Zusammenfassung

 
Überblick

Ein Steuerverwaltungsakt wird gem. § 124 Abs. 1 AO mit seiner Bekanntgabe wirksam. Sobald er wirksam ist, ist das Finanzamt an ihn gebunden, es sei denn, dass eine Korrekturvorschrift greift. Für den Steuerpflichtigen ergibt sich zunächst eine bessere Ausgangsposition. Er kann nämlich innerhalb eines Monats noch Einspruch einlegen (§§ 347 ff. AO, s. Gruppe 12/D "Einspruch") oder – allerdings nur bei Steuerbescheiden – Antrag auf schlichte Änderung stellen (§ 172 Abs. 1 Nr. 2a AO). Unterlässt er dies, wird der Verwaltungsakt unanfechtbar, d. h. formell bestandskräftig, und der Steuerpflichtige befindet sich jetzt mit dem Finanzamt auf derselben Ebene. Er ist nun ebenfalls auf die Korrekturvorschriften angewiesen. Diese durchbrechen die materielle Bestandskraft. Nur wenn der Tatbestand einer Änderungsvorschrift erfüllt ist, kann oder muss ein Verwaltungsakt aufgehoben oder geändert werden. Nach der Systematik der Abgabenordnung sind 2 Arten von Steuerverwaltungsakten zu unterscheiden: Steuerbescheide und diesen gleichgestellte Bescheide (insbesondere Freistellungs-, Grundlagen- und Zinsbescheide) einerseits und sonstige Steuerverwaltungsakte andererseits. Dementsprechend sind auch die Änderungsvoraussetzungen unterschiedlich geregelt. Eine Sonderstellung nimmt die Berichtigung von offenbaren Unrichtigkeiten ein. Diese Korrekturmöglichkeit gilt für alle Steuerverwaltungsakte, also auch für Steuerbescheide, worin in der Praxis auch ihre eigentliche Bedeutung liegt.

In jedem Berichtigungs-, Aufhebungs- oder Änderungsbescheid (Korrekturbescheid) ist zwar die jeweils angewandte Korrekturvorschrift anzugeben. Die Angabe dieser Norm ist jedoch nicht Teil der getroffenen Regelung, sondern Teil der Begründung des Verwaltungsakts (§§ 121, 126 Abs. 1 Nr. 2, 127 AO), sodass eine fehlende oder falsch angegebene Korrekturnorm grundsätzlich ohne Folgen bleibt, wenn nur die Korrektur selbst – aus welchen Gründen auch immer – rechtmäßig ist (BFH, Beschluss v. 12.8.2013, X B 196/12, BFH/NV 2013 S. 1761).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Für die Änderung sonstiger Steuerverwaltungsakte gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 130, 131 AO, für die Änderung von Steuerbescheiden die besonderen Vorschriften der §§ 172 bis 177 AO im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO). Zu beachten sind neben den Korrekturvorschriften der AO auch in Einzelsteuergesetzen enthaltene spezielle Korrekturvorschriften, z. B. § 10d EStG. Rechtsgrundlage für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit ist § 129 AO.

Zu den Änderungsvorschriften gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung. Deren wichtigste Grundsätze sind in den Verwaltungsanweisungen des AEAO wiedergegeben.

Nach § 156 Abs. 1 AO i. V. m. der Kleinbetragsverordnung gibt es bei Korrekturen zugunsten des Steuerpflichtigen eine Bagatellgrenze von 10 EUR, bei Korrekturen zu seinen Lasten von 25 EUR.

1 Änderung allgemeiner Verwaltungsakte

Die AO spricht bei der Änderung allgemeiner Verwaltungsakte von "Rücknahme" und "Widerruf".[1] Bei den Steuerbescheiden spricht sie von "Aufhebung" und "Änderung".[2]

Ob entweder eine Rücknahme oder ein Widerruf eines Verwaltungsakts in Betracht kommt, hängt davon ab, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig oder ob er rechtmäßig ist. Rechtswidrige Verwaltungsakte können gem. § 130 AO zurückgenommen, rechtmäßige Verwaltungsakte können gem. § 131 AO widerrufen werden.

1.1 Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte

Rechtswidrige Verwaltungsakte können nach Abs. 1 des § 130 AO mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit (also rückwirkend) ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er im Zeitpunkt seines Erlasses ganz oder teilweise gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt, ermessensfehlerhaft ist oder eine Rechtsgrundlage überhaupt fehlt. Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage hingegen macht einen ursprünglich rechtmäßigen Verwaltungsakt grundsätzlich nicht rechtswidrig, es sei denn, es läge ein Fall steuerrechtlicher Rückwirkung vor, welche den Verwaltungsakt erfasst.[1] Zu unterscheiden ist zwischen belastenden und begünstigenden Verwaltungsakten.

1.1.1 Rücknahme belastender Verwaltungsakte

Rechtswidrige belastende Verwaltungsakte können, auch wenn sie mit dem Einspruch wegen Fristablaufs nicht mehr anfechtbar sind, ohne besonders gesetzlich geregelte Voraussetzungen zurückgenommen werden. "Können" bedeutet ein Ermessen der Finanzbehörden i. S. d. § 5 AO. Hat z. B. ein Steuerpflichtiger die Einspruchsfrist gegen einen Verspätungszuschlagsbescheid versäumt, kann er einen Antrag auf dessen Rücknahme stellen. Die Finanzbehörde muss prüfen, ob der Bescheid rechtswidrig ist und wenn ja, ob seine Rücknahme oder Teilrücknahme (Herabsetzung) geboten ist. Sie darf den Antrag auf Rücknahme eines belastenden Verwaltungsakts nicht allein deshalb ablehnen, weil der Steuerpflichtige einen Einspruch hätte einlegen können. Allerdings muss dieser näher begr...

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