfahren bewertet. Der für ein bebautes Grundstück anzusetzende Wert darf allerdings in beiden Bewertungsverfahren nicht geringer sein als 75 % des Werts, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück zu bewerten wäre (Mindestwert, vgl. Abschn. 251 AEBewGrSt).

In den Abschn. 252 bis 257.4 AEBewGrSt (Ertragswertverfahren) und den Abschn. 258 bis 260 AEBewGrSt (Sachwertverfahren) werden die beiden Bewertungsverfahren erläutert. Das Ertragswertverfahren stellt dabei auf den nachhaltig erzielbaren Ertrag des Grundstücks ab. Während die Erträge oder Ertragsanteile für ein Gebäude nur für die am Bewertungsstichtag verbleibende Restnutzungsdauer des Gebäudes kapitalisiert werden, sind die dem Grund und Boden zuzurechnenden Erträge bzw. Ertragsanteile für eine unlimitierte Nutzungsdauer ("ewige Rente") zu kapitalisieren. Die Gebäudeerträge werden unter anderem durch den Ansatz von auf Basis des Mikrozensus 2018 ermittelten standardisierten Nettokaltmieten abgebildet. Lagebedingte Wertunterschiede zwischen den Kommunen werden über sogenannte Mietniveaustufen berücksichtigt.

Das Sachwertverfahren kommt bei Immobilien zum Einsatz bei denen die Erzielung eines Ertrags nicht im Vordergrund steht, bzw. bei denen sich ein fiktiver Ertrag nur schwer ermitteln lässt. Daher wird im Sachwertverfahren für die Ermittlung des Grundsteuerwerts die Anschaffungskosten (Grund und Boden) bzw. die (Wieder-) Herstellungskosten (Gebäude) zum Ansatz. Im Sachwertverfahren spielen die standardisiert ermittelten und vorgegebenen Nettoherstellungskosten (NHK) in EUR pro m² Bruttogrundfläche differenzierend nach Gebäudeart und nach Baujahresgruppen eine zentrale Rolle.

Objektspezifische Grundstücks- oder Gebäudemerkmale werden weder beim Ertragswertverfahren noch beim Sachwertverfahren durch Zu- oder Abschläge berücksichtigt. Den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch einen zeitnahen Verkauf oder ein Verkehrswertgutachten, wie beispielsweise bei der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaftsteuer, lässt der Gesetzgeber in diesem neuen Bewertungsverfahren nicht zu.

Zu der Bewertung in Erbbaurechtsfällen und zur Bewertung von Gebäuden auf fremden Grund und Boden finden sich Regelungen in den Abschn. 261.1 ff. AEBewGrSt. Diese Regelungen sind von Bedeutung, da sich insoweit das neue Bewertungsrecht für Grundsteuerzwecke von der bisherigen Einheitsbewertung unterscheidet. Wo in der Einheitsbewertung von zwei wirtschaftlichen Einheiten ausgegangen wurde (Erbbaurecht bzw. Gebäude auf fremdem Grund und Boden einerseits und der mit dem Erbbaurecht belastete Grund und Boden bzw. der mit dem Gebäude auf fremdem Grund und Boden bebaute Grund und Boden andererseits) besteht künftig nur noch eine wirtschaftliche Einheit. Es sind Besonderheiten bei den Erklärungs- und Mitwirkungspflichten in diesen Fällen zu berücksichtigen.

Teil C Anwendung (zu §§ 264 bis 266 BewG)

Dieser Teil enthält Anwendungsregelungen sowohl für das Grundvermögen als auch für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen. Als ersten Hauptfeststellungszeitpunkt, auf den Grundsteuerwerte nach den neuen Bewertungsregeln ermittelt werden sollen, sieht das BewG den 1.1.2022 vor. Ab diesem Zeitpunkt können Feststellungsbescheide über die neuen Grundsteuerwerte ergehen (Abschn. 266.1 Abs. 1 AEBewGrSt).

Bei der Feststellung von Grundsteuerwerten nach § 219 Abs. 3 BewG sowie bei Art- und Zurechnungsfortschreibungen nach § 222 Abs. 2 BewG werden stets die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde gelegt.

Ab dem Hauptveranlagungszeitpunkt 1.1.2025 – das betrifft die Festsetzung der Grundsteuer – dürfen auch auf bereits bestandskräftige Bescheide, die auf den vom BVerfG mit seinem Urteil vom 10.4.2018 zur Grundsteuer als verfassungswidrig festgestellten Bestimmungen des Bewertungsgesetzes beruhen, keine Belastungen mehr gestützt werden. Für Feststellungszeitpunkte ab dem 1.1.2025 sind daher Fortschreibungen und Nachfeststellungen der Einheitswerte nicht mehr zulässig.

§ 266 Abs. 4 Satz 1 BewG hebt kraft Gesetzes die Einheitswertbescheide, Grundsteuermessbescheide und Grundsteuerbescheide, die für Feststellungs- und Festsetzungszeitpunkte vor dem 1.1.2025 erlassen wurden und auf den vom BVerfG für verfassungswidrig erklärten Vorschriften beruhen, zum 31.12.2024 mit Wirkung für die Zukunft auf. Entsprechendes gilt nach § 266 Abs. 4 Satz 2 BewG für Einheitswertbescheide, mit denen ein Einheitswert auf Grundlage der §§ 33, 34 BewG für land- und forstwirtschaftliches Vermögen festgestellt wurde, Grundsteuermessbescheide, in denen der Grundsteuermessbetrag auf Grundlage des Ersatzwirtschaftswerts (§ 125 BewG) ermittelt wurde, und Grundsteuerbescheide, in denen die Grundsteuer nach der Ersatzbemessungsgrundlage (§ 42 GrStG) bemessen wurde.

