Ankauf notleidender Darlehensforderungen

Bei einem Forderungskäufer kommt es zur Beurteilung der Frage der Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit nicht auf die Verwertungs-, sondern auf die Beschaffungsseite an. Der nachhaltige Ankauf von notleidenden Darlehensforderungen nebst Sicherungsrechten begründet nicht ohne Weiteres die Annahme einer originär gewerblichen Tätigkeit des Forderungskäufers.

§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. EStG zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Eine Personengesellschaft erzielt – insoweit als Steuerrechtssubjekt bei der Ermittlung der Einkünfte – gewerbliche Einkünfte, wenn die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit als Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG) betreiben. Des Weiteren gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.

Sachverhalt: Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Streitjahr 2008 gewerbesteuerpflichtig war. Die Klägerin firmierte unter A-GmbH & Co. KG. Gegenstand des Unternehmens war „der Ankauf von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, Wertpapieren und sonstigen Kapitalanlagen aller Art sowie deren Vermietung, Verpachtung und Verwaltung ihres eigenen Vermögens".

Gründungskomplementärin der Klägerin war die weder am Vermögen noch am Ergebnis beteiligte A-GmbH (GmbH). Gründungskommanditist der Klägerin und alleiniger Gesellschafter der GmbH war A. Er war als Komplementär auch allein zur Geschäftsführung der Klägerin berechtigt und verpflichtet. A hielt wiederum den Kommanditanteil sowie die Beteiligung an der GmbH als Treuhänder für Z, die die Lebensgefährtin und spätere Ehefrau des E war.

Mit Vertrag vom 3.4.2007 übertrug A den Geschäftsanteil an der GmbH und seinen Kommanditanteil an der Klägerin auf F. Zugleich wurde der Treuhandvertrag dahin geändert, dass F die Beteiligungen als Treuhänderin halten sollte. Treugeberin blieb unverändert Z. Im Jahr 2011 wurde Z im Handelsregister als Kommanditistin eingetragen, nachdem F als Kommanditistin der Klägerin ausgetreten war.

In den Jahren 2004 bis 2006 kaufte die Klägerin für insgesamt 2.050.000 EUR mit Genehmigung der Treugeberin von mehreren Banken notleidende Darlehensforderungen unter Nennwert an oder löste Darlehensforderungen durch Zahlung einer unter Nennwert der Gesamtforderungen liegenden Summe gegen Freigabe diverser Sicherheiten ab. Diesen Kauf- und Ablösungsvorgängen lagen sechs zivilrechtlich selbständige Verträge zwischen den ehemaligen Gläubigern der gekauften und abgelösten Forderungen zu Grunde, von denen fünf vollzogen wurden. Die Verträge wurden mehrheitlich von verschiedenen Vergleichsvereinbarungen zwischen den jeweiligen Forderungsschuldnern und den involvierten Banken flankiert. Bei allen Kauf- und Ablösungsvorgängen trat die Klägerin als Forderungskäuferin oder als diejenige auf, die die fremde Darlehensschuld ablöste. Als Altgläubiger beziehungsweise Forderungsverkäufer waren bei drei der Kauf- und Ablösungsverträge die B-Bank (B), einmal die C-Bank und einmal die S-GmbH & Co. KG involviert. Schuldner der jeweils erworbenen Forderungen waren in den fünf vollzogenen Kauf- und Ablösungsvorgängen entweder E persönlich oder eine Gesellschaft, an der E zumindest beteiligt war. Sofern bei den Kauf- und Ablösungsvorgängen der Klägerin auf Altgläubigerseite die B auftrat, waren jeweils unterschiedliche Kreditengagements betroffen.

Zur Sicherung der gekauften Darlehensforderungen bzw. zur Sicherung der Regressforderung gegen den Forderungsschuldner wurden in den Kauf- und Ablösungsverträgen zwischen der Klägerin und den Gläubigern sowohl bestehende, akzessorische Sicherheiten als auch zusätzliche nicht akzessorische Sicherheiten auf die Klägerin übertragen. Zusätzlich ließ sich die Klägerin von den jeweiligen Forderungsschuldnern Vermögensansprüche aus verschiedenen Beteiligungen abtreten.

