Besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach

Beantragt ein Steuerberater wegen Nichtnutzung des beSt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, muss er darlegen, weshalb er nicht von der Möglichkeit der Priorisierung seiner Registrierung (sog. fast Lane) Gebrauch gemacht hat.

Hintergrund: Unwirksame Telefax-Beschwerde

Die Klage der A wurde vom FG abgewiesen. Dagegen legte A durch seinen Steuerberater (S) im Dezember 2022 per Telefax Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH ein. Die Frist zur Begründung der Beschwerde wurde antragsgemäß um einen Monat verlängert und lief am 20.01.2023 ab.

Am 20.1.2023 (also noch innerhalb der Frist, aber nach der Einführung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs – beSt – ab 1.1.2023) ging beim BFH die Beschwerdebegründung (wieder) per Telefax ein. Die Senatsgeschäftsstelle wies den S sodann schriftlich darauf hin, dass Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln seien und die Telefax-Beschwerdebegründung diesen Anforderungen nicht genüge. S legte darauf die Beschwerdebegründung am 23.2.2023 (also nach Fristablauf) nochmals in elektronischer Form (durch einen unterbevollmächtigten Rechtsanwalt über das besonderem elektronischem Anwaltspostfach – beA) vor und beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO). Er trug vor, die elektronische Einreichung sei ihm nicht möglich gewesen, weil das beSt noch nicht eingerichtet gewesen sei. Der Registrierungsbrief der Bundessteuerberaterkammer sei erst am 18.01.2023 beim ihm, S, eingegangen. Die Registrierung und Implementierung in die Kanzleisoftware hätten bis zum Fristablauf am 20.1.2023 nicht realisiert werden können.

Beigefügt war ein Schreiben der Steuerberaterkammer X vom September 2022, in dem darauf hingewiesen wird, dass für Berufsträger, die aktiv in die finanzgerichtliche Kommunikation eingebunden sind, die Möglichkeit besteht, sich für eine Priorisierung (sog. "fast Lane", deutsch etwa: Überholspur) anzumelden. Einen Vortrag dazu, weshalb er, S, die "fast Lane" nicht genutzt hat, enthält der Wiedereinsetzungsantrag nicht.

Entscheidung: Pflicht zur Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs

Der BFH verwarf die Beschwerde als unzulässig. Die A hat die Beschwerdebegründungsfrist versäumt und nicht hinreichend dargelegt, dass sie bzw. S ohne Verschulden daran gehindert war, die Beschwerdebegründung fristgerecht elektronisch per beSt einzureichen.

Keine Fristwahrung durch Telefax

Die am 20.1.2023 (innerhalb der Frist) per Telefax eingegangene Beschwerdebegründung ist nicht als elektronisches Dokument und damit nicht in der gebotenen Form übermittelt worden. Sie gilt deshalb als nicht eingereicht. Der Formverstoß führt zur Unwirksamkeit und schließt damit insbesondere eine Fristwahrung aus (BFH v. 27.4.2022, XI B 8/22, BFH/NV 2022, S. 1057, Rz. 12).

Die elektronische Kommunikation wurde nicht eingehalten

Für die in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO genannten Steuerberater steht seit dem 1.1.2023 ein sicherer Übermittlungsweg i.S. des § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung. Denn seit dem 1.1.2023 (§ 157e StBerG) richtet die Bundessteuerberaterkammer über die Steuerberaterplattform für jeden Steuerberater ein beSt empfangsbereit ein (§ 86d Abs. 1 Satz 1 StBerG). Steuerberater sind mit der Einrichtung des Postfachs, spätestens aber ab diesem Zeitpunkt, nach § 52d Satz 2 FGO nutzungspflichtig (BFH v. 27.4.2022, XI B 8/22, BFH/NV 2022, S. 1057, Rz. 9). Das ist im Streitfall nicht geschehen. Das Telefax hat daher die Begründungsfrist nicht gewahrt.

Strenge Voraussetzungen eines Wiedereinsetzungsantrags

Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, sind bei Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb der Einmonatsfrist nach Wegfall des Hindernisses vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen (BFH v. 4.8.2020, XI R 15/18, BFH/NV 2021, S. 29, Rz. 18). Jedes Verschulden, auch einfache Fahrlässigkeit, schließt die Wiedereinsetzung aus (z.B. BFH v. 13.9.2012, XI R 48/10, BFH/NV 2013, S. 212, Rz. 12). Dabei hat sich die A, wie jeder Beteiligte, das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten wie eigenes Verschulden zurechnen zu lassen (z.B. BFH v. 15.5.2019, XI R 14/17, BFH/NV 2019, S. 924, Rz. 7).

Die Darlegungsanforderungen sind nicht erfüllt

Der Wiedereinsetzungsantrag des S erläutert nicht, weshalb er nicht von der Möglichkeit der Nutzung der "fast Lane" Gebrauch gemacht hat. Dass diese Möglichkeit für aktiv in die finanzgerichtliche Kommunikation eingebundene Berufsträger besteht bzw. bestand, war S aufgrund des Schreibens der Steuerberaterkammer X vom September 2022 bekannt. Bereits aufgrund der Einlegung der Beschwerde im November 2022 und auch aufgrund des Antrags auf Fristverlängerung zur Beschwerdebegründung im Dezember 2022 musste ihm bewusst sein, dass er zu dem im Schreiben genannten Personenkreis gehört. Aufgrund des BFH-Beschlusses v. 27.4.2022, XI B 8/22 (BFH/NV 2022, S. 1057), Rz. 9 musste ihm außerdem bewusst sein, dass er ab dem 1.1.2023 gemäß § 52d Satz 2 FGO zur elektronischen Kommunikation mit dem BFH verpflichtet sein wird. Weshalb S trotz dieser beiden Umstände kein Verschulden daran treffen soll, die "fast Lane" nicht genutzt zu haben, um eine frühere Registrierung und Implementierung in die Kanzleisoftware zu ermöglichen, begründet die Beschwerde nicht. Der Wiedereinsetzungsantrag war deshalb abzulehnen.

Hinweis: Nutzung des beSt

Die Entscheidung betont zum einen die ab 1.1.2023 für Steuerberater geltende Pflicht zur Nutzung des beSt für die Einreichung von Schriftsätzen und Dokumenten im finanzgerichtlichen Verfahren (FG und BFH). Für Rechtsanwälte gilt die Nutzungspflicht des beA schon seit 1.1.2022. Bei Doppelzulassung ist entscheidend, ob der Prozessbevollmächtigte gegenüber dem FG als RA oder als StB auftritt, d.h. in welcher Eigenschaft er unterzeichnet (BFH v. 27.4.2022, XI B 8/22, BFH/NV 2022, S. 1057, Rz. 7).

Zum anderen weist der BFH auf die strengen Wiedereinsetzungsvoraussetzungen hin, und zwar auch hinsichtlich der Darlegung der Hinderungsgründe. A hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen er nicht von der "fast Lane" Gebrauch gemacht hat.

BFH, Beschluss v. 28..2023, XI B 101/22; veröffentlicht am 4.5.2023

Alle am 4.5.2023 veröffentlichten BFH-Entscheidungen

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