Die Frage des "Durchgriffs" durch eine Gesellschaft wird nicht nur i.R. eines privaten Veräußerungsgeschäfts relevant. Wird eine Beteiligung unentgeltlich übertragen ist fraglich, ob hierfür erbschaft- und schenkungsteuerliche Privilegierungen greifen (instruktiv hierzu Kamps, ErbR 2023, 355). Begünstigt ist u.a. die Übertragung des sog. Familienheims (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a, 4b und 4c ErbStG). Voraussetzung ist die Nutzung der Wohnung als Familienmittelpunkt (R E 13.3 Abs. 2 Satz 4 ErbStR 2019; Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Aufl. 2021, § 13 Rz. 25). Nicht begünstigt sind z.B. Ferien- und Zweitwohnungen.

Nach Auffassung der Literatur greift die Privilegierung auch, wenn das Familienheim Vermögen einer Gesamthand ist und eine Beteiligung an dieser Gesamthand übertragen wird (hierzu und zum Folgenden Curdt in Kapp/Ebeling, ErbStG, Stand: 11/2023, § 13 Rz. 38.1; Gibhardt in BeckOK/ErbStG, Stand: 10/2023, § 13 Rz. 143; Stenert in Westermann/Wertenbruch, Hdb. Personengesellschaften, Stand: 10/2023, § 4 Rz. 499; Wachter, ZEV 2014, 191 [192]; s.a. Reich/Hermann, ZEV 2024, 13 [16]). Zutreffend wird auf die sich aus § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG ergebende Transparenz der Personengesellschaft hingewiesen. Nach dieser Vorschrift gilt – parallel zu § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG – der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer Personenvereinigung, die nicht unter § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG fällt, als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter (§ 10 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 ErbStG). Der Bedachte erwirbt erbschaftsteuerlich einen Anteil am Familienheim, obwohl zivilrechtlich Gegenstand der Zuwendung der Gesellschaftsanteil ist. Das Besprechungsurteil des BFH v. 26.9.2023 stützt diese Sichtweise indirekt, indem es den Unterschied zur Erbengemeinschaft betont und dies u.a. an der fehlenden Gesamthand festmacht (BFH v. 26.9.2023 – IX R 13/22).

Im Ergebnis folgt dem auch das FG München (FG München v. 21.6.2023 – 4 K 1639/21, EFG 2023, 1411 = ErbStB 2023, 284 [Marfels]). Es verfolgt eine andere Argumentation und stützt sich auf den Wortlaut der Befreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG. Begünstigt sei der Erwerb des "Eigentums oder Miteigentums" an dem Familienheim. Maßgeblich komme es auf ein zivilrechtliches Verständnis an. Auch das Gesamthandseigentum sei eine maßgebliche Form des Eigentums (vgl. Heeler in Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 903 Rz. 3). Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Az. d. BFH: II R 18/23). Der BFH hat zu der Frage noch nicht Stellung genommen.

Beraterhinweis Ob sich die vorgenannte Literaturansicht bzw. die Auffassung des FG München auch "nach dem MoPeG" (v. 10.8.2021, BGBl. I 2021, 3436) aufrechterhalten lassen ist nicht abschließend geklärt (hierzu auch Welzel, EFG 2023, 1414 [1414 f.]). U.E. sprechen die besseren Gründe für eine weiterhin zu gewährende Befreiung. Zwar regelt § 713 BGB (n.F.), dass die GbR nunmehr über Gesellschaftsvermögen verfügt. Dies ist eine Abkehr vom (bisherigen) Gesamthandsvermögen (vgl. dazu Retzlaff in Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 713 Rz. 1) und spricht auf den ersten Blick gegen eine Transparenz der Personengesellschaften. Allerdings stellt der mit Wirkung zum 1.1.2024 neu eingeführte § 2a ErbStG klar, dass rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Abs. 2 Nr. 2 AO) für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten (vgl. Gesetz zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung weiterer finanzmarktrechtlicher Bestimmungen (Kreditzweitmarktförderungsgesetz), v. 22.12.2023, BGBl. I 2023, Nr. 411, dort Art. 28). Laut der Gesetzesbegründung soll hierdurch für die rechtsfähigen Personengesellschaften im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht die Fortführung des Transparenz- und des Gesamthandsprinzips klargestellt werden (BT-Drucks. 20/8628, 219).

Schließlich spricht für die hier vertretene Sichtweise, dass die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG auch nach neuer Rechtslage besteht. Sie wurde lediglich dergestalt angepasst, dass sie nunmehr den unmittelbaren oder mittelbaren Erwerb einer Beteiligung an einer "Personenvereinigung" – und nicht mehr "Personengesellschaft oder einer anderen Gesamthandsgemeinschaft" – erfasst. Erbschaft- und schenkungsteuerlich bleibt insoweit "alles beim Alten" (vgl. auch Reich/Hermann, ZEV 2024, 13 [15]).

 

Service: BFH v. 8.11.2017 – IX R 25/15, ErbStB 2018, 135; BFH v. 12.6.2013 – IX R 31/12, ErbStB 2013, 305; BFH v. 6.4.2011 – IX R 41/10; BFH v. 20.4.2004 – IX R 5/02, ErbStB 2004, 244; FG München v. 21.6.2023 – 4 K 1639/21, ErbStB 2023, 284; BMF v. 14.3.2006 – IV B 2 - S 2242 - 7/06, ErbStB 2006, 120; Hartmann, Trotz MoPeG weiterhin transparente Besteuerung bei Beteiligung rechtsfähiger Personengesellschaften an erbschaft-und schenkungsteuerbaren Erwerbsvorgängen, ErbStB 2023, 293 abrufbar unter steuerberater-center.de

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