Aus Gründen der Vereinfachung und Erleichterung sowie zur Eindämmung willkürlicher Schätzungen gibt es dabei für einige Posten
- gesetzliche sowie
- anhand von Erfahrungen entwickelte
Regeln, welchen das Vorsichtsprinzip zugrunde liegt.[13]
aa) Steuerliche AfA-Tabellen
Die von der Finanzverwaltung entwickelten steuerlichen AfA-Tabellen sind hier einzuordnen. Die in ihnen zugrunde gelegten Nutzungsdauern gelten als eine vorsichtige Schätzung und können daher als ein erster Anhaltspunkt für die handelsbilanziell anzusetzende Nutzungsdauer herangezogen werden.[14]Beachten Sie: Insbesondere bei der Erstellung einer Einheitsbilanz ist dies sinnvoll.
Problematisch ist unter handelsrechtlichen Gesichtspunkten jedoch der reine Rückgriff auf die AfA-Tabellen[15], denn
- anders als von § 253 Abs. 3 S. 2 HGB gefordert, stellen die steuerlichen AfA-Tabellen für allgemein verwendbare Anlagegüter nicht auf die wirtschaftliche, sondern auf die technische Nutzungsdauer ab[16];
- hinzu kommt, dass aufgrund der mit dem BilMoG weggefallenen umgekehrten Maßgeblichkeit eine durchgängige Anwendung der steuerlichen AfA-Tabellen für die Bestimmung der handelsrechtlichen Nutzungsdauern – spätestens ab dem Geschäftsjahr 2010 – nicht mehr möglich ist.
Beraterhinweis Stets muss daher im Falle eines Heranziehens der AfA-Tabellen durch den Rechnungslegenden die dort entnommene Nutzungsdauer vor dem Hintergrund der handelsrechtlich zugrunde zu legenden betriebsindividuell erwarteten Nutzungsdauer überprüft werden.[17]
bb) Steuerrechtliche Fiktion einer Nutzungsdauer von einem Jahr für Computerhardware und Software
Ebenso wie bei den in den AfA-Tabellen niedergelegten Werten handelt es sich bei der von der Finanzverwaltung neu geschaffenen steuerrechtlichen Fiktion einer Nutzungsdauer von einem Jahr für Computerhardware und Software nicht um eine nach handelsrechtlichen Grundsätzen bestimmte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Beachten Sie: Zwar kann ein Widerspruch mit dem Vorsichtsprinzip nicht gesehen werden, da eine kürzere Abschreibungsdauer der Vermögensgegenstände in der Handelsbilanz gerade verhindert, dass ein höheres Vermögen als tatsächlich vorhanden bilanziell ausgewiesen wird. Gleichwohl ist das Vorsichtsprinzip nicht als Freifahrtsschein dafür zu sehen, dass die Nutzungsdauer unüblich kurz geschätzt werden kann.[18]
Beraterhinweis Insbesondere unter dem Aspekt
- der Objektivierung der Rechnungslegung und
- der Generalnorm des § 243 Abs. 1 HGB (bzw. § 264 Abs. 2 S. 1 HGB für Kapitalgesellschaften)
muss konstatiert werden, dass eine fiktive Nutzungsdauer von einem Jahr in der Regel den tatsächlichen Verhältnissen zuwiderlaufen wird. Die Übernahme der einjährigen Nutzungsdauer erscheint daher m.E. unter Zugrundelegung der GoB zunächst nicht gestattet.
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