rechtskräftig

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch bei Führung eines elektronischen Fristenkontrollbuchs ist für fristwahrende Schriftstücke Ausgangskontrolle erforderlich, um bei Fristversäumung ein schuldhaftes Büroversehen auszuschliessen

 

Normenkette

AO § 110

 

Tatbestand

Der in D wohnhafte Kläger betrieb in Hamburg eine Gaststätte. Mit dem Bescheid über gesonderte Gewinnfeststellung vom 8.4.1998 schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr, weil der Kläger keine Steuererklärung abgegeben hatte. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 8.5.1998 fristgerecht Einspruch ein. Der Rechtsbehelf blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 31.7.1998 stellte der Beklagte die dem Feststellungsbescheid zugrunde liegenden zumindest missverständlich dargestellten Besteuerungsgrundlagen klar, nachdem dem Kläger unter Hinweis auf eine mögliche Verböserung § 367 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war. Die Einspruchsentscheidung wurde am 5.11.1998 zur Post gegeben.

Am 11.12.1998 erhob der Kläger Klage und beantragte wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er beruft sich auf ein unverschuldetes Büroversehen seines Prozessbevollmächtigten und trägt hierzu vor:

Der Prozessbevollmächtigte habe durch Zufall am 10.12.1998 entdeckt, dass die Klagefrist am 8.12.1998 abgelaufen gewesen sei. Die Fristenkontrolle werde beim Prozessbevollmächtigten über ein elektronisches Fristenkontrollbuch geführt. Die Klagefrist sei ordnungsgemäß in das Fristenkontrollbuch eingetragen worden; als Fristende sei ausweislich des überreichten Druckauszuges der 8.12.1998 notiert gewesen. Die Eintragung, Erinnerung und Austragung der Fristen werde in dem Büro durch die Mitarbeiterin des Bevollmächtigten die Steuerfachwirtin P. durchgeführt. Durch einen nicht mehr aufzuklärenden Tatbestand sei der Bevollmächtigte am 8.12.1998 nicht auf den drohenden Ablauf der Frist aufmerksam gemacht worden. Seine Mitarbeiterin habe darüber hinaus die Frist am 9.12.1998 aus einem nicht mehr nachzuvollziehenden Anlass ausgetragen. Das elektronische Fristenkontrollbuch werde bei Start eines Computers in dem Büro automatisch an jedem Arbeitsplatz aufgerufen. Die fälligen Fristen würden nach Vorfristen aufgerufen. Für Fristen, die am gleichenTag abliefen, flamme der Bildschirm rot auf. Warum dem Prozessbevollmächtigten in diesem Fall von dem gewohnten Fristablauf keine besondere Nachricht gegeben worden sei, sei nicht erklärlich. Der Prozessbevollmächtigte überwache die Einträge in das Fristenkontrollbuch stichprobenartig. Von der Ausbildung und vom Kenntnisstand seiner Mitarbeiter her dürften Fristversäumnisse nicht vorkommen.

In der Sache wendet sich der Kläger gegen die vom Beklagten geschätzten Besteuerungsgrundlagen, insbesondere gegen den Ansatz eines Veräußerungsgewinnes. Hierzu wird im Einzelnen auf die Klagschrift verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Gewinnfeststellungsbescheid 1997 vom 8.4.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.11.1998 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unzulässig abzuweisen.

Nach seiner Auffassung reichten die vorgetragenen Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aus. Auf seiten des Prozessbevollmächtigten liege insbesondere ein nicht entschuldbarer Fehler in der Büroorganisation vor. Um das Übersehen einer Frist zu verhindern, sei eine tägliche personelle Fristenkontrolle erforderlich. Hierfür habe der Prozessbevollmächtigten keine Vorkehrungen geschaffen. Zudem habe keine Ausgangskontrolle bzw. keine abendliche Erledigungskontrolle hinsichtlich der ablaufenden Fristen stattgefunden. Zudem sei dem Vortrag des Klägers weder eine genügende Sorgfalt bei der Auswahl der Mitarbeiter der für die Führung des elektronischen Fristenkontrollbuchs verantwortlichen Mitarbeiter noch deren Belehrung und Überwachung zu entnehmen.

Die Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuerakten sowie die Betriebsprüfungsakte (Band I) zur Steuer-Nr. … haben vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet gemäß § 90 a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Gerichtsbescheid.

Die Klage ist unzulässig, weil die Klagefrist von einem Monat (§ 47 Abs. 1 FGO) nicht eingehalten worden ist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) kann nicht gewährt werden.

Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag bzw. bei Nachholung der versäumten Rechtshandlung innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist, auch ohne Antrag, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter ohne Verschulden gehindert waren, die Frist einzuhalten und die hierfür erheblichen Tatsachen spätestens innerhalb von 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses schlüssig dargetan werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 5.11.1998 I R 90/97, nicht amtlich veröffentlicht, Juris; vom 26.11.1997 X R 78/97, BFH/NV 1998, 711, und vom 16. Oktober 1996 II R 3/96, BFH/NV 1997, 358). Dabei muss sich der Kläger nach § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs.2 der Zivilpro...

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