2.1 Prozesshandlung

2.1.1 Rechtsnatur

 

Rz. 9

Die Abgabe der Erledigungserklärung ist eine Prozesshandlung. Mit ihr greift der die Erklärung abgebende Beteiligte gestaltend in den Prozess ein. Sie kann wirksam nur abgegeben werden, wenn die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen. Ausnahmen bestehen in folgenden Fällen:

  • Die Abgabe der Erledigungserklärung vor dem BFH ist auch dann wirksam, wenn der Erklärende nicht nach § 62a FGO vertreten ist.[1]
  • Auch ein vollmachtloser Vertreter kann wirksam eine Erledigungserklärung abgeben.[2]
[1] BFH v. 17.9.1982, VI R 62/82, BStBl II 1983, 25; a. A. Ruban, in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 62 FGO Rz. 11.

2.1.2 Form

 

Rz. 10

Die Erledigungserklärung ist dem Gericht gegenüber abzugeben. Entsprechend dem Grundsatz der Mündlichkeit des Verfahrens kann die Erledigung der Hauptsache in der mündlichen Verhandlung erteilt werden; sonst ist sie schriftlich oder zur Niederschrift abzugeben. Zulässig ist auch die Abgabe der Erledigungserklärung durch schlüssiges Verhalten; bloßes Schweigen genügt jedoch nicht[1], außer nach dem neu eingefügten Abs. 3.[2]

2.1.3 Zeitpunkt

 

Rz. 11

Die Erledigungserklärung kann wirksam ab Rechtshängigkeit der Hauptsache bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung abgegeben werden. Haben die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet, können sie die Erledigung bis zum Erlass der Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklären.

Auch im Revisionsverfahren ist die Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen zulässig.[1]

2.2 Übereinstimmende/einseitige Erledigungserklärung

2.2.1 Übereinstimmende Erledigungserklärung

 

Rz. 12

Bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen bedarf es keiner weiteren Prüfung des Gerichts, ob sich der Rechtsstreit auch materiell in der Hauptsache erledigt hat; denn die Beteiligten haben mit der Abgabe der Erklärungen zu erkennen gegeben, dass sie an einer weiteren Fortführung des Prozesses nicht mehr interessiert sind. Dies folgt aus der auch im Verfahren vor den FG geltenden Dispositionsmaxime.[1]

Aufgrund der beiderseitigen Erklärungen erledigt sich der Rechtsstreit, ohne dass es noch einer Entscheidung des Gerichts hierüber bedarf, sodass nur noch eine Kostenentscheidung durch Beschluss zu treffen ist.

Besteht nach Ergehen einer isolierten Kostenentscheidung Streit darüber, ob übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben wurden, muss das Verfahren fortgesetzt werden. Es ist durch Urteil zu entscheiden, ob sich der Rechtsstreit durch Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen oder durch Erteilung des begehrten Steuerbescheids erledigt hat. Beharrt der Kläger trotzdem auf einer Entscheidung, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen.[2]

2.2.1.1 Einseitige Erledigungserklärung des Klägers

 

Rz. 13

Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers führt noch nicht zur Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Diese kann erst eintreten, wenn der Beklagte zustimmt, also die einseitige Erledigungserklärung zu einer übereinstimmenden wird, das Gericht dies feststellt oder die Fiktion des Abs. 3 wirksam wird. Abgesehen von Letzterem kann jedoch das Schweigen des Beklagten auf eine Erledigungserklärung des Klägers nicht als Zustimmung zur Erledigung ausgelegt werden.[1]

Auch die einseitige Erledigungserklärung stellt eine Prozesserklärung dar, mit der der Kläger zu erkennen gibt, dass er nicht mehr an seinem Klageantrag festhalten wolle, weil dieser durch ein nachträglich eingetretenes außerprozessuales Ereignis gegenstandslos geworden sei. Sie kann aber nicht in eine Klagerücknahme umgedeutet werden, wenn sich der Kläger ausdrücklich gegen die Kostentragungspflicht wehrt.[2] Das Gericht hat nunmehr – im Klageverfahren durch Urteil, sonst durch Beschluss – zu entscheiden, ob Erledigung eingetreten ist oder nicht. Die Fiktionswirkung des Abs. 3 kann in diesem Fall nicht eintreten.

Die Erledigungserklärung ist auch noch in der Revisionsinstanz zulässig.[3]

Zur hilfsweisen Erledigungserklärung s. Rz. 16.

Waren Klage oder Rechtsmittel von Anfang an unzulässig oder sind sie es später durch das erledigende Ereignis geworden, kann nicht die Erledigung, sondern nur die Unzulässigkeit der Klage festgestellt werden.[4] Über die Erledigung wird durch Urteil, ggf. durch Beschluss, jedoch nicht nach § 138 FGO entschieden. Stellt das Gericht die Erledigung fest, hat der Kläger die Kosten nach § 135 Abs. 1 FGO zu tragen.

2.2.1.2 Einseitige Erledigungserklärung des Beklagten

 

Rz. 14

Im Fall der einseitigen Erledigungserklärung des Beklagten hält der Kläger an seinem Klageantrag fest, während der Beklagte von der Erledigung der Hauptsache ausgeht. Das Verfahren läuft hier anders als bei der Erledigungserklärung des Klägers: Da dieser seinen ursprünglichen Antrag weiterverfolgt...

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