Die Finanzierung der Forderungskaufpreise und Ablösesummen erfolgte zum großen Teil fremdfinanziert. Dabei wurden die angekauften Forderungen selbst und die diesbezüglichen Sicherungsmittel zum Teil bereits im Voraus an die finanzierenden Dritten als Sicherheit abgetreten.

Aus einem Teil der Kauf- und Ablösungsvorgänge erhielt die Klägerin unregelmäßig Einnahmen aus den abgetretenen Forderungen sowie den zur Sicherung abgetretenen Vermögensansprüchen, wie Mieteinnahmen oder Auskehrungen von Grundstücksverkaufserlösen. Darüber hinaus erfolgten auch unregelmäßig Zinszahlungen auf die erworbenen Forderungen. Für die Überwachung der Zahlungen und Ansprüche aus den abgetretenen Vermögensrechten unterhielt die Klägerin keine eigenen Büroräume. Eigene Angestellte hatte sie nicht. Die Mietverhältnisse wurden weiterhin von den bereits zuvor beauftragten Hausverwaltungen verwaltet. Die Buchhaltung erledigte eine Kanzlei, die auch die Kongruenz der auf den Konten der Klägerin eingehenden Mieteinnahmen mit den Aufstellungen der Hausverwaltungen prüfte. Die Klägerin entfaltete keine Mahnungs- oder Vollstreckungstätigkeit ggü. den jeweiligen Schuldnern der abgelösten Forderungen. Keine der abgelösten beziehungsweise erworbenen Forderungen wurde in den Folgejahren durch die Klägerin verkauft.

Im Streitjahr erhielt die Klägerin 3.290.000 EUR aus der Verwertung einer Sicherheit. Im Verwertungsprozess hatte sie keine aktive Rolle eingenommen. Im Jahr 2016 schrieb die Klägerin – von der Außenprüfung unbeanstandet – die uneinbringlichen Restforderungen aus den Ablösungsvorgängen ab.

Im Streitjahr war die Klägerin zudem an der L-GmbH & Co. KG beteiligt, für die bestandskräftig gewerbliche Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt waren. An der Gewinnverteilung nahm die Klägerin jedoch nicht teil.

Nachdem die Klägerin zunächst in den Feststellungserklärungen für 2004 und 2005 gewerbliche Einkünfte erklärt hatte, teilte sie später dem Finanzamt (FA) mit, dass sie keine gewerblichen Einkünfte erziele.

Für das Streitjahr erklärte sie ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen. Obwohl sie keine Gewerbesteuererklärung abgab, erließ das FA einen Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr.

Den hiergegen von der Klägerin eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.

Das Finanzgericht (FG) folgte der Ansicht der Klägerin und gab der eingereichten Klage statt. Die Klägerin habe insbesondere keine originäre gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Eine etwaige Abfärbung gewerblicher Beteiligungseinkünfte gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG führe nicht zu einem nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegenden Gewerbebetrieb.

Entscheidung: Klägerin unterliegt nicht der Gewerbesteuer

Der BFH bestätigt die Auffassung des FG. Die Klägerin unterliegt nicht der Gewerbesteuer.                       

Klägerin ist nicht als gewerblich geprägte Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) anzusehen

Die Klägerin war im Streitjahr keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Die Komplementärin der Klägerin war gesellschaftsvertraglich von der Geschäftsführung, die vom Kommanditisten A wahrgenommen wurde, ausgeschlossen.

Keine Einkünfte aus gewerblichem Unternehmen

Die Klägerin hat auch keine Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG erzielt. Ihre Betätigung hat den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten.

Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.

Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs ist im Übrigen, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet.

Klägerin war nachhaltig tätig

Eine Tätigkeit ist regelmäßig nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist, also eine Wiederholungsabsicht in der Weise besteht, dass weitere Geschäfte geplant sind. Bei Vorliegen von zwei Geschäften wird bereits das Vorliegen der Wiederholungsabsicht vermutet.

