Entscheidungsstichwort (Thema)

Trotz Abschaffung der schwedischen Schenkungsteuer mit Wirkung zum 1.1.2005 kein deutsches Besteuerungsrecht nach DBA Schweden für nach dem 1.1.2005 erfolgte Schenkung von Anteilen an einer schwedischen Aktiengesellschaft durch einen im Sinne des DBA Schweden in Schweden ansässigen Schenker

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat nach der mit Wirkung zum 1.1.2005 erfolgten Abschaffung der schwedischen Erbschaft- und Schenkungsteuer ein über Wohnsitze in Schweden und in Deutschland verfügender Schenker, der den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Schweden hat und daher gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. a 2. Halbsatz DBA Schweden als in Schweden ansässig gilt, seinem Kind Anteile an einer schwedischen Aktiengesellschaft geschenkt, so steht Schweden weiter das alleinige Besteuerungsrecht für die Schenkung der Anteile zu; das ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Regelungen von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA Schweden und Art. 4 Abs. 2 Buchst. a 2. Halbsatz DBA Schweden mit Art. 24 Abs. 3 DBA Schweden. Insoweit ist unerheblich, dass die Schenkung damit infolge des Fehlens einer Rückfall-Klausel „Subject-to-tax-Klausel”) im DBA Schweden in beiden Vertragsstaaten unbesteuert bleibt.

2. Art. 26 DBA Schweden trifft insoweit keine andere Bestimmung. Die Vorschrift regelt lediglich die Vermeidung der Doppelbesteuerung, trifft aber keine über Art. 24 Abs. 3 DBA Schweden hinausgehende Zuweisung des Besteuerungsrechts an den Nicht-Ansässigkeitsstaat Deutschland.

3. Wie im OECD-Musterabkommen sind die ansässigkeitsbegründenden Merkmale im DBA Schweden solche, die in dem jeweiligen Vertragsstaat zur Besteuerung als Inländer im Sinne der unbeschränkten Steuerpflicht führen. Danach muss die ansässige Person die ortsbezogenen Merkmale aufweisen, die nach dem innerstaatlichen Recht dieses Staates die Inländerbesteuerung begründen. Das Besteuerungsrecht des Anssässigkeitsstaates entfällt nicht, wenn es tatsächlich nicht zur Festsetzung einer Steuer kommt. Ob der Ansässigkeitsstaat von seiner Besteuerungsbefugnis tatsächlich Gebrauch macht, ist ebenso wenig entscheidend wie der Umstand, wie er dies tut.

4. Eine Person kann daher auch dann in einem Staat ansässig sein, wenn dort einzelne Sachverhalte von der Besteuerung ausgenommen werden, keine besteuerungsfähigen Einkünfte vorliegen oder die zu entrichtenden Steuern tatsächlich nicht erhoben werden. Eine persönliche Steuerbefreiung schließt die Ansässigkeit und damit die Abkommensberechtigung nicht aus. Das gilt nicht nur dann, wenn der betreffende Staat bestimmte Sachverhalte steuerfrei stellt, sondern auch dann, wenn er sie der Besteuerung überhaupt nicht (mehr) unterwirft.

 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; DBA SWE Art. 3 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 Buchst. a 2. Halbsatz, Art. 24 Abs. 3, Art. 26

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.05.2023; Aktenzeichen II R 27/20)

 

Tenor

1. Der Schenkungsteuerbescheid vom 17. März 2017 in Form der Einspruchsentscheidung vom 19. September 2018 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das DBA Schweden der Festsetzung deutscher Schenkungsteuer entgegensteht, obwohl im Zeitpunkt der Schenkung die Schenkungsteuer in Schweden abgeschafft war.

I. Die Klägerin und ihre beiden Geschwister erhielten 2005 von ihrem Vater V Anteile an einer schwedischen Aktiengesellschaft geschenkt. Der Vater unterhielt im Zeitpunkt der Schenkung Wohnsitze in Deutschland und Schweden. Der Lebensmittelpunkt des Vaters lag damals unstreitig noch inSchweden.

Da der Schenker V über einen Wohnsitz in Deutschland verfügte, setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 1. März 2017 gegen die Klägerin und ihre beiden Geschwister Schenkungsteuer in Höhe von jeweils XXX EUR fest. Mit Bescheiden vom 17. März 2017 setzte er die Steuerfestsetzungen auf jeweils XXX EUR herab. Die Klageverfahren der Geschwister der Klägerin werden unter den Az. 7 K 2777/18 (R) und 7 K 2778/18 (P) geführt.

Die Klägerin legte gegen ihren Schenkungsteuerbescheid Einspruch ein. Für Schenkungsvorgänge ohne einen besonderen Bezug des zugewandten Vermögens zu Deutschland und ohne Ansässigkeit eines Beschenkten in Deutschland stehe das Besteuerungsrecht gemäß Art. 24 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und de...

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