I. Rechte und Pflichten der Fahndung im Steuerstrafverfahren

1. Allgemeines zu den polizeilichen Befugnissen

a) Überblick über die strafprozessualen Kompetenzen der Fahndung

 

Rz. 280

[Autor/Stand] Vgl. zunächst die Übersicht in Rz. 43 ff. Während nach der generalklauselartigen Verweisung in § 385 Abs. 1 AO die Erforschung von Steuerstraftaten (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) nach den einschlägigen Vorschriften der AO und den sie ergänzenden Vorschriften der StPO, des GVG und des JGG zu erfolgen hat, und in § 208 AO die Aufgaben der Steuer- und Zollfahndung geregelt sind, wird in § 404 AO speziell die Rechtsstellung der Steuer- und Zollfahndung im Steuerstrafverfahren definiert. Hierbei verweist das Gesetz auf die polizeilichen Befugnisse nach der StPO.

 

Rz. 281

[Autor/Stand] § 404 AO umreißt die strafprozessualen Kompetenzen der Fahndung im Steuerstrafverfahren wie folgt:

  • Polizeistatus: Nach § 404 Satz 1 AO (§ 52 Satz 1 ZfdG betont dies inhaltsgleich nochmals für die Behörden des Zollfahndungsdienstes) haben "die Behörden des Zollfahndungsdienstes und die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden sowie ihre Beamten [...] im Strafverfahren wegen Steuerstraftaten dieselben Rechte und Pflichten wie die Behörden und Beamten des Polizeidienstes nach den Vorschriften der StPO". Die Fahndung wird insoweit der Kriminalpolizei im allgemeinen Strafverfahren gleichgestellt und kann daher auch als "Steuerpolizei" bezeichnet werden[3] (s. dazu Rz. 119 ff.).
  • Ermittlungspersonen der StA: Die Beamten der Steuer- und Zollfahndung sind Ermittlungspersonen der StA (§ 404 Satz 2 Halbs. 2 AO i.V.m. § 152 GVG; s. dazu Rz. 290 ff.).
  • Kompetenzen als Ermittlungspersonen der StA: Die Fahndungsstellen haben zudem die Befugnisse, die der FinB verbleiben, wenn die Verfolgungszuständigkeit nach § 387 Abs. 2 AO (§ 387 Rz. 35) bei einer anderen Finanzbehörde konzentriert ist (§ 404 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 1 i.V.m. § 399 Abs. 2 Satz 2 AO; s. dazu Rz. 311 ff.)[4].
  • Erweiterter Polizeistatus: Die Fahndungsstellen haben darüber hinaus das Recht zur Durchsicht von Papieren/elektronischen Speichermedien des Betroffenen bei einer Durchsuchung (§ 404 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 AO; s. dazu Rz. 313 ff.).

b) Ermittlungspersonen der StA

 

Rz. 282

[Autor/Stand] In der StPO und anderen Bundesgesetzen wird zwischen ("gewöhnlichen") Polizeibeamten und den "Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft" unterschieden. Diese gegenüber dem früheren Begriff der "Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft" sprachlich modernisierte[6] Beschreibung spiegelt den Wandel in der Funktion der StA als "Herrin des Ermittlungsverfahrens" besser wider. Ermittlungspersonen müssen aufgrund ihrer Weisungsgebundenheit den Anordnungen der StA Folge leisten (§ 161 Satz 2 StPO; § 152 Abs. 1 GVG) und sind mit besonderen Zwangsbefugnissen ausgestattet (s. dazu § 385 Rz. 73 f.). Welche Beamten der Polizei Ermittlungspersonen der StA sind (vgl. § 152 Abs. 2 GVG), ist durch Rechtsverordnung der einzelnen Bundesländer festgelegt[7] (s. dazu § 385 Rz. 74). Zur Zusammenarbeit der Steuer- und Zollbehörden mit der Polizei s. § 385 Rz. 79 f.

 

Rz. 283

[Autor/Stand] Die Fahndungsbeamten sind kraft Gesetzes (§ 404 Satz 2 Halbs. 2 AO) zu Ermittlungspersonen der StA bestimmt (für die Zollfahndungsbeamten wird dies nochmals in § 52 Satz 2 ZfdG festgehalten). Diese Rechte sind im Dienstausweis in Kurzfassung wiedergegeben; auch die Dienstmarke weist auf die besondere Rechtsstellung auf ihrer Rückseite hin (vgl. zur Ausweispflicht Nr. 44 AStBV (St) 2022; s. AStBV Rz. 44). Das Gesetz unterscheidet zwischen den Kompetenzen der Zollfahndungsämter und Fahndungsstellen und denen ihrer Beamten. Nur die Beamten sind Ermittlungspersonen der StA. Den Fahndungsstellen sind aber gem. § 404 Satz 2 i.V.m. § 399 Abs. 2 Satz 2 AO dieselben Zwangsbefugnisse eingeräumt, so dass die Differenzierung sich in der Praxis letztlich nicht auswirkt[9].

c) Abgrenzung zu den staatsanwaltschaftlichen Befugnissen

 

Rz. 284

[Autor/Stand] Nach dem klaren Wortlaut der Verweisung in § 404 Satz 1 AO stehen der Fahndung – abgesehen von dem Durchsichtsrecht bei Papieren – keinerlei staatsanwaltschaftliche Befugnisse zu; diese stehen allein der selbständig ermittelnden StraBu (§ 399 Abs. 1, § 386 Abs. 2 AO) bzw. der StA zu[11]. Aus der steuerlichen Kompetenzvorschrift des § 208 Abs. 1 Satz 2 AO, nach der der Steufa außer den Befugnissen nach § 404 Satz 2 Halbs. 1 AO auch die steuerlichen Ermittlungsbefugnisse der FÄ zustehen, lässt sich gerade nicht rückschließen, dies gelte auch bzgl. der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsbefugnisse der StraBu des FA[12].

 

Rz. 285

[Autor/Stand] Diese Funktions- und Kompetenzabgrenzung hat sich mittlerweile auch in der Fahndungspraxis durchgesetzt, was auch in Nr. 17 Abs. 3 AStBV (St) 2022 (s. AStBV Rz. 17) zum Ausdruck kommt. Danach dürfen Aufgaben, die sich aus der Ausübung staatsanwaltschaftlicher Rechte und Pflichten ergeben, im Strafverfahren – vorbehaltlich ausnahmsweise gesetzlich zugelassener anderweitiger Anordnungen bei Gefahr im Verzug – nur von der StraBu bzw. der StA wahrgenommen werden.

 

Rz. 286

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