BMF, 16.12.2003, IV A 6 - S 2240 - 153/03

Zur einkommensteuerlichen Behandlung von Venture Capital Fonds und Private Equity Fonds nehme ich im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:

 

I. Begriffsbestimmung

1

In Venture Capital und Private Equity Fonds, die meist von einem oder mehreren Initiatoren gegründet werden, schließen sich Kapitalanleger insbesondere zum Zweck der Finanzierung junger Unternehmen, des Wachstums mittelständischer Unternehmen, der Ausgliederung von Unternehmensteilen oder der Nachfolge in Unternehmen zusammen. Dabei dient der Fonds als Mittler zwischen den Kapitalanlegern einerseits und den zu finanzierenden Unternehmen (Portfolio-Gesellschaften) andererseits. Von den Fonds werden Eigenkapital- und eigenkapitalähnliche Beteiligungen an den Portfolio-Gesellschaften erworben. Nach Erreichen des durch die Finanzierung beabsichtigten Ziels (z.B. Umwandlung der Portfolio-Gesellschaften in Aktiengesellschaften und die Platzierung der Unternehmen an der Börse, Ausgliederung von Unternehmensteilen) werden die Anteile an den Gesellschaften – kurspflegend – veräußert.

 

II. Venture Capital und Private Equity Fonds

 

1. Typischer Sachverhalt

2

Bei Venture Capital Fonds und Private Equity Fonds ist regelmäßig von den nachfolgend dargestellten Sachverhaltselementen auszugehen:

Venture Capital und Private Equity Fonds werden regelmäßig in Form einer Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) gegründet. Die Komplementär-GmbH ist meist am Vermögen der KG nicht beteiligt. In- und ausländische private und institutionelle Anleger beteiligen sich als Kommanditisten an den Fonds. Auch die Initiatoren beteiligen sich als Kommanditisten an den Fonds. Sie bringen neben ihrem Kapital regelmäßig auch immaterielle Beiträge (Erfahrungen, Kontakte, Netzwerke) ein.

3

Die laufende Geschäftsführung wird von der Komplementär-GmbH oder einer Management-Gesellschaft als Kommanditist mit Geschäftsführungsbefugnis („geschäftsführende Gesellschafter”) wahrgenommen. Zur laufenden Geschäftsführung gehört die Prüfung der Beteiligungen, die Verhandlung der Beteiligungsverträge, die Überwachung der Beteiligungen, das Berichtswesen, die Kapitalabrufe und die Betreuung der Anleger. Der „geschäftsführende Gesellschafter” erhält regelmäßig eine jährliche Haftungs- und Geschäftsführungsvergütung zwischen 1,5 und 2,5 % des Zeichnungskapitals des Fonds. Die letztverantwortlichen Anlageentscheidungen (Investment- und Designvestment-Entscheidungen) werden von einer weiteren GmbH und Co. KG (Initiator-KG) getroffen. Die Initiatoren erhalten unmittelbar oder mittelbar über die Initiator-KG neben ihrem Gewinnanteil für ihre letztverantwortlichen Anlageentscheidungen und sonstigen immateriellen Beiträge zusätzlich eine Vergütung von meist 20 % der Gewinne des Fonds, die erst nach der Ausschüttung der Gewinne an die übrigen Gesellschafter ausgezahlt wird (sog. Carried Interest).

4

Die Tätigkeit des Fonds besteht regelmäßig im Erwerb von Beteiligungen an den zu finanzierenden Unternehmen (meist Kapitalgesellschaften), dem Einziehen von Dividenden und Zinsen und – nach Erreichen des mit der Finanzierung beabsichtigten Zwecks – der Veräußerung der im Wert erheblich gestiegenen Beteiligungen. Die Beteiligungen werden im Durchschnitt 3 bis 5 Jahre gehalten, der Fonds hat im Durchschnitt eine Laufzeit von 8 bis 12 Jahren.

5

Die Beteiligungen werden ausschließlich mit Eigenmitteln des Fonds – mit Ausnahme der Inanspruchnahme staatlicher Förderung, die zivilrechtlich als Darlehen ausgestaltet ist – erworben. Die Verwaltung der Beteiligungen erfolgt in der Regel nur über die Ausübung von gesetzlichen oder üblichen gesellschaftsvertraglichen Rechten von Gesellschaftern. Für wichtige Geschäftsführungsmaßnahmen bei den Portfolio-Gesellschaften kann ein Zustimmungsvorbehalt für die Initiator-KG – analog § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG – bestehen. Der Fonds oder die geschäftsführenden Gesellschafter streben eine Vertretung in Aufsichtsräten oder Beiräten der Portfolio-Gesellschaften an. Die Rechte und Pflichten als Aufsichtsrat oder Beirat orientieren sich am gesetzlichen Leitbild des Aufsichtsrats einer Kapitalgesellschaft.

 

2. Steuerrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Fonds

6

Eine private Vermögensverwaltung liegt vor, wenn sich die Betätigung noch als Nutzung von Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten darstellt und die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung nicht entscheidend in den Vordergrund tritt (vgl. BFH-Urteile vom 4.3.1980, BStBl 1980 II S. 389 und vom 29.10.1998, BStBl 1999 II S. 448). Ein Gewerbebetrieb liegt dagegen vor, wenn eine selbstständige nachhaltige Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (vgl. BFH-Beschluss vom 25.6.1984, BStBl 1984 II S. 751, 762).

7

Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 4.3.1980, a.a...

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