"... oder wenn mit der Hauptgattung der Anteile an ihr ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet."

a) Systematik

 

Rz. 577

[Autor/Stand] Überblick. Die Regelung des Satzes 1 findet keine Anwendung, "wenn" (vgl. Rz. 585) die Voraussetzungen der sog. Börsenklausel des Satzes 2 Alt. 2 erfüllt sind. Erforderlich ist hierfür, dass die Hauptgattung der Anteile (vgl. Rz. 581 f.) an der Körperschaft an einer anerkannten Börse notiert sind und mit den Anteilen der Hauptgattung ein wesentlicher und regelmäßiger Handel stattfindet (vgl. Rz. 583 f.). Besonderheiten sind zu beachten in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen (vgl. ausf. Rz. 586 ff.).

 

Rz. 578

[Autor/Stand] Systematik und Telos. Das Vorliegen der Voraussetzungen der sog. Börsenausnahme schließt kraft Gesetzes die Anwendung des Satzes 1 (und damit im Ergebnis der Regelungswirkung des § 50d Abs. 3 EStG) aus: Das Nachweiserfordernis bezieht sich nur auf den Gegenbeweis (Satz 2 Alt. 1), nicht hingegen auf die Börsenausnahme des Satzes 2 Alt. 2 (vgl. Rz. 510, 516). Die Börsenausnahme ist daher – unter Beachtung der Feststellungslast und erweiterten Mitwirkungspflichten (vgl. Rz. 628 ff.) – von Amts wegen zu berücksichtigen. Das entspricht dem Willen des Gesetzgebers.[3] Die Börsenausnahme ist damit gesetzestechnisch als negative Tatbestandsvoraussetzung des Satzes 1 konzipiert. Als negative begünstigende Tatbestandsvoraussetzung obliegt dem Steuerpflichtigen die objektive Beweislast (Feststellungslast) (vgl. Rz. 628). Mit der Börsenklausel unterstellt das Gesetz in typisierender Form, dass eine Körperschaft, deren Anteile einem wesentlichen und regelmäßigen Börsenhandel unterliegen, nicht als bloßes Vehikel zur missbräuchlichen Erlangung von Steuervorteilen im Interesse einzelner Anteilseigner instrumentalisiert werden kann.[4] Das ist Ausfluss des Grundgedankens, dass zur Erfüllung des subjektiven Missbrauchselements eine Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Körperschaft zumindest möglich sein muss (vgl. Rz. 550). Darüber hinaus trägt das Gesetz mit der Börsenklausel dem Umstand Rechnung, dass es der Körperschaft jedenfalls bei einem wesentlichen und regelmäßigen Handel ihrer Anteile nicht möglich sein wird, den steuerlichen Status der an ihr beteiligten Personen zu ermitteln, zumal der Anteilseignerbestand der Körperschaft in diesem Fall einem stetigen Wechsel unterliegt.

 

Rz. 579

[Autor/Stand] Verhältnis zu § 7 Abs. 6 Satz 3 AStG, Art. 7 MLI, Art. 29 OECD-MA 2017. Die Börsenklausel wurde ursprünglich nach dem Vorbild des § 7 Abs. 6 Satz 3 AStG in § 50d Abs. 3 Satz 4 EStG i.d.F. JStG 2007 übernommen.[6] Der Gesetzgeber des AbzStEntModG wollte mit der Neufassung des § 50d Abs. 3 EStG aber nunmehr insbesondere die Vorgaben des BEPS-Aktionspunktes 6 umsetzen (vgl. Rz. 63)[7], dessen LoB-Klausel selbst eine Börsenausnahme enthält (vgl. nun Art. 7 Abs. 9 Buchst. c, Abs. 13 MLI; Art. 29 OECD-MA 2017). Diese beruht schließlich auf der LoB-Abkommenspraxis der USA, wie sie auch in Art. 28 Abs. 2 Buchst. c, Abs. 8 Buchst. a bis c DBA-USA zum Ausdruck kommt. Für die Auslegung des § 50d Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 EStG kann auf die Erkenntnisse zur Auslegung dieser Normen zurückgegriffen werden.

 

Rz. 580

[Autor/Stand] Verhältnis zu § 50d Abs. 3 Satz 5 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG: Keine Verschärfung. Die Börsenausnahme des § 50d Abs. 3 Satz 5 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG wurde nahezu wort- und inhaltsgleich in § 50d Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 EStG i.d.F. AbzStEntModG übernommen. Lediglich eine geringe inhaltliche Änderung[9] wurde vorgenommen: Wegen der Erfassung sämtlicher Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen sind statt "Aktien" nunmehr "Anteile" erfasst. Entgegen einem weit verbreiteten Missverständnis im Schrifttum wurde die Börsenklausel demnach weder in ihrem Wortlaut noch in ihrem Inhalt verschärft. Im Schrifttum besteht die Ansicht, die Börsenklausel sei seit dem AbzStEntModG nicht mehr auf mittelbar beteiligte Personen anzuwenden. Diese Ansicht ist unzutreffend und beruht offenbar auf missverständlichen Ausführungen im Referentenentwurf, die aber im Zuge des Regierungsentwurfs richtiggestellt wurden. S. ausf. dazu Rz. 587.

b) Hauptgattung der Anteile "an ihr"

 

Rz. 581

[Autor/Stand] Anteile an der Körperschaft. Die Börsenausnahme erfordert, dass mit der Hauptgattung der Anteile "an ihr", d.h. der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, ein wesentlicher und regelmäßiger Börsenhandel stattfindet (zur Bedeutung des "an ihr" für mehrstufige Beteiligungsstrukturen s. Rz. 586). Der Wortlaut spricht nicht mehr (wie die Altfassung des § 50d Abs. 3 Satz 5 i.d.F. BeitrRLUmsG oder Art. 28 DBA-USA) von "Aktien", sondern neutral von "Anteilen". Das ist zunächst systematisch folgerichtig, da § 50d Abs. 3 EStG nunmehr alle Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen erfasst. Darüber hinaus entspricht das aber auch den Vorgaben des BEPS-Aktionspunkts 6, der ebenfalls über Aktien hinaus vergleichbare Rechte an anderen börse...

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