Für bereits vor dem 1.1.2022 eingetretene Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die dem Finanzamt erstmals mit der auf den ersten Hauptfeststellungszeitpunkt abzugebenden Erklärung bekannt werden, enthält Abschn. 266.2 AEBewGrSt Regelungen dergestalt zugunsten der Steuerpflichtigen, dass die Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse bei Fortschreibungen nach § 22 BewG und Nachfeststellungen nach § 23 BewG auf Feststellungszeitpunkte vor dem 1.1.2022 nicht zu berücksichtigen sind.

Land- und forstwirtschaftliches Vermögen (zu §§ 232 bis 242 BewG)

Die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens war von den Ausführungen des BVerfG im Urteil vom 10.4.2018 grundsätzlich nicht betroffen. Gleichwohl war eine Übertragung der Grundsätze des Urteils nicht ausgeschlossen, was das Gericht auch in der Fortgeltungsanordnung klargestellt hat. Insofern haben sich für die Land- und Forstwirtschaft keine zwingenden Vorgaben aus dem Urteil des BVerfG ergeben. Ungeachtet dessen war jedoch die verfassungsgerichtliche Vorgabe einer realitäts- und folgerichtigen Ausgestaltung des Bewertungsverfahrens zu beachten.

Nach der bisherigen Rechtslage gingen die land- und forstwirtschaftlichen Flächen, die Hofflächen, die Wirtschaftsgebäude und die Betriebsmittel allgemein im Ertragswert eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft auf und beeinflussten über das jeweilige Ertrags- und Aufwandsgefüge den entsprechenden Hektarwert der einzelnen Nutzungen oder den unmittelbaren Vergleichswert. Deshalb war bisher geregelt, dass bei aktiv wirtschaftenden Betrieben die gegendüblichen Abweichungen gegenüber den unterstellten Ertragsverhältnissen durch Zu- oder Abrechnungen und die betriebsindividuellen Abweichungen insbesondere für Wirtschaftsgebäude und Vieh als Betriebsmittel durch Zu- oder Abschläge erfolgten. Dagegen waren in den Fällen einer Stückländerei beim Eigentümer des Grund und Bodens keine Abschläge wegen fehlender Betriebsmittel und dementsprechend keine Zuschläge für den Überbestand an Betriebsmitteln bei deren Eigentümer zulässig.

Aufgrund der Notwendigkeit einer weitgehend vollautomatisierten Bewertung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen wird nunmehr auf eine vergleichende Bewertung und deren umfangreiche Ermittlungen verzichtet. Es gelten folgende Grundsätze:

  • Die Bewertung erfolgt rechtssicher nach dem Eigentümerprinzip auf der Basis des amtlichen Liegenschaftskatasters.
  • Die bisherige Betriebsbewertung (Gesamtwertmethode) wird zur Vermeidung vielfältiger Zu- und Abrechnungen durch eine standardisierte Bewertung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen ersetzt. Dabei wird fiktiv eine Selbstbewirtschaftung der Flächen unterstellt.
  • Die Bewertung der Betriebsmittel erfolgt mit dem Grund und Boden – d. h. Aufwuchs und Betriebsmittel werden durch den standardisierten Flächenertrag repräsentiert.
  • Die Abgrenzung der Hof- und Wirtschaftsgebäudeflächen erfolgt transparent nach den tatsächlich vorhandenen und jeweils landwirtschaftlich oder gewerblich genutzten bzw. fremdvermieteten Wirtschaftsgebäuden.
  • Die Wertermittlung erfolgt mittels typisierender Erträge anhand der maßgebenden Betriebszweige (sog. Nutzungen bzw. Nutzungsarten). Die hierfür erforderlichen Reinerträge werden, soweit dies möglich ist, aus dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre vor dem Hauptfeststellungzeitpunkt aus dem Testbetriebsnetz des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft abgeleitet. Die Multiplikation der jeweiligen Reinerträge mit der jeweils individuell vorhandenen Eigentumsfläche ergibt den Reinertrag der jeweiligen land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung. Entsprechendes gilt für die Nutzungsarten. Die so für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ermittelten Reinerträge werden zum Reinertrag des Betriebs aufsummiert und anschließend kapitalisiert. Dies ergibt den Ertragswert des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes in Form des Grundsteuerwerts.

Die koordinierten Ländererlasse zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens tragen der neuen Rechtslage Rechnung und enthalten im Wesentlichen Anweisungen der Finanzverwaltung zu folgenden Punkten:

  • Begriff des land‑ und forstwirtschaftlichen Vermögens und Abgrenzung zum Grundvermögen,
  • Umfang der wirtschaftlichen Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft,
  • Betrieb der Land- und Forstwirtschaft,
  • Bewertung des Betriebs, Bewertungsstichtag (Feststellungszeitpunkt) und Bewertungsgrundsätze,
  • Darstellung der verschiedenen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen (insbesondere der landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen, weinbaulichen oder gärtnerischen Nutzung ) und der zu den einzelnen Nutzungen gehörenden Wirtschaftsgüter,
  • Ermittlung des Grundsteuerwerts des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft.

Daneben enthalten die AEBewGrSt diverse Abbildungen und Verzeichnisse.

Koordinierte Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 9.11.2021 (zum allgemeinen Teil und Grundvermögen: BStBl 2021 I S. 2334, und zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen: BStBl 2021 I S. 2369)