a) Selbständiges Tätigwerden

 

Rz. 289

[Autor/Stand] Aufgrund der Verweisung in § 404 Satz 1 und Satz 2 Halbs. 2 AO haben die Fahndungsstellen und ihre Beamten dieselben Rechte und Pflichten, die allgemein den Polizeibehörden und ihren Beamten (diesen auch aufgrund ihres Status als Ermittlungspersonen der StA) nach der StPO zustehen.

 

Rz. 290

[Autor/Stand] Im Rahmen der Durchführung ihrer Ermittlungstätigkeit haben die Fahndungsstellen und ihre Beamten zunächst bereits aus eigener Entschließung, d.h. ohne dass es eines Auftrags oder Ersuchens der StraBu/StA bedarf, eine ganze Reihe von Befugnissen, im Wesentlichen:

  • Vernehmung des Beschuldigten (§ 163a StPO; zum Schweigerecht des Beschuldigten s. Rz. 371) und der Zeugen (§ 161a StPO).
  • Den Beschuldigten trifft aber keine Pflicht zum Erscheinen bei einer Ladung zur Vernehmung durch die Steufa (vgl. auch Nr. 46 Abs. 1 Satz 2 AStBV (St) 2022; s. AStBV Rz. 46), allgemein zur Vernehmung des Beschuldigten s. § 385 Rz. 195 ff.).
  • Die Vernehmung des Zeugen durch Beamte des Polizeidienstes wurde im Jahr 2017 neu gefasst[3]. Nunmehr besteht gem. § 163 Abs. 3 Satz 1 StPO eine Pflicht auf Ladung von Ermittlungspersonen der StA, mithin der Steufa nach § 404 Satz 2 Halbs. 2 AO i.V.m. § 152 GVG, zu erscheinen, wenn der Ladung ein Auftrag der StA/BuStra zugrunde liegt. Die Pflicht zur Aussage des Zeugen ergibt sich nach der Prüfung von Zeugnisverweigerungsrechten (§§ 52, 53, 53a StPO) oder einem Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 StPO), (vgl. auch Nr. 47 AStBV (St) 2022; s. AStBV Rz. 47).
  • Bei Nichterscheinen des Beschuldigten vor der Steufa kann die StA/BuStra nach § 163a Abs. 3 StPO selbst eine Ladung mit der Pflicht zum Erscheinen vornehmen (vgl. Nr. 53 Abs. 3 AStBV (St) 2022). Bei Nichterscheinen des Zeugen vor der Steufa soll die StA/BuStra über weitere Maßnahmen entscheiden (vgl. Nr. 54 Abs. 4 AStBV (St) 2022). Sie kann den Zeugen dann gem. § 161a Abs. 1 Satz 1 StPO ggf. selbst laden und vernehmen, allgemein zur Vernehmung der Zeugen s. § 385 Rz. 217 ff. (s. auch Rz. 286).
  • Etwas anderes gilt im Besteuerungsverfahren. Hier ist der Zeuge verpflichtet, vor der Steufa zu erscheinen und auszusagen (§§ 208, 93 Abs. 5 AO), s. § 385 Rz. 219).
  • Herausgabeverlangen (§ 95 Abs. 1 StPO); hiervon macht die Fahndung insb. häufig gegenüber Kreditinstituten Gebrauch (s. Rz. 601, 670 f.); das Verlangen ist aber, da es an die Zeugenpflicht anknüpft, nicht gem. § 95 Abs. 2 StPO durch Ordnungsgeld erzwingbar[4].
  • Entgegennahme von Strafanzeigen (§ 158 Abs. 1 StPO); zum Auskunftsanspruch betr. den Namen des Anzeigeerstatters s. § 397 Rz. 57 ff.
  • Identitätsfeststellung von Personen, die eines Steuer-(Zoll-)delikts verdächtig sind (§ 127 Abs. 1 Satz 2, § 163b Abs. 1 StPO) und von Unverdächtigen (§ 163b Abs. 2 StPO).
  • erkennungsdienstliche Behandlung, z.B. durch Anfertigen von Lichtbildern (§§ 81b, 163b Abs. 1 Satz 3 StPO), wenn eine Identitätsfeststellung sonst nicht möglich ist.
  • vorläufige Festnahme

    • eines auf frischer Tat Betroffenen oder Verfolgten, wenn Fluchtgefahr besteht oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann (§ 127 Abs. 1 Satz 1, § 163b Abs. 1 Satz 2 StPO),
    • eines Tatverdächtigen, wenn Haft- bzw. Unterbringungsgründe (§§ 112, 126a StPO) bestehen (§ 127 Abs. 2 StPO); dabei muss jedoch Gefahr im Verzug sein, d.h., der richterliche Haftbefehl kann nicht rechtzeitig erwirkt werden[5]. Diese Befugnis hat in Steuerfahndungsverfahren praktisch kaum Relevanz und kommt i.d.R. nur bei Zolldelikten in Betracht[6].
  • Festnahme von Störern bei Durchsuchungen oder Beschlagnahmen (§ 164 StPO).
  • Einsatz technischer Mittel (§ 100c Abs. 1 StPO).
 

Rz. 291

[Autor/Stand] Darüber hinaus stehen den Fahndungsbeamten als Ermittlungspersonen der StA wie allen Polizeibeamten die Befugnisse nach der sog. Ermittlungsgeneralklausel gem. §§ 161, 163 StPO zur Verfügung. Diese allgemeine Befugnisnorm greift dann ein, wenn keine speziellere gesetzliche Eingriffsermächtigung besteht. Die Ermittlungsgeneralklausel kommt für die Ermittlungsbehörden gemäß dem Wortlaut der § 161 Abs. 1 Satz 1, § 163 Abs. 1 Satz 2 StPO (jeweils zweiter Halbsatz) aber nur zur Anwendung, "soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln". Mithin kann die Ermittlungsgeneralklausel nicht "hilfsweise" herangezogen werden, wenn die rechtlichen Grundlagen für Maßnahmen, die gesetzlich gesondert geregelt worden sind, nicht vorliegen[8]. Für die Fahndung kommen demnach folgende Maßnahmen in Betracht:

  • Recht des ersten Zugriffs, d.h. die Befugnis, alle Maßnahmen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhindern (vgl. § 163 Abs. 1 StPO). Dieses Recht steht dem einzelnen Beamten zu, ohne dass es einer besonderen Weisung von Seiten der Dienststelle oder der StA/FinB bedarf; hierunter fallen allgemeine Ermittlungshandlungen, z.B.

    • Erkundigungen, Befragungen,
    • Heranziehung eines Sachverständigen[9]; will die Fahndung einen Sachverständigen gem. § 161a Abs. 1, § 163 Abs. 1 StPO im Ermittlungsverfahren hinzuziehen, so wird das i...

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