Rn. 226

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Es sind hierbei folgende Fälle zu unterscheiden, die grds wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art 3 Abs 1 GG) für alle Einkunftsarten gelten (BFH BStBl III 1967, 460; BFH BStBl II 2010, 1035 mit Anm Kanzler, FR 2011, 83):

Gar keine AfA/zu geringe AfA wurde angesetzt (zu § 129 AORn 500)

(1)

Der StPfl hat unbewusst ("versehentlich") keine AfA vorgenommen oder die AfA zu niedrig angesetzt. Es sind folgende Fälle zu unterscheiden:

(a) AfA nach § 7 Abs 1, 2 o 4 S 2 EStG ist unterblieben/zu niedrig vorgenommen: Der zu hohe Rest-(buch-)wert ist auf die Restnutzungsdauer zu verteilen, falls eine Teilwertabschreibung ausscheidet (H 7.4 EStH 2020 "Unterlassene oder überhöhte AfA"; BFH BStBl II 1981, 255 zu § 7 Abs 4 S 2 EStG; BFH BStBl II 1993, 661;; Kulosa in Schmidt, § 7 EStG Rz 8, 40. Aufl 2021; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 237). Eine Nachholungsmöglichkeit bei § 7 Abs 1 EStG bejaht auch BFH BStBl II 2010, 1035; BFH/NV 1994, 543. Eine Nachholung in Form von AfaA scheidet dagegen grundsätzlich aus (vgl BFH BStBl II 1981, 255, wohl auch BFH BStBl II 2010, 1035).
(b) AfA nach § 7 Abs 4 S 1 o Abs 5 EStG ist unterblieben/zu niedrig vorgenommen: Hat sich die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes nicht geändert (sonst gilt (a)), sind die dortigen AfA-Sätze weiterhin anzuwenden, auch wenn sich dadurch der AfA-Zeitraum von 25, 33, 40 oder 50 Jahren verlängert (H 7.4 EStH 2020 "Unterlassene oder überhöhte AfA"; BFH BStBl II 1984, 709; 2014, 563 zu § 7 Abs 4 S 1 EStG; BFH BStBl II 1987, 491 zu § 7 Abs 5 EStG – der Leitsatz 2 der Entscheidung ist missverständlich; BFH BFH/NV 1991, 391 zu § 7 Abs 5 EStG, offengelassen von BFH BStBl II 2018, 646; wie hier Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 237). Eine Nachholung durch AfaA scheidet mE idR aus. Auch s Rn 362.
(c) AfS nach § 7 Abs 6 EStG ist unterblieben/zu niedrig vorgenommen: Dieses AfS-Volumen kann in gleichen Beträgen auf die Restnutzungsdauer verteilt werden (BFH BStBl III 1967, 460; H 7.5 EStH 2020 "Bodenschatz"), sofern eine Teilwertabschreibung ausscheidet. Eine Nachholung durch AfaA ist mE grundsätzlich ebenfalls nicht möglich.
(d) erhöhte AfA (Begriff: s § 7a Rn 10 (Handzik)) oder Sonderabschreibungen (Begriff: s § 7a Rn 12 (Handzik)) sind unterblieben/zu niedrig vorgenommen: Eine Nachholung scheidet grds aus (BFH BStBl II 1984, 709 zu § 82a EStDV, da ein fester Abzugszeitraum vorliegt), mE auch in Form der AfaA. Lediglich soweit eine Nachholung ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist, ist sie möglich (zB § 7d Abs 1 S 2 EStG, der jedoch ausgelaufen ist).
(2) Der StPfl hat bewusst keine AfA vorgenommen oder die AfA zu niedrig angesetzt, um sich in späteren Jahren Steuervorteile zu verschaffen (dh, weil in späteren Jahren diese AfA wegen höherer Einkünfte stärker steuerentlastend wirken würde). Dann kann er die AfA nicht nachholen (BFH BStBl II 1981, 255; 1987, 491; BFH BFH/NV 2008, 1660; H 7.4 EStH 2020 "Unterlassene oder überhöhte AfA"; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 236). Vielmehr ist das noch verfügbare AfA-Volumen erfolgsneutral um diese unterlassene AfA zu kürzen (BFH BStBl II 1981, 255; BFH/NV 2008, 1660; H 4.4. EStH 2020 "Bilanzberichtigung"). Bei Bilanzierenden (natürliche Personen und PersGes) erfolgt diese erfolgsneutrale Kürzung in der Anfangsbilanz des ersten noch nicht bestandskräftig veranlagten Jahres über das Kapitalkonto. Die unterlassene AfA geht dem StPfl also verloren, er kann sie auch nicht etwa durch eine Teilwertabschreibung in gleicher Höhe kompensieren (ebenso Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 236), auch nicht durch eine AfaA.
(3) Der StPfl hat bewusst keine AfA vorgenommen oder die AfA zu niedrig angesetzt, aber aus außersteuerlichen Gründen. Diese kann er in späteren Jahren nachholen (BFH BStBl II 1981, 255 mwN). Für die Nachholung gilt (1) (a)–(d) entsprechend.

Zu hohe AfA wurde angesetzt

(1) Der StPfl hat die AfA nach § 7 Abs 1, 2 EStG überhöht vorgenommen: Spiegelbildlich zu oben (1) (a) muss der zu niedrige Rest-(buch-)wert auf die Restnutzungsdauer verteilt werden (BFH BStBl II 1993, 661; FG Nds DStRE 2014, 961 rkr; H 7.4 EStH 2020 "Unterlassene oder überhöhte AfA"; Kulosa in Schmidt, § 7 EStG Rz 11, 40. Aufl 2021; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 243). Das AfA-Volumen kann sich nämlich nicht durch eine überhöht vorgenommene AfA erhöhen; nur der Aufwand, der tatsächlich angefallen ist, kann verteilt werden, weil nur dieser die Leistungsfähigkeit des StPfl gemindert hat (BFH BStBl II 2014, 563; BFH IX R 14/19, BStBl II 2020, 545). Diese Korrektur kann aber nur bei demselben WG erfolgen (FG Nds DStRE 2014, 961 rkr).
(2) Der StPfl hat die AfA nach § 7 Abs 4 S 1 EStG überhöht vorgenommen und die Nutzungsdauer des Gebäudes hat sich nicht geändert: Analog § 11c Abs 2 EStDV bemisst sich die AfA nach den um die zu hohe AfA geminderten AK/HK, der AfA-Satz richtet sich nach den gesetzlichen Werten des § 7 Abs 4 S 1 EStG (BFH BStBl II 1988, 335; 2014, 563; H 7.4 ESt...

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