Zur Beurteilung der Nachhaltigkeit ist auf die Geschäfte, die die gewerbliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausmachen, abzustellen. Bei einem Händler kommt es z.B. auf ein wiederholtes Tätigwerden auf der Absatzseite an; ein wiederholtes Tätigwerden auf der Beschaffungsseite reicht nicht aus. Bei einem Forderungskäufer hingegen ist zur Beantwortung der Frage der Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit nicht auf die Verwertungsseite, sondern auf die Beschaffungsseite abzustellen, da die entscheidende Tätigkeit der Ankauf von Forderungen ist, nicht hingegen das Ob und Wie ihrer Einziehung beispielsweise der Verwertung der für sie bestellten Sicherheiten. Die Wiederholungsabsicht muss sich daher darauf beziehen, wiederholt (mindestens mit zwei getrennten Erwerbsgeschäften) Forderungen zu erwerben. Abweichendes kann in einem solchen Fall allenfalls dann gelten, wenn der Steuerpflichtige auf der Einziehungs- beziehungsweise Verwertungsseite ausnahmsweise besondere Aktivitäten entwickelt, die seine Tätigkeit insgesamt als Gewerbebetrieb erscheinen lassen, wie etwa eine besondere büromäßige Organisation und die Anstellung von Personal.

Die Klägerin hat in einem Zeitraum von Dezember 2004 bis Oktober 2006 sechs selbständige Kauf- oder Ablöseverträge mit verschiedenen Altgläubigern geschlossen, von denen fünf Verträge vollständig und ohne Leistungsstörungen abgewickelt wurden. Es war daher von einer nachhaltigen Tätigkeit der Klägerin auszugehen.

Grenze der privaten Vermögensverwaltung ist nicht überschritten

Die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung der Vermögenswerte im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt.

§ 14 Abs. 3 AO bestimmt, dass eine Vermögensverwaltung i.d.R. vorliegt, wenn Vermögen genutzt, z.B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird. Die „Vermögensverwaltung“ wird dadurch nicht abschließend definiert. In der Rechtsprechung wird sie negativ danach bestimmt, "ob die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht“.

Bild des Handels

Das "Bild des Handels" ist durch die Ausnutzung substantieller Werte durch Umschichtung von Vermögenswerten gekennzeichnet; es unterscheidet sich von der "Vermögensumschichtung im Rahmen privater Vermögensverwaltung" durch den marktmäßigen Umschlag von Sachwerten.

Bild des gewerblichen Dienstleisters

Das "Bild des gewerblichen Dienstleisters" ist durch ein Tätigwerden für Andere, vor allem ein Tätigwerden für fremde Rechnung geprägt. Im Zusammenhang mit der gewerblichen Dienstleistung hat das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Vermögensverwaltung in Gestalt einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten keine rechtliche Bedeutung.

Tätigkeit der Klägerin

Die Tätigkeit der Klägerin ähnelt nicht der eines gewerblichen Dienstleisters, weil die Klägerin nicht für Andere tätig geworden ist. Sie hat das komplette Ausfallrisiko in Bezug auf die erworbenen Forderungen getragen. Dementsprechend standen Dienstleistungselemente nicht im Vordergrund ihrer Tätigkeit.

Sie ist auch nicht als Forderungshändlerin tätig geworden. Ankäufe der Forderungen und Sicherungsrechte waren durch die private Nähebeziehung der Treugeberin zu den Forderungsschuldnern motiviert. Das persönliche, zum Teil familiäre Umfeld widerspricht dem Bild eines Gewerbetreibenden, der sich regelmäßig mit seiner Leistung auf einem breiten Markt bewegt. Zur Beitreibung der Forderungen wurden keinerlei Aktivitäten unternommen.

Im Streitfall fehlt es an einem händlertypischen Umschlag der erworbenen Forderungen, weil die Klägerin die notleidenden Forderungen nebst Sicherheiten zwar erworben, diese aber nicht weiterveräußert hat. Sie hat sich nach dem Erwerb der Forderungen weder aktiv um die Forderungsrealisierung bemüht noch für die Überwachung ihrer Zahlungsansprüche eigene Mitarbeiter beschäftigt oder eigene Büroräume unterhalten. Dies zeigt nicht nur, dass sie gänzlich anders agiert hat als beispielsweise ein Inkassounternehmen, sondern auch, dass ihre Tätigkeit durch die private Nähebeziehung zum Forderungsschuldner E beeinflusst war.

