Rz. 389

Der verbleibende Gesellschafter muss die Voraussetzungen eines übernehmenden Rechtsträgers nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 UmwStG erfüllen. Das Gesetz normiert damit nur Voraussetzungen für den verbleibenden Gesellschafter als übernehmenden Rechtsträger, nicht dagegen für die optierende Gesellschaft als "übertragenden Rechtsträger". In Bezug genommen wird die Umwandlung nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder 4 UmwG. Da als Rechtsfolge die einer fiktiven Verschmelzung bzw. einer fiktiven Vermögensübertragung bestimmt sind, kann mit dieser Verweisung nur die Verschmelzung, § 2 UmwG, und die verschmelzungsähnliche Vermögensübertragung, § 174 Abs. 1 UmwG, gemeint sein. Nicht in Betracht kommt die Spaltung, § 123 UmwG. Ebenfalls kommt m. E. die spaltungsähnliche Vermögensübertragung nach § 174 Abs. 2 UmwG nicht in Betracht, da durch den vollständigen Übergang des Vermögens durch Anwachsung eine Teilübertragung nicht möglich sein dürfte.[1]

 

Rz. 390

Übernehmender Rechtsträger i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwStG können Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, GmbH, AG, KGaA, eingetragene Genossenschaften sowie natürliche Personen sein.[2]

Auch ausländische Rechtsträger, die einem umwandlungsfähigen Rechtsträger inländischen Rechts vergleichbar sind, können erfasst sein.[3]

Durch die Verweise in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwStG auf Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 (Statut der Europäischen Gesellschaft "SE") und auf Art. 19 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 (Statut der Europäischen Genossenschaft "SCE") sind jeweils Verfahren ihrer Gründung durch Verschmelzung angesprochen. Da die vorgenannten Gesellschaften in den Fällen des § 1a Abs. 4 S. 5 KStG jedoch bereits als "verbleibender" Gesellschafter existent sein müssen und bereits an einer optierten Gesellschaft beteiligt gewesen sein müssen, kann es in der Konstellation des § 1a Abs. 4 KStG nicht unmittelbar um die Verfahren der Gründung gehen. Vielmehr spricht die Niederlassungsfreiheit und wohl auch der Rechtstypenvergleich dafür, dass sowohl die SE als auch die SCE übernehmende Rechtsträger i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwStG für Zwecke des § 1a KStG sein können.[4]

 

Rz. 391

Für eine natürliche Person als verbleibenden Gesellschafter gelten keine besonderen Voraussetzungen.

 

Rz. 392

§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UmwStG bezieht sich auf Vermögensübertragungen i. S.d § 174 UmwG. Nach § 174 Abs. 1 UmwG kann ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) unter Auflösung ohne Abwicklung sein Vermögen als Ganzes auf einen anderen bestehenden Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger) gegen Gewährung einer Gegenleistung an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers, die nicht in Anteilen oder Mitgliedschaften besteht, übertragen (Vollübertragung), zu § 174 Abs. 2 UmwG siehe Rz. 389. § 175 UmwG bestimmt den Kreis derjenigen Personen, die für eine Vollübertragung in Betracht kommen. Dies ist nach § 175 Nr. 1 UmwG der Bund, ein Land, eine Gebietskörperschaft oder einen Zusammenschluss von Gebietskörperschaften, sowie nach Nr. 2, in Abhängigkeit von der jeweiligen Konstellation, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen oder Versicherungs-Aktiengesellschaften.[5]

 

Rz. 393

In den Fällen, in denen der verbleibende Gesellschafter die in Rz. 389ff. genannten Voraussetzungen erfüllt, hat die Auflösung der Gesellschaft durch Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters die fiktive Verschmelzung der fiktiven Körperschaft auf eine Körperschaft oder natürliche Person (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwStG) oder die Übertragung des Vermögens der optierenden Gesellschaft auf die in Rz. 392 benannten Personen zur Folge. Die steuerlichen Folgen mit der Ermittlung von Übernahmegewinnen richten sich bei einer natürlichen Person und Personengesellschaften als verbleibendem Gesellschafter nach §§ 3ff. UmwStG[6] und sind daher die gleichen wie bei einer Rückoption (vgl. daher Rz. 336ff.).

Ist der verbleibende Gesellschafter eine Körperschaft, richten sich die steuerlichen Folgen nach § 11ff. UmwStG[7], sind also anders als bei der Rückoption. Das gilt auch, wenn es sich um eine Vermögensübertragung handelt. Dieser Vorgang kann unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 UmwStG steuerneutral erfolgen.[8]

Rz. 394–396 einstweilen frei

[1] A. A. Böhmer, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 1a KStG Rz. 584.
[2] BT-Drs. 19/29843, 43 unter Bezugnahme auf UmwSt-Erlass v. 11.11.2011, IV C 2 – S 1978-b/08/10001, BStBl I 2011, 1314, Rz. 01.10; Böhmer, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 1a KStG Rz. 579.
[3] UmwSt-Erlass v. 11.11.2011, IV C 2 – S 1978-b/08/10001, BStBl I 2011, 1314, Rz. 01.27; Böhmer, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 1a KStG Rz. 579.
[4] Vgl. Böhmer, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 1a KStG Rz. 579.
[5] Vgl. Böhmer, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 1a KStG Rz. 585.
[6] BT-Drs. 19/29843, 43.
[7] BT-Drs. 19/29843, 43.
[8] Hierzu Frotscher, G., in Frotscher/Drüen,...

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