a) Banken im Fokus der Ermittlungsbehörden

 

Rz. 580

[Autor/Stand] Kreditinstitute gelangen immer wieder ins Visier der Steufa. Sie bilden schon deshalb eine erkenntnisreiche Informationsquelle, weil sie über vielfältige und umfangreiche Informationen zur finanziellen Situation und wirtschaftlichen Betätigung ihrer Kunden verfügen. Nahezu jeder Stpfl. unterhält aus privaten oder geschäftlichen Gründen eine Beziehung zu einer Bank oder Sparkasse. Da die von den Kreditinstituten für die Kunden verwalteten Vorgänge einen einkommens- bzw. vermögensrechtlichen Bezug haben, können sie auch steuerrechtlich Relevanz entfalten und sind daher für die FinB von Interesse[2].

 

Rz. 581

[Autor/Stand] Dies erklärt seit jeher die vielfältigen gesetzlichen Anzeige- und Meldepflichten von Kreditinstituten. So unterliegen Banken, als sog. "Verpflichtete" nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG, diversen Pflichten nach dem GwG, so bei Verdacht auf Geldwäsche nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG[4] oder Erbfällen (vgl. § 33 Abs. 1 ErbStG[5]), auch mit Auslandsbezug[6] (s. Rz. 660 ff.). Im Bankenbereich bietet sich somit eine intensive, überdurchschnittliche Möglichkeit, mittelbar über eine dritte Person Einblick in die steuerrechtlichen Belange zahlreicher Stpfl. zu nehmen.

 

Rz. 582

[Autor/Stand] Die Ergiebigkeit von Bankenermittlungen verdeutlichen die im Bankensektor anknüpfenden Fahndungsfeldern der jüngeren Vergangenheit wie etwa die Ermittlungen im Hinblick auf sog. Cum-ex-Geschäfte im Wertpapierhandel (s. § 370 Rz. 1750 ff.). Der BGH hat in seinem Grundsatzurteil vom 28.7.2021[8] festgehalten, dass Cum-ex-Geschäfte rechtswidrig und strafbar sind. Von der Entscheidung des BGH waren abgesprochene Geschäfte, also Geschäfte mit expliziter Vereinbarung zwischen den Beteiligten, betroffen[9]. Sodann hat der BGH mit Beschluss vom 6.4.2022[10] ein Urteil des LG Bonn (Haftstrafe für Banker der Warburg Bank) in einem Cum-ex-Strafverfahren bestätigt. Der BFH sieht in seiner Entscheidung vom 2.2.2022[11] Cum-ex-Geschäfte gemäß dem zugrunde liegenden Sachverhalt als steuerlich unzulässig an. Der BFH verneint den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei Cum-ex-Geschäften mit Aktien. Das BVerfG hat Beschwerden mit Cum-ex-Bezug, ohne allerdings auf das Cum-ex-Thema inhaltlich eingehen zu müssen, zurückgewiesen[12]. Aus der Sicht der Rechtsberater stellt sich überdies die Frage, wann juristische Beratung (bei Cum-ex-Geschäften) als Täterschaft und Teilnahme an Wirtschaftsdelikten des Mandanten gewertet werden kann[13] (s. auch Rz. 598).

 

Rz. 583

[Autor/Stand] Besonders exemplarisch sind auch die umfangreichen Ermittlungen in den 1990er-Jahren, die der in Deutschland 1993 eingeführten Zinsabschlagsteuer und der daraufhin zu verzeichnenden erheblichen Kapitalverlagerung ins Ausland nachfolgten. Die gegen zahlreiche Bankkunden wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, in deren Zusammenhang umfangreich Unterlagen sichergestellt wurden, brachten auffällig gewordene anonyme Vermögenstransfers ins Ausland insb. um den Jahreswechsel 1992/1993 ans Tageslicht[15]. Darüber hinaus wurden parallel steuerliche Ermittlungen geführt, um etwa im Wege von Kontrollmitteilungen anlässlich von Bankenprüfungen weitere verdächtige Auslandstransaktionen und unbekannte Steuerfälle aufzudecken.

 

Rz. 584

[Autor/Stand] In den Bankenverfahren stützte sich die Finanzverwaltung extensiv auf die Doppelfunktion der Steufa und die von der Rspr. gebilligte Möglichkeit der Fahndung, anlässlich ein- und derselben Maßnahme neben strafrechtlichen Ermittlungen gleichzeitig steuerrechtliche Ermittlungen zu führen und zwischen straf- und steuerrechtlichen Befugnissen zu wechseln[17], um über die Erkenntnisquelle "Kreditinstitute" die gesetzmäßige Besteuerung vor allem der Erträge aus Kapitalvermögen sicherzustellen. Bei derartigen Ermittlungsmaßnahmen ist daher genau zu unterscheiden, ob die Steufa im Rahmen von steuerlichen Vorfeldermittlungen von dem Kreditinstitut Auskünfte über die Geldanlagen von Bankkunden verlangt (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 93 AO)[18] oder ob die Ermittlungen in einem Steuerstrafverfahren erfolgen (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO). Die Zulässigkeit der Ermittlungen bemisst sich in beiden Fällen zentral nach dem Ermittlungsanlass, d.h. für Vorfeldermittlungen nach dem hinreichenden Anlass (s. Rz. 216 ff., 470) bzw. für strafprozessuale Maßnahmen nach dem begründeten Anfangsverdacht i.S.d. § 152 StPO (s. Rz. 152 ff.).

 

Rz. 585

[Autor/Stand] Anfang des Jahres 2000 setzte eine zweite Fahndungswelle ein, als es um die Ermittlung von sog. Spekulationsgewinnen im Zuge der Neuemissionen am sog. Neuen Markt ging. Hierbei bediente sich die Steufa jedoch weniger ihrer strafprozessualen Befugnisse. Die Ermittlungen wurden vielmehr bereits auf der Vorstufe zu konkreten Steuerstrafverfahren als sog. Vorfeldermittlungen (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO) geführt, in deren Rahmen (Sammel-)Auskunftsersuchen nach § 93 AO an die Kreditinstitute gerichtet wu...

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