Rz. 238

[Autor/Stand] Vorteile des § 6 nutzen. In Einzelfällen kann es im Hinblick auf einen geplanten Wegzug vorteilhaft sein, vor dem Wegzug eine bestehende Konstellation in eine "§ 6 AStG-Struktur" umzuwandeln, um beim Wegzug insbesondere von § 6 Abs. 3 (Rückkehrregelung) und der Stundung während der Abwesenheit (§ 6 Abs. 4 Satz 7) profitieren zu können. Angesprochen sind Fälle, in denen sich die Kapitalgesellschaftsanteile in einem steuerlichen (Sonder-)Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen befinden und ein steuerlicher Wegzug eine Sofortbesteuerung i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG bzw. § 16 Abs. 3a EStG mit einer allenfalls 5-jährigen Gewinnverteilung bzw. Ratenzahlung ohne Rückkehrregelung vergleichbar dem § 6 Abs. 3 auslösen würde (s. Rz. 64 ff.). Insbesondere kann die Umwandlung dann zielführend sein, wenn sich eine "Verstrickung" der Kapitalgesellschaftsanteile im Betriebsvermögen nicht bzw. nicht rechtssicher herstellen lässt.

 

Beispiel

Der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige A ist alleiniger Kommanditist der D-Holding GmbH & Co. KG (D-KG), einer rein vermögensverwaltenden Holding, die keine aktive Beteiligungsverwaltung[2] betreibt. Zugleich ist A Alleingesellschafter der vermögensmäßig nicht beteiligten Komplementär-GmbH (D-GmbH). Die D-KG hält in ihrem Betriebsvermögen neben einem in Deutschland belegenen kleinen Grundstück ausschließlich Anteile an der deutschen A-GmbH. A beabsichtigt unter Aufgabe seiner unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland für fünf Jahre nach Österreich (Ausgangsfall) bzw. in die USA (Abwandlung) zu verziehen. Eine Möglichkeit, die D-KG mit originär gewerblichen Tätigkeiten auszustatten, besteht nicht.

Lösung

Verzieht A nach Österreich bzw. in die USA wird die Entstrickungsbesteuerung i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG ausgelöst. Die D-KG vermittelt abkommensrechtlich keine Betriebsstätte i.S.v. Art. 5 DBA-Österreich bzw. Art. 5 DBA-USA, da sie rein vermögensverwaltend tätig ist. Nach dem Wegzug würde Österreich (Art. 13 Abs. 5 DBA-Österreich) bzw. den USA (Art. 13 Abs. 5 DBA-USA) abkommensrechtlich das alleinige Besteuerungsrecht an den Gewinnen aus einer Veräußerung der Anteile zustehen. Folge wäre eine Sofortbesteuerung der in den Anteilen an der A-GmbH angesammelten stillen Reserven gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG (s. Rz. 64 ff.). Nach dem Gesetzeswortlaut käme nur bei Wegzug nach Österreich allenfalls eine Verteilung des Gewinns über fünf Jahre in Betracht (s. Rz. 69). Auch würde die Steuer nicht durch eine Rückkehr nach Deutschland wieder entfallen, da insoweit eine dem § 6 Abs. 3 vergleichbare Regelung fehlt. Wäre A hingegen unmittelbar an einer Kapitalgesellschaft i.S.v. § 17 EStG beteiligt, fände nicht § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG, sondern § 6 AStG Anwendung. Bei einem Wegzug nach Österreich bzw. in die USA wäre die gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 ausgelöste Wegzugsbesteuerung unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 Satz 7 zu stunden, bis die Wegzugsteuer bei Rückkehr nach Deutschland rückwirkend nach § 6 Abs. 3 entfiele. Vor diesem Hintergrund ist vor dem Wegzug zu überlegen, ob die Überführung der bestehenden Struktur in eine Beteiligung von A an einer Kapitalgesellschaft, d.h. ein "Hineingestalten" in § 6, sinnvoll ist. Hier sind verschiedene Fallstricke zu beachten (s. Rz. 239).

 

Rz. 239

[Autor/Stand] Wege der "Hineingestaltung". Die Überführung einer bestehenden Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft in eine Beteiligung i.S.v. § 17 EStG an einer Kapitalgesellschaft lässt sich durch verschiedene Maßnahme im Wege der Umwandlung (bspw. Formwechsel in oder Verschmelzung auf eine GmbH) bzw. Übertragung der Mitunternehmeranteile in eine Kapitalgesellschaft (bspw. durch sog. erweiterte Anwachsung) oder – rein steuerrechtlich – durch Ausübung der Option zur Körperschaftsbesteuerung (§ 1a KStG)[4] herstellen. Die Umwandlung der Kommanditgesellschaft selbst kommt in der Praxis häufig nicht in Betracht, insbesondere bei Familienunternehmen mit größerem und internationalem Gesellschafterkreis.[5] Die Steuerneutralität der Maßnahmen lässt sich unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 20, 25 UmwStG erzielen.[6] Wird eine Sachgesamtheit (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil) in eine Kapitalgesellschaft zu einem Buch- oder Zwischenwert eingebracht, sind die erhaltenen Anteile grds. sperrfristverhaftet i.S.v. § 22 Abs. 1 UmwStG (s. Rz. 76 ff.). Soweit aber zum eingebrachten Gesamthands- oder Sonderbetriebsvermögen Kapitalgesellschaftsanteile gehören, sind die hierauf entfallenden stillen Reserven in den erhaltenen Anteile grds. nicht nach § 22 Abs. 1 UmwStG sperrfristbehaftet (§ 22 Abs. 1 Satz 5 Halbs. 1 UmwStG), sondern nur die (mit-)eingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile nach § 22 Abs. 2 UmwStG.[7] Etwas anderes gilt aber bspw. dann, wenn unter Inanspruchnahme der Tz. 20.09, 20.10 des Umwandlungssteuererlasses 2011[8] Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft nicht mit eingebracht werden, um das Entstehen eigener Anteile zu verhindern (ggf. bei erweiterter Anwachs...

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