Rz. 1

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Kurzarbeit ist ein sowohl arbeitsmarkt- als auch sozialpolitisches Instrument zur Abfederung der Folgen von vorübergehender Beschäftigungslosigkeit in einem Betrieb bzw Unternehmen und zur Vermeidung von (Massen-)Entlassungen. Sie liegt im beiderseitigen Interesse von > Arbeitgeber und > Arbeitnehmer. Dem ArbN bleiben der Arbeitsplatz und sein Beschäftigungsverhältnis, dem ArbG bleiben das betriebsspezifische Wissen und die Fertigkeiten ("Know-how") des ArbN erhalten.

Während der Kurzarbeit wird einerseits die Arbeitszeit reduziert und in gleichem Umfang der Arbeitslohn herabgesetzt. Die Reduzierung der Arbeitszeit kann bis zur völligen Einstellung der Arbeit vorgenommen werden (sog Kurzarbeit Null), etwa bei einer vorübergehenden Betriebsschließung (vielfach geschehen zB während der Corona-Pandemie aufgrund behördlicher Schließungsverfügungen etwa im Handel, der Gastronomie und in der Beherbergungs- sowie der Veranstaltungsbranche; > Kurzarbeitergeld Rz 13).

Für den in Zeiten der Kurzarbeit gezahlten Lohn wird häufig die Bezeichnung Kurzlohn verwendet. Die Kurzarbeit muss sich nicht auf den gesamten Betrieb erstrecken, sondern kann auch organisatorisch selbständige Einheiten betreffen (etwa einzelne Werke in der Industrie).

Zur wirtschaftlichen Bedeutung der Kurzarbeit > Kurzarbeitergeld Rz 2.

 

Rz. 2

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, erhalten ArbN in Kurzarbeit zum teilweisen Ausgleich der Nettolohneinbuße Kurzarbeitergeld von der > Bundesagentur für Arbeit nach den Bestimmungen der §§ 95ff SGB III. ArbG zahlen darüber hinaus häufig freiwillig oder aufgrund tarifvertraglicher Bestimmungen Kurzarbeitergeldzuschüsse oder Aufstockungsbeträge.

 

Rz. 3

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Keine Kurzarbeit ist die mit einzelnen ArbN vereinbarte individuelle Reduzierung der Arbeitszeit zB im Rahmen einer > Altersteilzeit, zum Abbau von Überstunden (dazu auch > Arbeitszeitkonto) oder die Einführung von Betriebsferien.

 

Rz. 4

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Kurzarbeit kann nicht einseitig vom ArbG angeordnet werden (BAG 129, 46 vom 16.12.2008 – 9 AZR 164/08, DB 2009, 1246). Erforderlich ist vielmehr eine rechtliche Grundlage in Form eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung (> Rz 5) oder eines (Arbeits-)Vertrages (> Rz 6) mit dem ArbN. Nur ausnahmsweise ist die Zustimmung der > Bundesagentur für Arbeit ausreichend, wenn im Falle einer beabsichtigten Massenentlassung der ArbG die ArbN nicht mehr bis zur Sperrfrist beschäftigen kann und keine tarifvertraglichen Regelungen dem entgegenstehen (vgl § 19 Abs 1 KSchG). Die Kürzung des Arbeitsentgelts wird jedoch erst von dem Zeitpunkt an wirksam, an dem das Arbeitsverhältnis nach den allgemeinen gesetzlichen oder den vereinbarten Bestimmungen enden würde (vgl § 19 Abs 2 KSchG).

 

Rz. 5

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In mitbestimmten Unternehmen hat der > Betriebsrat bei der Einführung der Kurzarbeit mitzuwirken, soweit keine gesetzlichen oder tarifvertraglichen Regelungen bestehen. Soll die Kurzarbeit durch Betriebsvereinbarung eingeführt werden, muss diese hinreichend bestimmt sein. Damit sie normative Wirkung für die betroffenen Arbeitsverhältnisse entfaltet, müssen in ihr mindestens Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Regelung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen ArbN festgelegt werden (BAG 153, 256 vom 18.11.2015 – 5 AZR 491/14, NZA 2016, 565). Der Verweis auf vom ArbG auszuhängende Listen in einer Betriebsvereinbarung genügt höchstens dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs 1 Nr 3 BetrVG, regelt aber nicht die Arbeitspflicht und den Vergütungsanspruch solcher ArbN, die der Kurzarbeit widersprechen (vgl LAG HE vom 14.03.1997 – 17/13 Sa 162/96, MDR 1997, 1036). Tarifvertragliche Regelungen können durch Betriebsvereinbarung nicht verändert werden. Das gilt zB für Ankündigungsfristen für eine Kurzarbeit, die nicht unterschritten werden dürfen.

 

Rz. 6

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Einzelne Arbeitsverträge enthalten idR keine Bestimmungen für Kurzarbeit. Wird die Kurzarbeit nicht über einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung (> Rz 5) eingeführt, bedarf es – von dem Sonderfall der Zustimmung nach § 19 KSchG (> Rz 4) abgesehen – einer einzelvertraglichen Vereinbarung zwischen ArbG und ArbN aus konkretem Anlass, notfalls einer > Änderungskündigung. Eine Vereinbarung kann jedoch auch dadurch zustande kommen, dass der ArbN nach der Weisung des ArbG widerspruchslos Kurzarbeit leistet, einer entsprechenden Vereinbarung also durch konkludentes Handeln zustimmt.

 

Rz. 7

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Soll Kurzarbeit auch für leitende Angestellte eingeführt werden, kann dies – neben einzelvertraglichen Regelungen (> Rz 6) – durch eine Richtlinie iSv § 28 Sprecherausschussgesetz oder im Wege eines dreiseitigen Vertrages zwischen ArbG, Betriebsrat und Sprecherausschuss geschehen.

 

Rz. 8

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Wurde Kurzarbeit arbeitsrechtlich wirksam vereinbart, bleibt diese Ve...

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