Rz. 391

Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG liegen nach § 20 Abs. 8 S. 1 EStG auch dann vor, wenn sich die Tätigkeit, mit deren Hilfe die in § 20 EStG genannten Kapitalerträge erzielt werden, als gewerbliche Betätigung i. S. d. § 15 Abs. 2 EStG darstellt.[1] Die bloße Umschichtung von Wertpapieren, auch in erheblichem Umfang, führt allerdings noch nicht dazu, dass die Grenze zu einer gewerblichen Betätigung überschritten wird. Insofern verweist die Rspr. zu Recht darauf, dass es bei Wertpapieren in der Natur der Sache liegt, den Bestand zu verändern, schlechte Papiere abzustoßen, gute zu erwerben und Kursgewinne zu realisieren.[2]

Eine gewerbliche Betätigung kann daher nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden. Zur Abgrenzung zieht die Rspr. das Bild eines Wertpapierhändlers heran und fragt, ob die Tätigkeit des Stpfl. mit einem Wertpapierhandelsunternehmen i. S. d. § 1 Abs. 3d S. 2 KWG oder einem Finanzunternehmen i. S. d. § 1 Abs. 3 KWG vergleichbar ist.[3] Danach ist vor allem ein Tätigwerden für andere, vor allem ein Tätigwerden für fremde Rechnung, ein starkes Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit. Umgekehrt deutet ein Tätigwerden ausschließlich für eigene Rechnung darauf hin, dass der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung noch nicht überschritten ist. Auch ein Tätigwerden im unmittelbaren Handel mit anderen Marktteilnehmern hat die Rspr. als Indiz für eine Gewerblichkeit gewertet. Dagegen soll eine Abwicklung der Geschäfte über eine depotführende Bank, ohne selbst Kontrahenten zu suchen, kennzeichnend für eine private Betätigung sein. Ein weiteres Indiz für eine gewerbliche Betätigung sieht die Rspr. darin, dass der Wertpapierhandel die Haupttätigkeit des Stpfl. darstellt. Dagegen übt ein Privatanleger entsprechende Geschäfte typischerweise neben seiner Hauptbeschäftigung in der Freizeit aus.

 

Rz. 392

Abgesehen von obigen grundlegenden Kriterien finden sich in der Rspr. weitere Aspekte, die für eine gewerbliche Betätigung sprechen können:

  • Regelmäßige Überlassung von Kapitalvermögen gegen Entgelt an Privatpersonen anstelle von Einlagen bei Banken und Sparkassen.[4]
  • Anbieten von Wertpapiergeschäften gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit, entweder unmittelbar oder mittelbar über einen Finanzdienstleister.[5]
  • Nähe der Wertpapiergeschäfte zu einer gleichartigen, bereits ausgebübten beruflichen Tätigkeit des Stpfl.[6]
  • Ausnutzung eines bestimmten Marktes unter Einsatz von Erfahrungen und Kenntnissen, die durch eine Berufstätigkeit erworben wurden.[7]
  • Geschäftsmäßige Organisation der Anlagetätigkeit, wie etwa das Unterhalten von Büroräumen, die Beschäftigung von Angestellten oder regelmäßige Börsenbesuche.[8]
  • Fehlende eindeutige Trennung angeblich privater Geschäftsvorfälle von den übrigen, gewerblich geprägten Geschäften.[9]
  • Ausnutzen von Kursdifferenzen mit beruflich erlangten Kenntnissen und ohne Einsatz eigenen Vermögens in banktypischer Weise.[10]
  • Durchführung von Werbemaßnahmen für Kapitalanlagegesellschaften in der Öffentlichkeit durch den Stpfl.[11]
  • Zweifelhaft beim heutigen Anlegerverhalten: Die Anschaffung von Wertpapieren in der Absicht der alsbaldigen Weiterveräußerung.[12]
  • Zweifelhaft beim heutigen Anlegerverhalten: Die Fremdfinanzierung der bei den Anlagegeschäften eingesetzten Vermögenswerte.[13]

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