2.3.1 Allgemeines

 

Rz. 14

Nach §§ 238, 243 HGB müssen Buchführung und Bilanz den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung entsprechen; nach § 5 Abs. 1 EStG ist steuerlich das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung auszuweisen ist. Sowohl nach Handels- als auch nach Steuerrecht müssen daher Buchführung und Bilanz den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung entsprechen.

Was diese Grundsätze sind, und wie sie ermittelt werden, ist gesetzlich nicht geregelt. Allerdings enthalten die handelsrechtlichen Vorschriften über die Handelsbücher eine, wenn auch nicht vollständige, gesetzliche Regelung dieser Grundsätze oder zumindest Regelungen, die aus diesen Grundsätzen abgeleitet sind. Insbesondere die Vorschriften über die Inventur, §§ 240, 241 HGB, die allgemeinen Bilanzierungsregeln in §§ 243 Abs. 2, 3, 246, 247 Abs. 1 HGB sowie die allgemeinen Bewertungsgrundsätze in § 252 Abs. 1 HGB sind solche Grundsätze. Vgl. hierzu Rz. 25ff.

Allgemein gesprochen entspricht die Bilanz den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung, wenn sie die Zwecke erfüllt, die sie erfüllen soll, also insbesondere die Informationen enthält, die sie enthalten soll. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung hängen daher von dem Zweck ab, den die Bilanz erfüllen soll. Für eine Gewinnermittlungsbilanz gelten daher andere Grundsätze als für eine Umwandlungs- oder Liquidationsbilanz. Auch innerhalb der Gewinnermittlungsbilanzen ist nach den Zwecken zu unterscheiden. Eine Bilanz, die der Kapitalerhaltung und damit einer vorsichtigen Ermittlung eines ausschüttungsfähigen Gewinns dient, folgt anderen Regeln als eine Bilanz, die der Grundlage für die Entscheidungen der Kapitalanleger dienen soll. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung sind daher von dem jeweiligen Zweck abzuleiten, den die Bilanz zu erfüllen hat. Die Ermittlung dieser Grundsätze hat deduktiv aus dem Zweck der Bilanz zu erfolgen, nicht induktiv aus der Verkehrsübung der Kaufleute. Allerdings kann die tatsächliche Praxis der Kaufleute eine wichtige Erkenntnisquelle sein (vgl. auch Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, § 5 Rz. 66; Beck’scher Bilanzkommentar, § 243 Rz. 11ff.; Beisse, StuW 1984, 1, 6 m. w. N.; vgl. auch Schreiber, in Blümich, EStG, § 5 Rz. 209; BFH v. 31.5.1967, BStBl III 1967, 607). Letztlich ergeben sich die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung aus den zwingenden handelsrechtlichen Vorschriften; es können darüber hinaus auch ungeschriebene Grundsätze bestehen, die aber nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen können.

2.3.2 Inventur

2.3.2.1 Inventurgrundsätze

 

Rz. 15

Eine ordnungsmäßige Buchführung und Bilanzierung setzen eine ordnungsmäßige Inventur voraus.[1] Nach § 240 Abs. 1 HGB hat der Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes und danach für den Schluss jedes Geschäftsjahrs seine Grundstücke, Forderungen und Schulden, den Betrag des Bargelds sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und zu bewerten (Inventar). Dieses Inventar ist grundsätzlich auf der Grundlage einer (körperlichen) Bestandsaufnahme zu ermitteln (Inventur). Fotografien der Bestände ersetzen die körperliche Bestandsaufnahme nicht.[2]

Die Inventur zielt auf eine vollständige Erfassung, genaue Bezeichnung (Identifizierung), genaue Mengenangabe nach Zahl, Maß und Gewicht sowie Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden. Dabei sind alle Vermögensgegenstände einzeln aufzunehmen, wenn nicht Erleichterungen zugelassen sind. Zur Planung der Inventur vgl. Quick, DB 1991, 713; Quick, DB 1991, 723.

Das Inventar wird aufgestellt

  • beim Anlagevermögen aufgrund der Anlagekartei (Anlageverzeichnis), das den Bestand an Anlagevermögen unter Berücksichtigung von Zu- und Abgängen sowie der Abschreibungen ermittelt. Ergänzend tritt, insbesondere bei einer Vielzahl von kleineren Anlagegegenständen, die körperliche Bestandsaufnahme hinzu. Eine jährliche körperliche Bestandsaufnahme ist nicht erforderlich, wenn sich aus dem Betriebsverlauf zwangsläufig eine ständige Kontrolle der wesentlichen Teile des Anlagevermögens ergibt (HFA 1/90, Wpg 1990, 143). Als Vereinfachungsverfahren sieht § 240 Abs. 3 HGB für Sachanlagevermögen das Festwertverfahren vor; vgl. § 6 Rz. 48;
  • beim Vorratsvermögen (Umlaufvermögen) durch Inventarlisten, die aufgrund körperlicher Bestandsaufnahme aufgestellt werden. Als Vereinfachungsverfahren sieht § 240 Abs. 3 HGB das Festwertverfahren für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (vgl. § 6 Rz. 48) sowie § 240 Abs. 4 HGB die Gruppenbewertung (vgl. § 6 Rz. 56) vor. Bei der Werkstattinventur besteht die Besonderheit, dass es sich bei den Werkstattvorräten um einen stets fließenden Bestand von Aufträgen handelt, der die Fertigung durchläuft. Der Werkstattbestand kann daher nur über die gerade in Arbeit befindlichen Aufträge identifiziert werden. Soweit die Werkstattproduktion durch Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme gesteuert wird, können die dabei gewonnenen Daten für die Inventurauswertung benutzt werden. Soweit dabei die aus dem Werkstattbestand entnomme...

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