„(2) [1] Die Mindesthaltedauer umfasst 45 Tage und muss innerhalb eines Zeitraums von 45 Tagen vor und 45 Tagen nach der Fälligkeit der Kapitalerträge erreicht werden. ...”

 

Rz. 77

[Autor/Stand] Legaldefinition der Mindesthaltedauer für die Zwecke des 50j Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG. Zu den ergänzenden Entlastungsvoraussetzungen des § 50j EStG gehört nach dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 die ununterbrochene Zurechnung der Aktien oder Genussscheine im Sinne des § 39 AO zum Antragsteller im Erstattungsverfahren nach § 50d Abs. 1 EStG während der "Mindesthaltedauer" (s. Rz. 60 ff.) sowie nach § 50j Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG das Tragen des Mindestwertänderungsrisikos während der "Mindesthaltedauer" (s. Rz. 67 f.). Die Definition dieser Mindesthaltedauer übernimmt für beide Entlastungsvoraussetzungen einheitlich der Abs. 2 Satz 1 des § 50j EStG. Der Wortlaut der Bestimmung ist identisch mit demjenigen der Schwestervorschrift des § 36a EStG (vgl. Rz. 15). Danach beträgt die Mindesthaltedauer 45 Tage um den Zeitpunkt bzw. Zeitraum der Fälligkeit der betroffenen Kapitalerträge (s. Rz. 79).

 

Rz. 78

[Autor/Stand] Relevanter Zeitraum für die Einhaltung der Mindesthaltedauer. Über die quantitative Festlegung des Zeitraums der Mindesthaltedauer hinaus bestimmt § 50j Abs. 2 Satz 1 EStG auch, dass die Mindesthaltedauer innerhalb eines bestimmten Zeitraums einzuhalten ist. Die Finanzverwaltung nennt diesen Zeitraum "Mindesthaltezeitraum".[3] Dies ist nach dem Gesetz der Zeitraum "von 45 Tagen vor und 45 Tagen nach der Fälligkeit der Kapitalerträge". Demnach handelt es sich grundsätzlich um einen Zeitraum von insgesamt 90 Tagen, dessen Mitte der Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge bildet, für die eine Entlastung von der Kapitalertragsteuer im Erstattungsverfahren des § 50d Abs. 1 EStG geltend gemacht wird (s. Rz. 54). Ist die Fälligkeit der Kapitalerträge allerdings – wie z. B. für Dividenden nach § 58 Abs. 4 Satz 2 AktG – auf einen bestimmten Kalendertag oder einen anderen Zeitraum festgelegt, erweitert sich der Zeitraum für die Einhaltung der Mindesthaltedauer entsprechend. Nur insoweit ist einer Auffassung in der Literatur[4] zuzustimmen, die den Zeitraum, innerhalb dessen die Mindesthaltedauer einzuhalten ist, als einen Zeitraum von 91 Tagen definiert. Denn anders, als dies § 44 Abs. 2 EStG im Hinblick auf den Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge tut, spricht der Abs. 2 Satz 1 des § 50j EStG nicht von vornherein vom "Tag" der Fälligkeit der Kapitalerträge.

 

Rz. 79

[Autor/Stand] Fälligkeit der Kapitalerträge. Der Zeitpunkt bzw. Zeitraum der Fälligkeit der Kapitalerträge, mithilfe dessen der Zeitraum der Einhaltung der Mindesthaltedauer bestimmt wird (s. Rz. 78), ist abhängig von der Einkunftsquelle und der Art der daraus bezogenen Erträge. Bei Aktien (s. Rz. 31) regelt § 58 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG die Fälligkeit einer Dividende. Danach tritt sie "am dritten auf den Hauptversammlungsbeschluss folgenden Geschäftstag" ein. Ein Beschluss der Hauptversammlung oder die Satzung können eine spätere Fälligkeit festlegen. Als Zeitraum der Fälligkeit von Dividenden kann hingegen – mangels gesetzlicher Grundlage – nicht pauschal der erste Geschäftstag nach dem Tag der Hauptversammlung fingiert werden, wie es die Finanzverwaltung dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Schwestervorschrift des § 36a EStG (s. Rz. 15) erlauben will.[6] Die Fälligkeit sonstiger Kapitalerträge aus einer Aktie, insbesondere verdeckter Gewinnausschüttungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (s. Rz. 37), richtet sich nach den Bestimmungen des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts. Dies gilt ebenfalls für Kapitalerträge aus Genussscheinen (s. Rz. 32): Bei ihnen ergibt sich die Fälligkeit aus den Emissionsbedingungen.[7] Dreh- und Angelpunkt der Mindesthaltedauer ist damit weder der Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge, der gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 EStG die Entstehung der Kapitalertragsteuer bestimmt sowie im Rahmen des Abs. 4 Satz 2 des § 50j EStG für die Einhaltung der mindestens einjährigen Haltedauer entscheidend ist (s. Rz. 100), noch der Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses, zu dem gemäß § 20 Abs. 5 EStG der steuerliche Gläubiger der Kapitalerträge festzustellen ist (vgl. Rz. 63).

 

Rz. 80

[Autor/Stand] Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses und Mindesthaltedauer. Da § 20 Abs. 5 Satz 2 EStG den steuerlichen Gläubiger der Kapitalerträge (s. Rz. 58) – unabhängig von der Fälligkeit der Kapitalerträge, die für die Mindesthaltedauer entscheidend ist (s. Rz. 79) – zum Zeitpunkt des Beschlusses der Hauptversammlung über die Gewinnverteilung bestimmt, ist es denkbar, dass der Zeitraum für die Einhaltung der Mindesthaltedauer (s. Rz. 78) den Zeitpunkt für die Bestimmung des steuerlichen Gläubigers der Kapitalerträge nicht umfasst. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise die Fälligkeit einer Dividende durch Beschluss der Hauptversammlung oder durch die Satzung auf einen Tag festgelegt würde, der mehr als 45 Tage nach dem Zeitpunkt des Gewinnver...

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