Ist die Tätigkeit des Forderungskäufers nicht auf die weitere Verwertung der Forderungen durch Verkauf ausgerichtet, zielt sie vornehmlich auf eine Anspruchsrealisierung. Auch wenn im Zeitpunkt des Forderungserwerbs Zinszahlungen, Tilgungsleistungen und Erträge aus der Verwertung von Sicherheiten ungewiss sind, so geht die Erwartung des Forderungskäufers gleichwohl dahin, dass es – neben etwaigen Zinszahlungen – zu Teil(rück)zahlungen und Erlösen aus der Verwertung von Sicherheiten kommt und diese seine Anschaffungskosten übersteigen. Dass sich die Fruchtziehung nicht in einem laufenden (wiederkehrenden) Ertrag (Zinsen oder Dividenden) charakterisiert, sondern in der Differenz zwischen gezahltem Kaufpreis und Teilrückzahlung bzw. Ertrag aus der Verwertung von Sicherheiten, führt nicht zur Annahme eines Gewerbebetriebs. Denn die Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Ertragserwartung in der Anspruchsrealisierung liegt.

Zudem fehlt es an einem Geschäftskonzept der Klägerin, das darin besteht, (zahlungsgestörte) Forderungen zu kaufen, zwischenzeitlich zu halten und zu verkaufen, wobei bereits bei Aufnahme der Tätigkeit festgestanden hat, dass sich das erwartete positive Gesamtergebnis nur unter Einbeziehung des Erlöses aus dem Verkauf der Forderungen erzielen lässt.

Auch die „Höhe des Anlagevolumens“ und dementsprechend auch die "Höhe des Nennbetrags der erworbenen Darlehensforderungen" ist wegen ihrer Unbestimmtheit kein geeignetes Abgrenzungskriterium, zumal der Nennbetrag einer zahlungsgestörten Forderung wenig über Umfang und Risiko des Forderungskaufs aussagt.

Fremdfinanzierung führt nicht zur Gewerblichkeit

Die Tatsache, dass die Forderungserwerbe überwiegend fremdfinanziert waren, führt nicht zur Annahme einer Gewerblichkeit. Die Klägerin hat ihre Fremdkapitalkosten nicht aus dem Verkauf der Forderungen decken wollen, sondern hoffte auf eine (teilweise) Forderungsrealisierung. Daher kommt es für die Abgrenzung von privater Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb hier auch nicht darauf an, ob die Klägerin erwarten konnte, die Fremdkapitalkosten durch Zinserträge decken zu können, oder ob dies unrealistisch war. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Fremdfinanzierung der Forderungskäufe nicht das Risiko der Investition erhöht hat, sondern allein Einfluss auf deren Ertragsaussichten hatte. Diese Tatsache ist indes nicht geeignet, eine gewerbliche Tätigkeit der Klägerin zu begründen.

Inanspruchnahme fremder Dienste kein Indiz für Gewerbebetrieb

Gleiches gilt hinsichtlich des Umstands, dass die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit möglicherweise auf die Kenntnisse und die Expertise des E zurückgreifen konnte. Denn allein die Nutzung fremder (Markt-)Kenntnisse, Erfahrungen und Expertisen sowie die Inanspruchnahme fremder Dienste begründen noch kein hinreichendes Indiz für einen Gewerbebetrieb.

Klägerin gilt nicht als Gewerbebetrieb infolge der Abfärberegelung

Eine etwaige Abfärbung gewerblicher Beteiligungseinkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG hat nicht zur Folge, dass ein nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gegeben war.

§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass die Klägerin – wäre sie als gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG anzusehen – nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt.

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG gilt die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht. Dies gilt unabhängig davon, ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 positiv oder negativ sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alt. 2 EStG).

Es kann dahingestellt sein, ob die Klägerin aus der L-GmbH & Co. KG (oder anderen Beteiligungen) Beteiligungserträge im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezogen hat, die im Streitjahr zu einer sogenannten Aufwärtsabfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2 EStG geführt haben. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, so wäre die Klägerin gleichwohl nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb anzusehen. Der BFH verweist hierzu auf seine Begründung in den Urteilen v. 6.6.2019, IV R 30/16, BStBl II 2020, 649, sowie vom 5.9.2023, IV R 24/20, BFH/NV 2024, 88.

BFH, Urteil v. 30.11.2023, IV R 10/21; veröffentlicht am 18.1.2024

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