Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzurechnung von einkommensteuerlich freigestellten Halbeinkünften bei der Kirchensteuerfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Ausschluss der veranlagungszeitraumübergreifenden Verrechnung kirchensteuerlich nicht verbrauchter negativer einkommensteuerfreier Halbeinkünfte mit hinzuzurechnenden positiven einkommensteuerfreien Halbeinkünften bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und das daraus abgeleitete Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit.
  2. Das gilt auch, wenn es dadurch zu einer endgültigen Nichtberücksichtigung der in den Vorjahren erzielten und kirchensteuerlich nicht verbrauchten negativen einkommensteuerfreien Halbeinkünfte kommt.
  3. Das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel, den Verwaltungsaufwand zu vermeiden, der durch das Erfordernis gesonderter Verlustfeststellungsverfahren für einkommensteuerliche und für kirchensteuerliche Zwecke entstehen würde, rechtfertigt entsprechende Härten in atypischen Fällen.
 

Normenkette

KiStG NW § 4 Abs. 2 S. 1; KiStO § 6 Abs. 2 S. 1; EStG § 3 Nr. 40, § 51a Abs. 2 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2005, 2006

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Kirchensteuerfestsetzungen 2005 und 2006 im Hinblick auf die nach § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG NW i. V. m. § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG angeordnete Hinzurechnung von einkommensteuerlich freigestellten Einkünften i. S. des § 3 Nr. 40 EStG zur Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer.

Der Kläger war in den Streitjahren sowie den Vorjahren Mitglied der Evangelischen Kirche. In den Veranlagungszeiträumen 2001 bis 2004 erzielte er dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von ./. 14.978.572.- DM (2001), ./. 4.285.707.- EUR (2002), 742.197.- EUR (2003) und 410.413.- EUR (2004). Außerdem erzielte er in den genannten Veranlagungszeiträumen weitere dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ./. 37.622.- EUR (2001), 128.186.- EUR (2002), 148.368.- EUR (2003) und 180.460.- EUR (2004).

Unter Berücksichtigung weiterer - nicht dem Halbeinkünfteverfahren - unterliegender Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von ./. 2.437.163.- DM (2001), ./. 66.292.- EUR (2002), 81.287.- EUR (2003) und 15.194.- EUR (2004) ergaben sich für einkommensteuerliche Zwecke Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von ./. 9.926.449.- DM (2001), ./. 2.209.145.- EUR (2002), 452.385.- EUR (2003) und 220.400.- EUR (2004). Zum 31.12.2004 ergab sich ein verbleibender Verlustabzug bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 11.084.011.- EUR

In den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 ergab sich - trotz positiver zu versteuernder Einkommen (unter Berücksichtigung von Freibeträgen für zwei Kinder) von 595.474.- DM (2001) und 14.752.- EUR (2002) - eine evangelische Kirchensteuer von jeweils 0.- EUR, weil das zu versteuernde Einkommen für die Berechnung der Kirchensteuer entsprechend § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG NW i. V. m. § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG um die in diesen Jahren erzielten negativen einkommensteuerfreien Halbeinkünfte gemindert wurde.

Im Veranlagungszeitraum 2005 erzielte der Kläger folgende dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Einkünfte (Einkommensteuerbescheid 2005 vom 18.11.2010):

Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften: 1.349.042.- EUR

Einkünfte aus Kapitalvermögen: 239.696.- EUR

Im Veranlagungszeitraum 2006 erzielte der Kläger folgende dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Einkünfte (Einkommensteuerbescheid 2006 vom 18.11.2010):

Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften: 1.888.370.- EUR

Einkünfte aus Kapitalvermögen: 283.694.- EUR

Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 540.000.- EUR

Mit Bescheiden für 2005 und 2006 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 28.09.2007 und 21.04.2009 setzte das Finanzamt - im Folgenden: FA - die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen von ./. 49.075.- EUR (2005) und ./. 407.270.- EUR (2006) auf jeweils 0.- EUR fest. Die evangelische Kirchensteuer setzte es auf 24.465,06 EUR (2005) und 33.397,20 EUR (2006) fest. Für die Berechnung der Kirchensteuer erhöhte das FA das zu versteuernde Einkommen (unter Berücksichtigung von Freibeträgen für zwei Kinder) entsprechend § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG NW i. V. m. § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG um die in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen erzielten einkommensteuerfreien Halbeinkünfte, wobei es seinerzeit von einkommensteuerfreien Halbeinkünften von 724.225.- EUR (2005) und 1.315.446.- EUR (2006) ausging.

Gegen die Kirchensteuerfestsetzungen 2005 und 2006 vom 28.09.2007 und 21.04.2009 legte der Kläger Einspruch ein. Er machte geltend, bei der Berechnung der Kirchensteuer seien die in den Jahren 2005 und 2006 erzielten positiven einkommensteuerfreien Halbeinkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften mit negativen einkommensteuerfreien Halbeinkü...

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